Jeder Liter Wasser ist wichtig

Wasser; Feld; Wasserversorgung
Immer öfter fehlt Regen – die EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung soll helfen, mit Trockenheit zurechtzukommen. Aktuell ist sie auf die landwirtschaftliche Bewässerung beschränkt. Fotos: Adobe Stock/Michal, Juri

Ein Sommer mit wenig Regen kündigt sich bereits im Juni an, zugleich tritt die EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung in Kraft. DWA-Präsident Uli Paetzel erläutert, wie er die Herausforderungen beim Thema Wasser einschätzt.

Deutschland ist ein wasserreiches Land – grundsätzlich. Als Folge des Klimawandels verändert sich aktuell aber das Niederschlagsverhalten. Das Winterhalbjahr wird tendenziell feuchter – das Frühjahr 2023 war eines der nassesten Frühjahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen –, die Sommer werden deutlich trockener.

Früher stand beim Wassermanagement der Schutz vor Überflutungen und Starkregen im Vordergrund. Mittlerweile ist aber auch im regenreichen Deutschland Wassermangel zumindest temporär und regional ein wichtiges Thema. Auf die Suchanfrage „Deutschland Dürre 2023“ erhält man bei Google rund 13 Millionen Treffer – das Thema ist sowohl bei den Meteorologen und Klimaexperten als auch in den Medien angekommen.

Trockenheit hat erhebliche ökonomische und ökologische Auswirkungen: Wälder vertrocknen und können keine Beiträge zum Klimaschutz mehr leisten, Äcker bringen geringe Erträge, und wenn Flüsse kaum Wasser führen, hat das erhebliche Folgen für die aquatische Ökologie und die Schifffahrt.

Wirkungsketten werden durch Trockenheit erheblich verstärkt, wie sich bei dem massiven Fischsterben an der Oder im Jahr 2022 gezeigt hat. Dort hatten Stoffeinleitungen in ein niedrigwasserführendes Gewässer zu erhöhten Schadstoffkonzentrationen geführt – und sie begünstigten im Zusammenhang mit geringer Verschattung und hohen Temperaturen toxinbildendes Algenwachstum. Zu wenig Wasser macht Ökosysteme vulnerabel und schädigt die Biodiversität. Und Menschen sind direkt betroffen, indem die Trinkwasserversorgung unter Druck gerät, Kühlwasser für die Stromproduktion fehlt oder das Pflanzenwachstum beeinträchtigt ist.

Wasserwirtschaft und Politik müssen gemeinsam konkrete Anpassungsstrategien an diese Folgen des Klimawandels erarbeiten und umsetzen. Im Fokus muss der Wasserrückhalt stehen: sowohl im urbanen Raum, Stichwort wasserbewusste Stadtentwicklung, als auch in ländlichen Regionen mit einem möglichst naturnahen Wasserhaushalt.

Anders planen und bauen

Nicht nur für eine sachgerechte Überflutungsvorsorge, sondern auch für die Vorsorge gegen Trockenheit und Dürre ist der Aus- und Neubau von Wasserspeichern notwendig. Ebenso sind abflussbremsende, wasserrückhaltende und versickerungsfördernde Maßnahmen erforderlich. Die Finanzierung dafür ist zu sichern, zum Beispiel auch aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz.

Wasserwiederverwendung muss als Instrument nicht nur in Krisenzeiten flächendeckend zur Verfügung stehen. Aufbereitetes Wasser kann und muss sowohl in der Landwirtschaft als auch in Parks sowie Grünanlagen zur Bewässerung eingesetzt werden.

Ein äußerst wichtiger Schritt hierfür ist die EU-Verordnung zur Wasserwiederverwendung. Sie wurde im Sommer 2020 verabschiedet und tritt am 26. Juni 2023 in allen Mitgliedstaaten unmittelbar in Kraft.

Die Verordnung schreibt die Nutzung von aufbereitetem Abwasser in der Landwirtschaft zur Bewässerung vor. Zudem legt sie die Mindestanforderungen an Wasserqualität und Überwachung bei der Nutzung von speziell aufbereitetem und hygienisiertem Abwasser zur Bewässerung in der Landwirtschaft fest. Je nach Anbaukultur unterscheiden sich dabei die von der EU gesetzten Mindestanforderungen.

Die DWA begrüßt diesen Schritt, der die Wasserknappheit in EU-Staaten verringern soll. Allerdings ist die aktuelle Beschränkung auf die Landwirtschaft nicht zielführend: Die Wasserwiederverwendung muss auch in Parks und Grünanlagen festes Instrument sein. Die hygienischen Belange sind sowohl bei der landwirtschaftlichen Bewässerung als auch in Grünanlagen und Parks entsprechend der Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sicherzustellen.

Wer steht oben auf der Wasser-Liste?

Auch bei optimaler Vorsorge kann aber nicht eine jederzeit sichere und ausreichende Wasserversorgung für alle Nutzergruppen gewährleistet werden. Notwendig ist daher eine konkret definierte Priorisierung der verschiedenen Wassernutzungen.

Die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser und Wasser für die persönliche Hygiene genießt dabei selbstverständlich höchste Priorität. Alle anderen Nutzungen wie Land- und Forstwirtschaft, Energie, Verkehr und Industrie, aber auch die Mindestwasserführung für ökologisch intakte Gewässer müssen anschließend gleichrangig geregelt werden.

Uli Paetzel

Der Autor

Professor Uli Paetzel ist Präsident der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall sowie Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband.