Gegen Covid-19 im Klassenzimmer können Luftreiniger helfen: Das zeigen Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik. Lüftungsmöglichkeiten sollten aber zusätzlich für Schulgebäude eingeplant werden.
Gute Luftqualität in Schulen ist ein hohes Gut: Das stellen wir in der aktuellen Corona-Pandemie schmerzlich fest – und das müssen wir bei ad-hoc-Maßnahmen ebenso wie bei anstehenden Modernisierungen von Schulbauten berücksichtigen. Sie stellen Kommunen wie Fachplaner vor große Herausforderungen: Die Schulen sollen einerseits lernfördernde und gesunde Bedingungen bereitstellen, andererseits sparsam mit Energie und Kosten umgehen. Dabei sind Maßnahmen für gute Lüftung relevant.
Klassenzimmer sind Räume mit hohen Belegungsdichten. Als hygienisch unbedenklich gelten CO2-Konzentrationen unterhalb von 1000 ppm. Bei höheren Werten sollte in Lüftungsmaßnahmen investiert werden. Bereits vor der Corona-Pandemie war bekannt: Die CO2-Werte in Klassenzimmern variieren stark und sind häufig hygienisch auffällig oder inakzeptabel (Werte zwischen 750 ppm bis 6000 ppm werden berichtet).
In der Corona-Pandemie richtete sich die Aufmerksamkeit schnell auf die aerosolgetragene Übertragung von SARS-CoV-2. Intensiv diskutiert wurde die Frage, wie in Klassenzimmern unbelastete Luftwechsel sicherzustellen sind, und vielerorts wurden Luftreinigungsgeräte angeschafft. Denn viele Klassenzimmer sind technisch nicht so ausgerüstet, dass ein ausreichender Luftwechsel ständig gewährleistet werden kann.
Alternative Lösungsansätze
Helfen können Lüftungsmaßnahmen, die so viel Außenluft zuführen, wie für CO2-Konzentrationen unterhalb 1000 ppm notwendig sind, und die Konzentration an Virusmaterial zusätzlich senken. Hier kommen zwei Reinigungstechnologien zum Einsatz: filtrierende und inaktivierende. Während in Filtern die Viruspartikel abgeschieden werden, werden bei der Inaktivierung die Viren (über UVC oder Plasma) so geschädigt, dass sie sich nicht mehr vermehren können.
Neue Testverfahren konnten schnell die Sorge nehmen, dass die Geräte nicht wirksam sein könnten. Am Fraunhofer-Institut für Bauphysik wird hierfür als Surrogat-Virus die Bakteriophage Phi6 verwendet – das Verfahren wurde im Fraunhofer Anti-Corona-Programm entwickelt.
Im Fraunhofer-Projekt AVATOR konnte an einem generischen Klassenzimmer simulativ aufgezeigt werden, dass durch den Einsatz eines Raumluftreinigers die inhalierte Menge belasteten Aerosols um einen Faktor zwischen 2,5 und 3 reduziert wird. Diese Erkenntnisse sind unter anderem in die VDI-EE 4300-14 eingeflossen. Mit ihr stehen für die Beschaffung Kriterien zur Verfügung, die bei Qualitätsgeräten typischerweise auch eingehalten werden. Jedoch stellt sich der Schallleistungspegel häufig als problematisch heraus.
Gute Lernorte
Um die vorgesehenen Dauerschallpegel von 35 dB(A) im Klassenzimmer nicht zu überschreiten, sind meist Schallleistungspegel bis zu 45 dB(A) akzeptabel. Bei vielen Geräten werden die Schallleistungspegel nicht oder unpräzise angegeben, und nur bei wenigen liegen sie im akzeptablen Bereich.
Das heißt: Luftreinigungsgeräte sind geeignet, auch in Zukunft Gesundheitsrisiken bezüglich luftgetragener Keime zu reduzieren. Dabei sollte jedoch unbedingt auf die akustische Belastung geachtet werden. Besser noch wäre es, die Lüftung in Schulen so zu ertüchtigen, dass eine gute Luftqualität sichergestellt werden kann.
Gerade bei den anstehenden Maßnahmen zu Klimaschutz und Energieeinsparung darf die Lüftung nicht in den Hintergrund rücken – aus energetischen wie aus hygienischen Gründen. Es sollten Beschlüsse in den Stadt-, Kreis- sowie Schulausschüssen herbeigeführt werden, die Behörden bei Neubau- und Sanierungsvorhaben befähigen, Lüftungsmaßnahmen mit hoher Priorität umzusetzen. Nur so schaffen wir gute Lernorte auch für künftige Schülergenerationen. Gunnar Grün
Der Autor: Prof. Dr. Gunnar Grün ist stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart.