Hilfe für Gehörlose

App; Barrierefreiheit; Aufzug; Smartphone
Eine neue Variante, die Hörbehinderten hilft, funktioniert über das Smartphone. Dafür sind weder ein Mobilfunknetz noch eine App oder Cloud nötig. Foto: Telegärtner-Elektronik GmbH

Neue Gesetze zur Barrierefreiheit und der wachsende Druck aus der Bevölkerung erfordern eine rasche Umsetzung entsprechender Maßnahmen in öffentlichen Gebäuden. Eine Lösung können visuelle Notrufe in Aufzügen sein.

Seit einem Jahr gelten neue EU-Regeln zur Barrierefreiheit, die das Leben von mindestens 87 Millionen Menschen in Europa erleichtern sollen. Die EU-Richtlinie bezieht sich auf Produkte und Dienstleistungen, darunter der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Bankdienstleistungen, Computern, Fernsehern, E-Books und Online-Shops. Behörden und Unternehmen haben noch zwei Jahre Zeit, um ihre Angebote entsprechend anzupassen.

Rund acht Millionen Menschen in Deutschland haben eine anerkannte Schwerbehinderung, und viele weitere Menschen haben andere Einschränkungen. Etwa 16 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer Hörbeeinträchtigung und sehen sich im Alltag häufig mit Hindernissen konfrontiert, die anderen Menschen oft nicht bewusst sind.

Während bei Verkehrsplanungen Vorlaufzeiten für Planung und Finanzierung oft notwendig sind, gibt es in anderen Bereichen keinen Grund, länger zu warten. In einigen Fällen lässt sich Barrierefreiheit sogar nachträglich relativ leicht sicherstellen, wie beispielsweise durch die Installation eines visuellen Notrufs in Aufzügen. Eine solche Lösung wird von mehreren Unternehmen angeboten und ermöglicht es Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, im Notfall ohne gesprochene Sprache mit einer Notrufzentrale zu kommunizieren.

Wenn die Sprachkommunikation zwischen der Leitzentrale und der Person im Aufzug fehlschlägt, weil die Person in der Kabine nicht gut hören oder sprechen kann, erfolgt die Kommunikation über den fest im Aufzug installierten Touchscreen des Hörbehindertennotrufs (HBN). Die Person in der Kabine kann auf diesem Weg die Fragen der Notrufzentrale beantworten. „So können alle Menschen die Vorzüge eines Aufzugs nutzen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, im Notfall hilflos eingeschlossen zu sein“, erklärt Thomas Hopf, Geschäftsführer des Herstellers Telegärtner Elektronik.

Eine neue Variante, bei der keine aufwändigen Änderungen an der Aufzugkabine erforderlich sind, funktioniert mit dem Smartphone des Aufzugsnutzers – ein fest eingebauter Touchscreen kann daher entfallen. Das Smartphone benötigt hierzu weder ein Mobilfunknetz noch eine App oder Cloud. Das visuelle Notrufsystem nutzt einen QR-Code, der im Notfall vom Aufzugbenutzer gescannt wird, um eine stabile Verbindung zur Notrufzentrale aufzubauen. Diese Lösung ermöglicht es jedem Aufzugbetreiber, die Barrierefreiheit für Menschen mit Hör- und Sprachbeeinträchtigungen im Notfall sicherzustellen.

Ein Touchscreen kann helfen

„Beide Varianten des visuellen Notrufs unterstützen 29 Sprachen, sodass sich die Lösung auch für Menschen eignet, die nicht auf Deutsch kommunizieren können“, betont Thomas Hopf. Insbesondere öffentliche Gebäude wie Behörden, Verwaltungen, Flughäfen oder Bahnhöfe würden von dieser Lösung profitieren.

Hier bestehe aber noch massiver Nachholbedarf. Behörden und Unternehmen sollten zeitnah dafür sorgen, dass Barrierefreiheit zur Realität wird, um die Teilhabe aller Menschen zu gewährleisten. Dank neuer innovativer Lösungen wie dem visuellen Notruf sind die notwendigen Kosten für Barrierefreiheit häufig gering. Dabei leisten solche Ergänzungen einen bedeutenden Beitrag, um den Alltag vieler Menschen zu erleichtern und die Sicherheit zu erhöhen.

Tillmann Braun


Der Autor

Tillmann Braun ist Fachjournalist mit Schwerpunkt IT und Digitalisierung aus Haiterbach.