Hartmuth Leisner: „Passgenaue Fortbildung“

Die Stadt Bielefeld nutzt für die Qualifizierung ihrer Beschäftigten gruppenspezifische wie auch individuelle Formate. Hartmuth Leisner, Leiter des Amtes für Personal, spricht in unserem Interview über die Ziele der Weiterbildung, die Bedeutung von Quereinsteigern und die Förderung weiblicher Führungskräfte.

Herr Leisner, das kommunale Personalmanagement ist mit den Auswirkungen des demografischen Wandels und Fachkräftemangels konfrontiert. Welche Bedeutung messen Sie in Bielefeld der Weiterbildung des Stammpersonals in der Verwaltung und in technischen Berufen bei?

Leisner: Die Weiterbildung als Bestandteil unserer Personalentwicklung hat seit jeher einen ausgesprochen hohen Stellenwert bei der Stadt Bielefeld. Sie erfolgt in den Verwaltungslehrgängen I und II des Studieninstituts Westfalen-Lippe und im Beamtenbereich durch Aufstiegslehrgänge. Im Bereich der Fortbildung werden übergreifende Themen wie Führungskräfteentwicklung, IT-Seminare, Methodenkompetenz, Kommunikation und Gesundheit durch das Amt für Personal zentral angeboten. Die sogenannte fachspezifische Fortbildung wird auf der Basis entsprechender Budgets dezentral durch die jeweiligen Organisationseinheiten organisiert, um hier eine passgenaue Fortbildung für die jeweilige Fachlichkeit zu erreichen. Gute Weiterbildungsangebote sind für mich nicht nur wichtig für die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, sondern auch ein wesentlicher Baustein der zunehmend wichtiger werdenden Bindung der Mitarbeitenden.

Welche Qualifizierungsformate setzen Sie ein? Erproben Sie neue Formen?

Leisner: Wir versuchen, möglichst bedarfsgerecht zu qualifizieren und greifen vermehrt auf individuelle und gruppenspezifische Qualifizierungen zurück. Neue Formate kombinieren wir häufig mit bekannten Formaten wie E-Learning und Präsenzveranstaltungen. Dies gilt nicht nur für Fach- sondern insbesondere auch für fachübergreifende Qualifizierungen. So kommt dem Coaching eine immer größere Bedeutung zu. Den Führungskräften bestimmter Organisationseinheiten wie zum Beispiel technische Ämter oder Hierarchieebenen bieten wir eine eigene Führungskräfteentwicklung an, die passgenau konzipiert werden kann und häufig aus mehreren Modulen besteht. Dies gilt auch für Teamentwicklungen und ähnliche Maßnahmen.

Und innerhalb der Weiterbildungsmaßnahmen: Welche Rolle spielen berufsbegleitende Studiengänge? Werden diese von der Stadt gefördert?

Leisner: Vermehrt absolvieren auch unsere Beschäftigten berufsbegleitende Studiengänge, beispielsweise Masterstudiengänge im Bereich Public Management. Die Stadt Bielefeld unterstützt dies allerdings nicht durch eine monetäre Förderung, weil direkte Entwicklungsmöglichkeiten in Stellen des „höheren“ Dienstes nur selten gegeben sind. Insoweit besteht auch eine Konkurrenzsituation zum Aufstieg durch die sogenannte Modulare Qualifizierung. Gleichwohl fördern wir berufsbegleitende Studiengänge im Moment durch einige Tage Dienstbefreiung für die Teilnehmenden. Ein Prämiensystem für gute und sehr gute Abschlüsse ist in der Vorbereitung.

Welche Ziele verfolgt die Stadt in der Förderung von Frauen und in der Förderung von weiblichen Führungskräften in der Verwaltung?

Leisner: Die Zielsetzungen der Frauenförderung ergeben sich aus unserem Gleichstellungsplan. Danach soll langfristig in allen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, ihr Anteil auf 50 Prozent erhöht werden. Insbesondere im technischen und im feuerwehrtechnischen Dienst soll die Unterrepräsentanz von Frauen ausgeglichen oder der Frauenanteil gesteigert werden. In Bezug auf die Förderung weiblicher Führungskräfte enthält der Gleichstellungsplan nicht nur eine quantitative Zielsetzung. Vielmehr sollen Frauen für die Wahrnehmung ihrer Führungsaufgabe auch gut qualifiziert werden durch Maßnahmen zur Führungs- und Führungsnachwuchskräfteentwicklung sowie individuelle Fortbildungen wie Coaching. In diesem Zusammenhang kommt auch der Förderung anderer Arbeitsformen wie zum Beispiel Teilzeit und Teleheimarbeit eine wachsende Bedeutung zu.

Welche Erfahrungen machen Sie mit der Einstellung von Quereinsteigern?

Leisner: Die Einstellung von Quereinsteigenden ist ein sehr geeignetes Mittel zur Deckung eines erhöhten Personalbedarfs. Häufig müssen die betreffenden Personen für die jeweilige Aufgabe noch fachlich weiterqualifiziert werden. Genauso wichtig ist es allerdings, sie mit verwaltungsspezifischen Kenntnissen auszustatten und sie in die Verwaltung zu integrieren. Als niederschwelliges Angebot enthält unser Fortbildungsprogramm dazu eine Modulreihe zum Thema „Wie funktioniert die Verwaltung?“ mit verschiedenen Themenfeldern, zum Beispiel Organisation, Finanzen, Kommunalrecht. Wenn eine umfangreichere Weiterbildung erforderlich ist, melden wir die Beschäftigten zu den Verwaltungslehrgängen I und II an, die vom Studieninstitut für kommunale Verwaltung angeboten werden. Mithilfe einer Befragung zum Onboarding sind wir gerade dabei, die Bedarfe der in den letzten Monaten eingestellten Quereinsteigenden noch genauer zu ermitteln.

Die Bewerbersuche und -ansprache wird im Zuge der medialen Entwicklung vielfältiger. Ihre Stadt betreibt zum Beispiel innerhalb des Internetauftritts eine Karriereseite. Wie wird diese frequentiert?

Leisner: Die neue Karriereseite stellt sich als ein sehr geeignetes Medium dar, potenzielle Bewerbende über Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten bei der Stadt Bielefeld zu informieren. Sie wurde im August 2019 in Betrieb genommen und wird bereits jetzt von monatlich rund 12 000 Besucherinnen und Besuchern genutzt. Es besteht die Möglichkeit, sich per E-Mail laufend über Stellenausschreibungen in vorausgewählten Berufsfeldern informieren zu lassen. Diese Möglichkeit haben bereits 300 Interessierte genutzt.

Das Wissensmanagement in Organisationen erfährt zunehmende Bedeutung, etwa beim Transfer von Erfahrungswissen. Wo steht hier die Stadtverwaltung Bielefeld?

Leisner: Die Stadt beschäftigt sich seit Längerem mit dem Thema „Wissensmanagement“. Es stellt ein eigenes Handlungsfeld in unserem Personalentwicklungskonzept dar. Es gibt ein übergreifendes Konzept zum Wissensmanagement mit einem Leitfaden für die Organisationseinheiten. Wir haben verschiedene Instrumente zur Wissensdokumentation und zum Wissenstransfer entwickelt und teilweise bereits im Einsatz.

Interview: Jörg Benzing

Info: Zur Person
Hartmuth Leisner (Jg. 1961) ist Leiter des Amtes für Personal der Stadt Bielefeld (rund 340.000 Einwohner) in Nordrhein-Westfalen