Wie gut Klimaschutz und sozialer Wohnungsbau zusammenpassen können, zeigt das Modellprojekt „PassivhausSozialPlus“ in Darmstadt. Das Institut Wohnen und Umwelt begleitet das Projekt und zieht ein positives Fazit.
Städte und Kommunen sollen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Treibhausgasemissionen auch beim Wohnen reduzieren. Das ist nicht zum Nulltarif zu haben. Gleichzeitig werden Sozialwohnungen vielerorts dringend benötigt – hier sind für niedrige Mieten geringe Baukosten wichtig.
Mit dem „PassivhausSozialPlus“ in Darmstadt sollte gezeigt werden, dass Klimaschutz und sozialer Wohnungsbau zusammen umgesetzt werden können. Die Neue Wohnraumhilfe in Darmstadt hat 2018/19 ein Gebäude auf einem Konversionsareal energetisch modernisiert und außerdem einen Neubau errichtet.
Beide Häuser orientieren sich am Passivhaus-Standard und erreichen die höchsten Förderstandards der KfW Bank. Die insgesamt 42 Wohnung für Menschen mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt sollten dabei nicht nur niedrige Verbrauchskosten für die Wärmeversorgung erreichen, sondern insgesamt sollten die Nebenkosten deutlich gesenkt werden.
Mit LED und Photovoltaik ausgestattet
Neben Energieeffizienz bei Heizung und Warmwasserbereitung plante das federführende Büro Faktor10 auch gleich Konzepte für niedrige Strom- und Wasserverbräuche der Mieter mit ein. So wurden alle Wohnungen komplett mit LED-Beleuchtung und Küchen mit energiesparenden Elektrogeräten ausgestattet.
Photovoltaik auf den Dächern zusammen mit Batteriespeichern erzeugen außerdem einen Teil des benötigten Stroms direkt auf dem Gebäude. Neben Wasserspararmaturen reduziert außerdem die zentrale Grauwasseraufbereitung den Trinkwasserverbrauch und damit auch die Nebenkosten der Mieter.
Alle Nebenkosten außer Trinkwasser werden pauschal abgerechnet – auch Heizung und Warmwasser, da die Verbräuche sehr gering sind, ist dies zulässig und auch sinnvoll. Außerdem sind in der Pauschale auch Budgets für Trinkwasser und Haushaltsstrom enthalten, die bei sparsamem Verhalten ausreichen. Ist das Budget ausgeschöpft, muss zugekauft werden.
Geringe Errichtungskosten
Durch die Budgets werden die Wohnkosten für die Mieter, die in der Regel über sehr wenig Geld verfügen, planbarer – insbesondere dadurch, dass auch Strom enthalten ist, der normalerweise mit dem Versorger abzurechnen wäre. Damit die Mieter immer über den aktuellen Stand der Ausnutzung des Budgets informiert sind, besitzt jede Wohnung ein Display, das die aktuellen und die zurückliegenden Strom- und Wasserverbräuche sowie das Restbudget für das Jahr anzeigt.
Die Errichtungskosten für den Neubau lagen inklusive Photovoltaik, Batteriespeicher und Einbauküchen mit 1786 Euro/m² sehr niedrig und im unteren Bereich von vergleichbaren Gebäuden im Effizienzhaus 40 Standard, so dass eine Nettokaltmiete von 6,50 Euro/(m²*Monat) erreicht wurde. Die Wohnungen erfüllen somit die Anforderung an den geförderten Wohnungsbau in Hessen.
Das Institut Wohnen und Umwelt hat mit Förderung durch das Bundeswirtschafts-ministerium die Gebäude mit einem wissenschaftlichen Monitoring über nun fast drei Jahre begleitet. Die Messergebnisse zeigen, dass der Wärmebezug für Beheizung und Warmwasserbereitung 2021 mit 51,2 kWh/(m²*a) sehr niedrig war. Weniger als die Hälfte davon entfiel auf die Beheizung. Der Haushaltsstromverbrauch lag mit 563 kWh/(Person*a) sogar 50 Prozent unter dem Verbrauch vergleichbarer Haushalte in Deutschland.
Projekt mit Vorbildcharakter
Der Trinkwasserverbrauch unterschritt dank der Grauwasseraufbereitung mit 19,9 m³/(Person*a) den bundesdeutschen Mittelwert um 42 Prozent. Zwar zeigen sich deutliche Nutzerstreuungen bei den Verbrauchswerten, insgesamt konnte mit den beiden Gebäuden der Ressourcenverbrauch ganz wesentlich reduziert werden.
Die Nebenkosten lagen trotz nicht beeinflussbarer Anteile wie Grundsteuer oder Müllentsorgung ca. ein Drittel unter denen anderer Wohnungen im sozialen Wohnungsbau in Darmstadt.
Das Konzept des PassivhausSozialPlus wird in der gleichen Siedlung mit drei ökologisch weiter optimierten Neubauten fortgeführt. Es bleibt zu hoffen, dass auch in anderen Kommunen im sozialen Wohnungsbau der Fokus auf Energie- und Ressourceneffizienz gelegt wird. Dass dies auch mit niedrigen Baukosten zu erreichen ist, hat das Projekt in Darmstadt gezeigt.
Finanzieller Nutzen für die Kommune
Die Gebäude haben noch weitere positive Aspekte: Kommunen müssen die Sozialleistungen für ihre Einwohner übernehmen. Somit profitieren Kommunen finanziell, wenn Gebäude auf Klimaschutz und niedrig Nebenkosten hin optimiert werden. Im Jahr 2022 ist durch die Energiepreissteigerungen ein deutlicher Anstieg bei den Nebenkosten zu erwarten.
Ein energieeffizientes Gebäude kann zwar hohe Energiepreise nicht verhindern – die Energiekostensteigerungen fallen absolut gesehen aber deutlich geringer aus als bei konventionellen Gebäuden. Somit profitiert eine Kommune mit jedem Gebäude im sozialen Wohnungsbau, das mit einem energieeffizienzenten Konzept verwirklicht wird. Marc Großklos
Der Autor: Marc Großklos ist Dipl.-Ing. (FH) Energie- und Umweltschutztechnik. Seine Arbeitsschwerpunkte am Institut Wohnen und Umwelt (IWU) sind Energieeinsparung in Gebäuden (Neu- und Altbau), Energietechnik, messtechnische Evaluationen, bauphysikalische Berechnungen (besonders Wärmebrücken) und Programmierung.