Ein Plädoyer, bei der Planung und dem Bau von Gewerbeimmobilien neue Wege einzuschlagen: Verkehrsgünstig gelegene Standorte, Revitalisierung von Brownfields, Erzeugung regenerativer Energie, Recycling – solche Konzepte sind auch vorteilhaft für Kommunen, betont Christof Prange.
Es beginnt schon damit, den richtigen Standort einer Gewerbeimmobilie auszuwählen: Das ist wichtig für die ganzheitliche Betrachtung ihrer Nachhaltigkeit. Kriterien sind die Minimierung standortbezogener Verkehre sowie die Streckenreduzierung zum Kunden.
Die Revitalisierung von Brownfields trägt ebenfalls zur nachhaltigen Verbesserung des urbanen Raums bei. Sie ist der weiteren Versiegelung von Grünflächen auch in Anbetracht des Klimawandels vorzuziehen.
Die Gebäude sollten zudem so flächenschonend wie möglich geplant werden. Eine Möglichkeit dafür ist die mehrgeschossige Konzeption etwa auch von Logistikimmobilien.
Neben den Bemühungen zur Energieeinsparung ist ein zentraler Aspekt der Dekarbonisierung die Erzeugung erneuerbarer Energie. Hier liegt der Schwerpunkt auf der lokalen Produktion von „grünem Strom” über Photovoltaik. Dabei sollte die gesamte Dachfläche genutzt werden, um deren Potenzial auszuschöpfen. Die Nutzung der Windenergie beispielsweise über Windturbinen ist die perfekte Ergänzung speziell für Phasen geringer Sonneneinstrahlung.
So wird meist nicht nur der Energiebedarf der Immobilie selbst gedeckt – die überschüssige Energie kann in das öffentliche Netz eingespeist werden. Damit werden Gewerbeimmobilien zu Energiehubs, die Kommunen helfen, ihre Strategien zur Energiewende umzusetzen.
Weitere wichtige Themen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung sind die fossilfreie Heizung und Kühlung, die Begrünung von Fassaden und Dächern sowie Ladeeinrichtungen für E-Pkw und zukünftig auch E-Lkw.
Graue Emissionen bleiben oft unberücksichtigt
Die Fokussierung bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen beginnt in der Planungsphase. Oft unberücksichtigt bleiben die sogenannten „grauen Emissionen“, die während der Herstellungs- und Bauphase durch die Verwendung CO2-intensiver Materialien entstehen.
Die Auswahl der Baumaterialien folgt nicht nur ökonomischen, sondern mehr und mehr ökologischen Aspekten, die über den Lebenszyklus hinausreichen und am Ende auch die Recyclingfähigkeit beinhalten.
Das Angebot kohlenstoffoptimierter „grüner Baumaterialien“ ist derzeit noch begrenzt. Bei der Entwicklung eines CO2-armen Bauprojektes sollte daher frühzeitig analysiert werden, wo welche CO2-reduzierten Materialien verwendet werden können und in welchem Umfang sie termingerecht verfügbar sind. Es muss sichergestellt werden, dass sie im notwendigen Umfang in der gewünschten Beschaffenheit verbaut werden können.
Neben Beton mit kohlenstoffreduzierter Rezeptur und CO2-arm produziertem Stahl können Fensterrahmen aus recyceltem Aluminium eingeplant werden. Holz kann beispielsweise auch für die Reduktion des Betonanteils sogar im Tragwerk verwendet werden. Der Anstrich etwa der Innenwände mit CO2-absorbierender Farbe zeigt das Spektrum der Möglichkeiten für die Reduzierung der bauartbedingten Emissionen.
Vorhandenes wird recycelt
Derzeit entsteht im Güterverkehrszentrum Bremen unter der Federführung von Goodman ein Prototyp mit der Bezeichnung Bremen GreenSpace+ONE, mit dem die Praxistauglichkeit dieser Vorgehensweisen nachgewiesen werden soll.
Hier wurde ein Großteil der ehemaligen Bebauung recycelt und im Unterbau der Immobilie wiederverwendet. Diese Baustoffe wurden auf dem Grundstück belassen, womit der Baustellenverkehr deutlich reduziert werden konnte.
Durch die Verwendung CO2-armer Materialien sollen die verbauten „grauen Emissionen“ in diesem Innovationsprojekt um 30 Prozent reduziert werden.
Ein weiterer günstiger Effekt nachhaltig gebauter Immobilien: Mieter sind sogar bereit, höhere Kosten für entsprechend konzipierte Immobilien in Kauf zu nehmen. Dies hat eine Studie des Immobiliendienstleisters CBRE ergeben.
Energieeffiziente und dekarbonisierte Gebäude haben damit einen Wettbewerbsvorteil, der sich, so schreiben die Analysten, nicht nur bei Leerstandsraten und Mieteinnahmen bemerkbar macht, sondern auch in einer besseren Reputation der mietenden Unternehmen, wenn sie qualifizierten Mitarbeitende gewinnen wollen. Durch attraktive Gebäude und Betriebe wird der kommunale Gewerbestandort insgesamt gestärkt.
Aufgrund des höheren Aufwandes und des begrenzten Angebots kohlenstoffoptimierter Materialien sind solche Projekte derzeit planerisch und auch finanziell noch eine Herausforderung.
Nachhaltigkeit als Gamechanger?
Ein starker Treiber der Entwicklung wird die ESG-Berichterstattung sein, die für Unternehmen bis 2026 verpflichtend wird. Dabei spielt die Dekarbonisierung von Gewerbeimmobilien eine entscheidende Rolle. Schließlich steht, so das Umweltbundesamt, der operative Betrieb von Gebäuden für etwa 30 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland.
All diese Herausforderungen müssen zielstrebig angegangen werden, damit die Immobilien auch langfristig den Anforderungen entsprechen. Kommunen vermeiden damit „stranded assets“ – Immobilien, die nicht mehr marktgängig sind und damit eine Belastung für die nachhaltige Stadtentwicklung darstellen.
Christof Prange
Der Autor
Christof Prange ist Geschäftsführer der Goodman Germany GmbH.