Der Breitbandausbau ist eine Schicksalsfrage für den ländlichen Raum. In dieser Einschätzung stimmen die bayerischen Landräte Franz Meyer (Passau) und Richard Reisinger (Amberg-Sulzbach) überein. In ihrem Beitrag skizzieren sie die Situation in Niederbayern und der Oberpfalz.
Es hat etwas vom Rennen von Hase und Igel, mit dem derzeit besonders die ostbayerischen Kommunen versuchen, die Datennetze an die stetig wachsenden Anforderungen der Wirtschaft wie der Privathaushalte anzupassen. Das gilt für den Breitbandausbau ebenso wie für leistungsstarke Mobilfunknetze. Besonders das Mobilfunknetz mit seinen zum Teil erheblichen Versorgungslücken im ländlichen Raum wollen wir nun mit einer gemeinsamen Initiative stärken.
Das ist oft genug auch eine lebenswichtige Frage, da in Teilen des Landkreises Passau keinerlei Notfall-Alarmierung über Handy möglich ist. Ein fast schon reflexartiges Nein zu neuen Mobilfunkmasten lässt sich vernünftigerweise nicht mit dem gleichzeitigen Wunsch nach besserer Netzabdeckung vereinen. Aktuell ist die Fläche des Landkreises Passau zu rund 55 Prozent mit leistungsfähigem Mobilfunk abgedeckt.
Weitaus besser sieht es mit der Breitbandversorgung aus, nicht zuletzt wegen großer Kraftanstrengungen der kommunalen Familie. Im Landkreis Passau wurde dazu im Jahr 2008 die Koordinierungsstelle Breitband am Landratsamt eingerichtet. Sie berät und betreut alle 38 Gemeinden zentral und wickelt eine Förderung ab, wie sie in Bayern für einen Landkreis einzigartig ist: Der Kreis Passau übernimmt die Hälfte der nicht durch staatliche Förderung abgedeckten Ausbaukosten in den Kommunen und entlastet damit die Gemeinden mit Kreismitteln von 400.000 Euro pro Jahr. Ende 2017 werden etwa 90 Prozent der 60.000 Haushalte im Landkreis über Breitband verfügen, Ende 2018 werden es nach Schätzungen der Koordinierungsstelle 95 Prozent sein. Alle Landkreisgemeinden haben sich zu einer Breitband-Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Auch das ist einmalig im Freistaat.
Aber auch hier gilt wie in vielen Landkreisen Niederbayerns und der Oberpfalz, dass gerade die letzten „weißen Flecken“ die größten Herausforderungen darstellen: Hohes Investment und wenig Nutzer. Hinzu kommt, dass bestehende Breitbandnetze vereinzelt schon wieder veraltet sind und daher nachgerüstet werden müssen. Im Landkreis Passau werden zurzeit 38 Millionen Euro in den Breitbandausbau investiert. Mittlerweile sind 2680 Kilometer Glasfaserleitungen verlegt.
Mobilfunk im Blickpunkt
Im Landkreis Amberg-Sulzbach nutzen 27 Kommunen die Förderprogramme des Freistaats Bayern und des Bundes, um die Breitbandverbindungen auszubauen. Dabei setzen sie auch auf bestehende interkommunale Verbünde, um größere Synergieeffekte zu erzielen. Jedoch zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass die zur Verfügung gestellten Mittel bei Weitem nicht ausreichen, um Glasfaser bis in die abgelegensten Weiler großer Flächengemeinden zu bringen.
Deshalb soll auch hier der Mobilfunk als schnelle und kostengünstige Alternative genutzt werden, um breitbandige Verbindungen flächendeckend zu erreichen.
Wir möchten erreichen, dass der ländliche Raum nicht von zukunftsträchtigen Entwicklungen wie autonomes Fahren, Smart Cities, Telearbeit, Internet der Dinge oder Industrie 4.0 abgehängt wird. Der Aufrüstung im Bereich Mobilfunk kommt deshalb in den kommenden Jahren eine zentrale Bedeutung bei der Digitalisierung des ländlichen Raumes zu. Lücken im Mobilfunknetz können wir uns in der künftigen Informationsgesellschaft nicht mehr leisten.
Beispiele für Branchen und Bereiche, in denen dennoch schwächelnde Datenanbindungen besonders ärgerlich sind, gibt es genug. Punktuell trifft es etwa Architektur- und Planungsbüros, die nicht in gut versorgten Gewerbegebieten liegen, aber dennoch große Datensätze verschicken und empfangen. Das kann aber auch der Privathaushalt sein und die dort fehlende Bandbreite für E-Learning oder das Home-Office.
Das Beispiel des Landkreises Passau zeigt, wie die Koordinierung des Breitbandausbaus – er kann ja nicht an Gemeindegrenzen Halt machen – gerade in diesem schwierigen Umfeld zum Turbo für das schnelle Internet wird. Durch die großräumige Steuerung des Ausbaus kann im Nebeneffekt die „Rosinenpickerei“ der Telekommunikationsunternehmen unterbunden werden. Alle diese Anstrengungen sind nötig und das auf Jahre. Der Breitband-Ausbau ist eine Schicksalsfrage für den ländlichen Raum, der sich nur mit vernünftigen Datennetze auf Dauer als zukunftsfähiger Lebens- und Wirtschaftsraum positionieren kann.
Aber letztlich geht es ohne mehr finanzielle Mittel nicht. Die Förderquoten sollten daher auf durchgängig 90 Prozent angehoben werden. Was sich dadurch allerdings nicht ändert und aktuell den Breitbandausbau gerade im ländlichen Raum verzögert, ist die chronische Überlastung der einschlägigen Tiefbaufirmen. Zum Teil werden über Monate bereits unterschriebene Ausbauverträge nicht umgesetzt, weil es schlicht an Baufirmen fehlt. Daran ändert auch die verstärkte Einbindung etwa von Anbietern aus Tschechien im ostbayerischen Raum nichts.
Franz Meyer / Richard Reisinger
Die Autoren
Franz Meyer ist Landrat des bayerischen Landkreises Passau, Richard Reisinger ist Landrat des bayerischen Landkreises Amberg-Sulzbach