24 Kommunen im Nordschwarzwald haben sich im Oktober 2023 zusammengeschlossen, um ihr Risikomanagement für kommende Starkregenereignisse zu verbessern. Die Akteure sehen hier noch Luft nach oben – aber auch Perspektiven für weitere Formen der Zusammenarbeit.
Eine Fläche von mehr als 1000 Quadratkilometern, etwa 100 Quadratkilometer Siedlungsfläche, 24 Kommunen und drei Landkreise: Ein Starkregenrisikomanagement dieser Größe ist eine Seltenheit – und ein zukunftsweisendes Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit. Durchgeführt wird es unter dem Dach eines kommunalen Verbandes im Nordschwarzwald, initiiert von der Stadt Wildberg und koordiniert vom Regionalverband Nordschwarzwald. Mit dem Erhalt des Förderbescheides und dem Beschluss im Wildberger Gemeinderat zur Vergabe der Konzepterstellung geht es nun in die nächste Phase.
Im Fokus sind Starkregenereignisse, die aufgrund des Klimawandels immer häufiger und in immer mehr Regionen zum Problem werden. Deshalb wird die Gefahr, die hiervon ausgehen kann, gesondert von Hochwasserereignissen betrachtet. Der Deutsche Wetterdienst spricht von Unwetter, wenn mehr als 25 Liter Regen pro Quadratmeter pro Stunde oder mehr als 35 Liter in sechs Stunden verzeichnet werden.
Gefährlich werden Wassermassen, wenn sie nicht schnell genug im Erdreich versickern oder über einen Abwasserkanal abgeführt werden können. Schon leichte Hänge reichen aus, um eine Sturzflut entstehen zu lassen. In Vertiefungen und Unterführungen kann sich Wasser ansammeln, ebenso auf ebenen Straßen, wenn die Kapazitäten der Kanäle nicht ausreichen. Ein drastisches Beispiel für die Gefahren durch Starkregen und Sturzfluten waren die Ereignisse im Ahrtal im Jahr 2021. Die Gemeinde Braunsbach im Landkreis Schwäbisch Hall war 2016 betroffen, Bonndorf im Landkreis Waldshut 2015.
Ein Konzept für ein Starkregenrisikomanagement soll Gefahrenpotenziale identifizieren und mögliche Maßnahmen liefern. Das Land Baden-Württemberg fördert die Erstellung dieser Konzepte derzeit mit 70 Prozent nach den Förderrichtlinien Wasserwirtschaft. Einige Städte und Gemeinden sind dieses Projekt alleine oder im Schulterschluss mit wenigen Nachbarkommunen angegangen.
Im Nordschwarzwald sieht das anders aus: Im Verbund Nordschwarzwald haben sich 24 Kommunen aus den Landkreisen Calw, Freudenstadt und Enzkreis gefunden, die das Starkregenrisikomanagement gemeinsam angehen wollen. Beraten und betreut werden sie durch das Fachbüro CDM Smith.
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag regelt den Zusammenschluss, der Stadt Wildberg (rund 10.400 Einwohner) obliegt die Federführung. Fünf Vertreter der Verbundskommunen bilden den Lenkungskreis, beratend unterstützt von Vertretern des Regionalverbandes Nordschwarzwald.
Individuell angepasste Maßnahmen
Die Betrachtung über eine so große Region hinweg bringt mehrere Vorteile: Für die Kommunen ergeben sich Synergieeffekte, und die Kosten können reduziert werden. Auch der Verwaltungsaufwand sinkt, und das Projekt kann zentral koordiniert werden. Für die Beantragung der Fördermittel war es notwendig, dass eine Kommune den Hut auf hat. Deshalb konnte diese Aufgabe nicht der Regionalverband Nordschwarzwald übernehmen. Inhaltlich ergibt ein Starkregenrisikomanagement für das ganze Umfeld ebenfalls Sinn, denn Wasser macht nicht an Gemarkungsgrenzen halt.
Leider ist es nicht gelungen, einen lückenlosen Bereich abzudecken. Dafür ist die Situation in den Kommunen der Region zu unterschiedlich. Manche haben bereits ein Konzept beauftragt, für andere hat ein solches Projekt gerade nicht höchste Priorität. Die teilnehmenden Städte und Gemeinden werden da- von profitieren, wenn alle im Verbund ein Konzept aus einer Hand erhalten. Dennoch: Für jede Kommune wird es eigene Analysen und Maßnahmen geben. Die Betrachtung ist ganzheitlich für die Region, die detaillierte Ausarbeitung individuell für die einzelne Kommune.
CDM Smith hat für den Verbund in Abstimmung mit dem Lenkungskreis die Ausschreibung zur Konzepterstellung auf den Weg gebracht. Bei einem Schätzwert von rund 1,5 Millionen war eine EU-weite Ausschreibung erforderlich. Die Bietergemeinschaft der Fachbüros Fichtner (Stuttgart), Wald + Corbe (Hügelsheim) sowie Hydrotec (Aachen) kommt dieser Summe nahe. Am 25. Oktober traf zudem der Förderbescheid ein: 70 Prozent der Kosten übernimmt das Land. Damit konnte der Gemeinderat Wildberg in seiner Sitzung am 9. November direkt der Vergabe an die Bietergemeinschaft zustimmen.
Das Starkregenrisikomanagement umfasst drei Phasen: eine hydraulische Gefährdungsanalyse (Starkregengefahrenkarte), eine Risikoanalyse sowie ein Handlungskonzept. In Phase eins werden unter anderem eine Überflutungssimulation durchgeführt und eine Überflutungskarte für drei Szenarien (selten, außergewöhnlich und extrem) angelegt. Im Rahmen der Risikoanalyse wird das Schadenspotenzial betrachtet, woraus dann Risikosteckbriefe und -karten entstehen.
Über mehrere Workshops werden hier die Bürger und Vertreter der Kommunen eingebunden. Aus allen gesammelten Daten entsteht schließlich ein schriftliches Handlungskonzept, inklusive der Konzeption baulicher Maßnahmen sowie Alarm- und Einsatzplan. Auch dazu sind in jeder Verbundskommune Workshops mit Bürgerbeteiligung geplant. Insgesamt soll der Prozess im Sommer 2026 abgeschlossen sein.
Für den Bürgermeister von Wildberg Ulrich Bünger (parteilos) ist diese interkommunale Zusammenarbeit „zukunftsweisend, beispielgebend und nachhaltig“. Die Kooperation bei einem so wichtigen Projekt könne „ein Anstoß sein, dies künftig auch bei anderen Themen zu tun.“
Andreas Bauer
Der Autor
Andreas Bauer ist Kämmerer der Stadt Wildberg.