Zum Jahreswechsel tritt die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Kraft. Zwar wird der Ausbau der Erneuerbaren weitergehen, jedoch lässt die Neufassung des Gesetzes Ausbaupotenziale ungehoben. Sie bleibt deswegen deutlich hinter den Erfordernissen im Kampf gegen den Klimawandel zurück.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das Hauptinstrument zur Steuerung der (Strom-)Energiewende. Die Förderung von Strom aus Erneuerbaren durch das EEG hat in den vergangenen Jahren für einen deutlichen Anstieg von Ökostrom im deutschen Strommix gesorgt (2015: knapp 33 %) und ist zu einer international beachteten Erfolgsstory geworden.
Ein wichtiger Grundsatz der Förderung war stets die hohe Investitionssicherheit der Projektträger von der Planungsphase über die Realisierungsphase bis in die Betriebsphase. Die Investitionssicherheit wurde durch viele Maßnahmen sichergestellt, zum Beispiel durch einen Anspruch auf Anschluss der Anlagen am Netz und vorrangige Abnahme des Stroms, durch feste Fördersätze und durch Entschädigungen beim Netzüberlastungen.
Diese Sicherheit wird mit dem Inkrafttreten der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes am Januar 2017 teilweise aufgegeben. Kernelement des neuen EEG ist ein Ausschreibungssystem zur Vergabe von Förderberechtigungen. Viele Neuanlagen erhalten damit künftig keine gesetzlich festgelegten Fördersätze mehr.
Förderrechte werden ausgeschrieben
Eine Förderung erhält künftig nur, wer sich in einem wettbewerblichen Auktionsverfahren mit günstigeren Preisen gegen Mitbewerber durchsetzt. Der Gesetzgeber möchte so die Kosten für Strom aus Neuanlagen senken. Als Nebeneffekt kann durch die Menge der ausgeschriebenen Förderrechte die Ausbaugeschwindigkeit verstetigt werden.
Ausgeschrieben werden Förderrechte für Strom aus Windenergie (getrennt nach On- und Offshore, d. h. an Land und auf See), Biomasse und Solar. Nur Anlagen mit einer Leistung von weniger als 750 Kilowatt (bei Biomasseanlagen: 150 kW) bleiben ausschreibungsfrei. Fotovoltaik-Dachanlagen erhalten damit weiterhin eine gesetzlich festgelegte Förderung. Trotzdem fallen künftig etwa 80 Prozent der neuen EEG-Anlagen unter das Ausschreibungssystem.
Für Windenergie wird zunächst eine Leistung von 2800 Megawatt (MW) pro Jahr ausgeschrieben (ab 2020: 2900 MW). Das entspricht knapp 1000 neuen Windenergieanlagen pro Jahr. Hinzu kommen 600 MW Sonnenstrom und 150 MW Strom aus Biomasse pro Jahr. Bei der Windenergie liegt die Ausschreibungsmenge deutlich unter dem Ausbauniveau der vergangenen drei Jahre. Und: In den ausgeschriebenen Mengen sind auch die neuen Anlagen enthalten, die alte Anlagen ersetzen (Repowering). Nach den Erwartungen des Bundeswirtschaftsministeriums wird der Rückbau alter Anlagen in den kommenden Jahren stark ansteigen und die vorgesehene Ausschreibungsmenge nahezu vollständig ausschöpfen. Eine effektive Erhöhung der Windstromerzeugung wird dadurch gefährdet.
Bei der Ausschreibung für Windenergie soll Wettbewerbsgleichheit zwischen den Windenergiestandorten in Deutschland bestehen. Alle Bieter werden deswegen einen Stromerzeugungspreis für einen gesetzlich festgelegten Standort bieten (sog. 100%-Standort). Bei schwächeren Standorten wird ein Zuschlag, der auf ein Projekt erteilt wird, dann durch sogenannte „Korrekturfaktoren“ angehoben. Diese sind gesetzlich festgelegt. Der etwas niedrigere Ertrag wird also durch eine etwas höhere Vergütung ausgeglichen. Umgekehrt müssen besonders ertragsstarke Standorte einen Abschlag auf ihre Zuschlagshöhe hinnehmen.
Windprojekte, die bis Ende 2016 eine Genehmigung erhalten, können noch bis Ende 2018 nach den gesetzlichen Fördersätzen ohne Ausschreibung in Betrieb genommen werden. Die Anfangsvergütung für Windstrom beträgt ab dem 1. Januar 2017 8,38 Cent pro kWh. Die Übergangsregelung hat aber einen Haken: Zwischen dem 1. März und dem 1. August 2017 sinkt die gesetzliche Förderung für Windstrom in sechs Stufen monatlich um 1,05 Prozent. Vor diesem Hintergrund werden viele Projekte voraussichtlich „freiwillig“ in die Ausschreibung gehen – was möglich ist.
Bei der Förderung von großen Fotovoltaikanlagen werden die bereits aus der Freiflächenausschreibungsverordnung bekannten Regelungen größtenteils weitergeführt. Für Freiflächenanlagen kommt eine „Länderöffnungsklausel“ dazu. Die Bundesländer können sogenannte „benachteiligte Gebiete“ für Freiflächenanlagen öffnen. Dies kann für einen neuen Ausbauschwung sorgen.
Erleichterungen für Bürgerprojekte
Hauptkritikpunkt im Vorfeld war die Befürchtung vieler Umwelt- und Branchenverbände, dass die Unsicherheiten des Ausschreibungsmodells die bisherige breite Akteursvielfalt bei den Trägern der Energiewende gefährde. Gerade die kleinen Akteure sorgen jedoch für die Akzeptanz vor Ort – besonders bei der Windkraft. Der Gesetzgeber hat darauf durch Erleichterungen für sogenannte „Bürgerenergiegesellschaften“ im Ausschreibungsverfahren reagiert.
Die Voraussetzungen, um als Bürgerenergiegenossenschaft zugelassen zu werden, sind sehr eng. Die Gesellschaft muss aus mindestens zehn natürlichen Personen bestehen, mindestens 51 Prozent der Stimmen müssen aus dem Landkreis kommen. Niemand darf mehr als zehn Prozent der Stimmen innehaben. Kommunen, Stadtwerke oder kleine Planer können von den Erleichterungen nicht profitieren. Sie dürfen im Ausschreibungsprozess wohl auch nicht neben den natürlichen Personen an der Gesellschaft beteiligt sein.
Zum einen benötigen sie anders als professionelle Teilnehmer vor einer Ausschreibung für Strom aus Windenergie noch keine abgeschlossene immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Sie können also zunächst an einer Ausschreibung teilnehmen und dann, wenn sie einen Zuschlag erhalten haben, mit belastbaren Zahlen in das Genehmigungsverfahren investieren.
Zum anderen richtet sich die Förderhöhe bei Bürgerenergiegesellschaften nicht wie bei anderen Bietern nach dem, was sie individuell geboten haben (sog. „pay as bid“). Sie erhalten stattdessen stets die höchste im jeweiligen Ausschreibungstermin vergebene Förderung – stets vorausgesetzt, ihr eigenes Gebot liegt nicht über diesem Wert. Die Bürgerenergiegesellschaft kann also durch niedrige Gebote ihre Zuschlagschancen maximieren und hat gleichzeitig die Sicherheit, nach dem Zuschlag auf den höchsten bezuschlagten Förderwert angehoben zu werden. Durch diese erst kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes aufgenommene Regelung wird die Attraktivität von Bürgergesellschaften deutlich erhöht.
Aus kommunaler Sicht interessant: Um die Förderung zu erhalten, muss eine Bürgerenergiegesellschaft belegen, dass sie der jeweiligen Standortgemeinde oder einer ihrer kommunalen Gesellschaften eine finanzielle Beteiligung von mindestens zehn Prozent der Bürgergesellschaft angeboten hat. Die Gemeinden werden künftig also regelmäßig die Chance haben, sich an den Windparks vor Ort zu beteiligen.
Bernd Wust
Der Autor
Dr. Bernd Wust ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte in München