Energie aus Hand der Experten

Für viele Kommunen stellt sich die Frage, wie eine effiziente und zukunftssichere Energieversorgung am besten bewerkstelligt werden kann. In dieser Situation sollten sie Finanzierungs- und Betreibermodell Contracting prüfen.

Eine effiziente Energienutzung sowie die rationale Energiebereitstellung sind elementare Bestandteile aktiver Klimaschutzpolitik. Im Hinblick auf diese Politik spielt die Senkung der CO2-Emissionen eine entscheidende Rolle. Ein wesentliches Ziel der deutschen Energiewende ist die Pflicht zur nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung sowie zur Schonung der fossilen Ressourcen.

Das Contracting schafft hierbei Anreize für neue Modelle der Energieversorgung. Durch die Sanierung der Energieerzeugungsanlagen können nicht nur Emissionen aus dem Betrieb der Anlage verringert werden und somit ein Beitrag für die Umwelt geleistet werden. Auch kann durch das Contracting eine Ressourcenschonung bewirkt werden, da Brennstoffe, wie beispielsweise Öl und Gas, eingespart werden können.

Durch die Investitionen des Contractors kann auch ein schnellerer Umstieg auf erneuerbare Energien ermöglicht werden, etwa wenn er die Heizung zukünftig mit Biogas betreibt. Das Contracting und dessen flexible Lösungen für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sind für dezentrale Versorgungslösungen die Schlüsseltechnologie.

Beim Contracting, das sich von dem Begriff „contract“, englisch für „Vertrag“ ableitet, versorgt der Contractor zumeist eine Liegenschaft des Contracting-Nehmers über einen vertraglich geregelten Zeitraum mit Heizwärme oder Strom aus eigenen Anlagen. Er betreibt seine eigene Erzeugungsanlage und liefert die Energie – zum Beispiel Wärme und Strom über einen Liefervertrag, der auch den Aufwand für die Errichtung der Erzeugungsanlage abdeckt. Die Versorgung mit anderen Energien wie Kälte, Warmwasser, Dampf, Druckluft oder Licht kann ebenso Gegenstand des Contracting sein.

Contracting ist damit ein Finanzierungs- und Betreibermodell für die Energieversorgung. Zumeist handelt es sich um Modelle der dezentralen Energieversorgung, das heißt im Nahversorgungsbereich und ohne (wesentliche) Nutzung des öffentlichen Leitungsnetzes.

Auch in Zeiten finanzieller Engpässe kann durch die Vorteile des Contracting, nämlich die finanzielle Auslagerung an den Contractor, eine Motivation zur energetischen Sanierung entstehen. Contracting unterstützt viele dieser Ziele der Energiewende beispielsweise effiziente, ressourcenschonende und klimafreundliche Energieerzeugung und stellt oftmals für alle beteiligten Marktteilnehmer eine sogenannte „Win-Win-Situation“ dar. Es bietet daher viele Chancen für den Energiesektor, sei es auf der Erzeugungs-/Versorgungseite oder auf der Verbraucherseite.

Die Refinanzierung der Investitionen des Contractors erfolgt regelmäßig laufzeitabhängig durch die Erhebung eines monatlichen oder jährlichen Grundpreises vom Verbraucher. Die bedarfsabhängige Erzeugung und Versorgung mit der gewünschten Energie (z. B. Wärme), das heißt insbesondere die Beschaffung der für die Energieerzeugung notwendigen Primärenergie (z. B. Erdgas) sowie die Erbringung der sonstigen hierfür erforderlichen Dienstleistungen (technischer und kaufmännischer Betrieb sowie Wartung der Anlage) werden über einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis vergütet. Oftmals werden die Kosten der Betriebsführung und/oder Wartung auch im Grundpreis berücksichtigt.

Über die Energieeinsparungen der neuen (meist effizienteren und damit umweltschonenderen) Energieerzeugungsanlage erweist sich die Investition in die Neuanlage für den Verbraucher oftmals als nicht teurer als die Weiternutzung der Altanlage.

Das Contracting hat somit für den Verbraucher keine Kostennachteile im Vergleich zur Altsituation; vielmehr erspart sich der Verbraucher die (ggf. sogar dringend erforderliche) Investition in eine Neuanlage und überlässt das Planungs-, Errichtungs- und Betriebsrisiko dem Contractor. Regelmäßig hat er nach Beendigung des Versorgungsvertrages mit dem Contractor (meist zehn Jahre) sogar die Möglichkeit, die neu errichtete Anlage unentgeltlich oder jedenfalls günstig zu erwerben. Bei der Gestaltung sind bilanzielle Implikationen von wesentlicher Bedeutung (Stichwort: Mietkauf).

Für Kommunen ist Contracting sowohl auf Anbieter- als auch auf Verbraucherseite gleichermaßen von Bedeutung. Haupteinsatzgebiete des Contracting in der Praxis sind neben der Wohnungswirtschaft größere und mittelständische Industrie- und Gewerbebetriebe sowie oftmals kommunale Einrichtungen wie Schulen, Alten- und Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser.

Als Contractoren sind auf dem Markt kommunale Stadtwerke oder private Energieversorger und Dienstleister gleichermaßen anzutreffen.

Für das Stadtwerk als Contractor ist neben den sonstigen Vorteilen des Projekts oftmals auch die Herrschaft über den Primärenergiebezugsvertrag und somit die langfristige Sicherung der Entnahmestelle von großer Bedeutung. Betreibt der Contractor etwa für zehn Jahre die neue, von ihm errichtete Heizungsanlage, kann er auch den Gasbezug für diese Entnahmestelle für zehn Jahre selbst bestimmen und damit dauerhaft sichern.

Der Grundgedanke des Contractings ist freilich nicht neu und basiert auf einer Idee des schottischen Erfinders James Watt im 18. Jahrhundert für die Überlassung von Dampfmaschinen auf Zeit. Heutzutage ist die Bedeutung des Contracting vor dem Hintergrund der Energiewende jedoch größer denn je. Denn dieses Modell ermöglicht Investitionen in neue Erzeugungsanlagen, die die Verbraucher ansonsten womöglich längerfristig verschieben würden. Dies führt nicht nur zu Wachstum, sondern (über den Austausch ineffizienter Anlagen) zu erheblichen positiven Auswirkungen auf Ressourcen, Umwelt und Klima.

Viele Contractoren setzen zudem Anlagen ein, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, oder durch Kraft-Wärme-Kopplung noch effizienter arbeiten. Diese positiven Merkmale wurden bei der aktuellen Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplung-Gesetzes (KWKG) zu großen Teilen außer Acht gelassen.

Im Mietrecht hat der Gesetzgeber hingegen schon im Rahmen der Mietrechtsreform 2013 mit der Regelung des Paragrafen 556c BGB die ersten wichtigen Weichen zu Gunsten des Contractings gestellt. So kann etwa in bestimmten Fällen die für den Vermieter kapitalintensive Investition in eine neue Heizungsanlage über das Contracting vollständig über die Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden, ohne dass dies (aufgrund der gleichzeitigen Energieeinsparung) zu höheren Betriebskosten des Mieters führt. Eine weitere Förderung des Contractings etwa über die Förderung gebräuchlicher Anlagen durch das KWKG wäre jedoch wünschenswert.

Marc Baltus

Der Autor
Marc Baltus ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf und leitet dort die energierechtliche Praxis

Info: Die Kanzlei ist auf der Messe „e-world“ in Essen (16. bis 18. 2. 2016) vertreten: Halle 3, Stand 111