Hochschulen vermitteln längst nicht nur mehr Wissen – ihr Ziel ist es auch, kommunale Fach- und Führungskräfte auf die vielfältigen Herausforderungen der hochdynamischen Gegenwart und auf die Zukunft vorzubereiten.
Die Herausforderungen unserer Zeit sind enorm: Energiewende, Klimawandel, Digitalisierung, Corona – und nun der Krieg gegen die Ukraine. Zahlreiche Folgen des Strukturwandels und der sich überlappenden Krisen lasten auf den Kommunen. Sie brauchen gut ausgebildete Sachgebiets- und Abteilungsleiter, um die Folgen zu bewältigen und die Kommunen fit für die Zukunft zu machen.
Das betont Professor Patrick Sensburg vom Fachbereich Allgemeine Verwaltung der Hochschule für Polizei und Verwaltung Nordrhein-Westfalen. „Gegenwärtige Entwicklungen erfordern eine aktive Verwaltung, die vorbereitet ist, administrative Aufgaben und Arbeitsweisen an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Für den Bürgermeister, die Bürgermeisterin vor Ort ist es wichtig, auf Führungskräfte bauen zu können, die Themen auf die Agenda setzen, Prozesse aktiv mitgestalten und organisationsbezogene Entscheidungen treffen.“
Sie müssen nach Meinung von Sensburg ebenso das Rüstzeug für zukünftige Problemstellungen erlernt haben, denn die Welt von morgen werde wieder neue Herausforderungen bringen.
Breit gefächertes Hochschulangebot
Wie geht die Hochschule dabei vor? Die Studieninhalte sollen die Lernenden darauf vorbereiten, aktuelle Probleme mit Partnern aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft zu bewältigen, Reformprozesse strategisch zu steuern und aktiv daran mitzuwirken, erklärt Sensburg. Unabdingbar dabei seien soziale Kompetenzen, die bei der Übernahme von Verantwortung für Menschen, Projekte und Prozesse von Führungskräften gefordert sind.
„Diese Entwicklung von Kompetenzen des Verwaltungs- und Personalmanagements, der Personalführung, von sozialwissenschaftlichen, wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Fähigkeiten trägt dazu bei, die eigene Verwaltungsorganisation zukunftsfähig und bürgerorientiert aufzustellen“, erklärt Sensburg.
„Zudem berücksichtigt der Master of Public Management die wachsende Bedeutung der Europäisierung für staatliches und kommunales Handeln.“ Entscheidend sei dabei, dass es nicht nur um die Vertiefung von Wissen aus vorangegangenen Studiengängen der Lernenden geht, sondern um die Herausbildung von Führungsfähigkeiten in allen Themenlagen.
Der MPM-Studiengang an der HSPV in Gelsenkirchen ist interdisziplinär ausgerichtet, um Fach- und Führungskräften im öffentlichen Dienst eine möglichst breite Wissensbasis mitzugeben. Politische, gesellschaftsrelevante wie auch tagesaktuelle Themen werden in den Modulen in Hausarbeiten und Masterarbeiten aufgegriffen oder im Rahmen von Verwaltungsmanagementprojekten von einer Projektgruppe wissenschaftlich bearbeitet und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Digitalisierung als entscheidendes Zukunftsthema
„Durch den kontinuierlichen Austausch mit Vertretern der Berufspraxis, die bei der Gestaltung und Fortentwicklung des Studiengangs beteiligt sind, gelingt es, die Bedarfe in den Behörden frühzeitig zu identifizieren und thematisch zu integrieren“, so Sensburg.
Zudem stellt die Verbindung der zukünftigen Führungskräfte untereinander einen weiteren Mehrwert da. Durch die Alumni-Struktur der Hochschule besteht inzwischen ein Netzwerk von Führungskräften über die Landesgrenzen und unterschiedlichen Behörden hinaus.
Nach Meinung von Dr. Daniel Zimmermann, Leitender Studienmanager für den Masterstudiengang Public Management an der Hochschule Ludwigsburg, wird in den kommenden Jahren das Thema Digitalisierung alles überlagern. „Natürlich gibt es dafür Experten innerhalb der Verwaltungen, aber dabei handelt es sich auch um ein starkes Querschnittsthema.”
Reassessment der Studienmodule
Der Druck auf die Kommunen, das Onlinezugangsgesetz umzusetzen, ist hoch. Daher ist das Thema mittlerweile nicht nur im Modul E-Government und Verwaltungsinformatik der Hochschule Ludwigsburg zu finden, sondern auch in anderen Bereichen. Dazu gehören die Verbindung von Digitalisierung sowie Führung und Führungsentwicklung.
„Die Tools dafür sind vorhanden, ebenso das Wissen und die gesetzliche Grundlage“, sagt Zimmermann. „Vieles hängt aber vom politischen Willen in den Rathäusern ab, dies zeigt auch die Forschung.“
Nach einem Reassessment der Studienmodule setzt die Hochschule Ludwigsburg weiterhin auf Europäisierung der Verwaltung und Nachhaltigkeit. Hierbei soll es um die Frage gehen, wie sich Kommunen strategisch gegenüber der EU positionieren, wie sie Politik aktiv gestalten, wie sie nachhaltig agieren können und insbesondere an Fördermittel der EU und des Bundes gelangen.
Ein berufliches Netzwerk bilden
„Wir sehen bei unseren berufsbegleitend Studierenden eine enorme Belastung: durch Corona, durch die hohe Zahl an Geflüchteten, die betreut werden müssen, und die Herausforderungen der Zukunft“, fügt Zimmermann hinzu. „Daher legen wir mit Coaching-Konzepten auch Wert auf Selbstmanagement und Resilienz.“
Doch auch die Resilienz der Kommune steht auf dem Programm: durch aktive Wirtschaftsförderung, interkommunale Zusammenarbeit und Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Das Studium schaffe darüber hinaus Verbindungen, dies bestätigt auch Daniel Zimmermann: „Das berufliche Netzwerk, das sich im Studium über Fachebenen hinweg bildet, wird von unseren Studierenden genutzt und geschätzt.“
Ein Gewinn durch Austausch von Informationen und Ideen in einer Zeit, in der die kommenden Herausforderungen nicht immer abzuschätzen sind – sei es in den großen Städten oder in kleineren Gemeinden. Falk Enderle
Der Autor: Falk Enderle ist freier Journalist mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Kultur und Digitales.