Die Zeichen stehen auf Verbrennung

Das Düngegesetz und weitere rechtliche Änderungen bewirken einen Paradigmenwechsel beim Umgang mit Klärschlamm. Dies sowie steigende Entsorgungskosten zwingen Klärwerksbetreiber zum Handeln. Dresden will die Verbrennung im Rahmen einer Kooperation prüfen.

In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden (rund 547.000 Einwohner) wurde die gesamte Menge des jährlich anfallenden Klärschlammes (rd. 43 000 t/OS, Originalsubstanz) bisher ausschließlich landwirtschaftlich oder landbaulich verwertet. Weil das 2017 in Kraft getretene Düngegesetz diese Möglichkeiten einschränkt, haben sich für die Stadtentwässerung Dresden die Entsorgungskosten bereits seit Mitte 2017 erheblich erhöht. Für die Jahre 2018 bis 2020 liegen die Ausschreibungsergebnisse der Klärschlammentsorgung nahezu doppelt so hoch wie bisher.

Es muss davon ausgegangen werden, dass vor dem Hintergrund des neuen gesetzlichen Rahmens für die Abwasserbranche, der durch das Düngegesetz, aber auch die Düngemittelverordnung gesteckt wird, nicht mehr ausreichend Flächen zur Verfügung stehen, um den Klärschlamm weiterhin ausschließlich stofflich verwerten zu können. Es werden daher erhebliche Teilmengen zu verbrennen sein. Dies führt zu einer Verknappung der Verbrennungskapazitäten und in der Folge zu einem deutlichen Anstieg der Verbrennungskosten. Dabei wird sich diese Situation durch die Reduzierung der Verbrennungskapazitäten in Braunkohlekraftwerken weiter verschärfen und das bereits weit vor 2029, dem Jahr, ab dem Klärschlamm aus Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von über 100.000 Einwohnerwerten grundsätzlich verbrannt werden muss.

Mit Blick auf den erwarteten Anstieg der Klärschlammentsorgungskosten und auf die Investitionsentscheidungen, die vor dem Hintergrund der Abfallklärschlammverordnung zu treffen sind, beauftragte die Stadtentwässerung Dresden gemeinsam mit den Leipziger Wasserwerken als einem weiteren großen sächsischen Kläranlagenbetreiber bereits im Jahr 2016 das Ingenieurbüro TBF aus Böblingen mit einer Studie zu den Möglichkeiten der Klärschlamm-Monoverbrennung. Denn Projekte dieser Art haben allgemein gezeigt, dass insbesondere die Genehmigungsphase für die Anlagen mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Die in Auftrag gegebene Untersuchung sollte Aussagen zur Wirtschaftlichkeit für die Monoverbrennung mit unterschiedlichen Kapazitäten und an verschiedenen Standorten treffen.

Neben den Kläranlagenstandorten Leipzig und Dresden wurde ein weiterer bei der PD Energie im Chemiepark Bitterfeld betrachtet. Für Leipzig und Dresden ging die 2017 abgeschlossene Studie von einer Ausbaugröße von 15.000 Tonnen Trockensubstanz pro Jahr (tTS/a) aus, für Bitterfeld von 40.000 tTS/a. Als Technologie wurde jeweils eine Monoverbrennungsanlage mit Wirbelschichtverbrennung unterstellt.

Große Anlagen bieten wirtschaftliche Vorteile

Neben Klärung rein wirtschaftlicher Fragen war der Auftrag, die Genehmigungsfähigkeit an den unterschiedlichen Standorten, die Möglichkeiten zur Nutzung der Energie und weitere entscheidungsrelevante Gesichtspunkte zu betrachten. Dagegen waren die Möglichkeiten zur Phosphorrückgewinnung und deren monetäre Bewertung nicht Gegenstand der Studie. Die Untersuchung bestätigte, was schon vorher vermutet worden war: die spezifischen Kosten pro Tonnen Trockensubstanz einer großen Anlage (Bitterfeld) wären deutlich geringer als die der kleineren Anlagen.

Die wirtschaftliche Betrachtung aus Sicht der Stadtentwässerung Dresden ergab im Variantenvergleich der Standorte Dresden-Kaditz und Chemiepark Bitterfeld allerdings nahezu Kostenneutralität. Denn die Kostenvorteile der großen Anlage werden im Wesentlichen durch die hohen Transportaufwendungen (einfache Entfernung DresdenBitterfeld: 150 km) ausgeglichen. Hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der beiden Standorte wird eingeschätzt, dass diese am Standort Bitterfeld deutlich einfacher zu erreichen ist als in Dresden. Damit wäre die bauliche Realisierung in Bitterfeld schneller möglich.

Zur weiteren Entscheidungsfindung wurde ergänzend zur Studie eine Methode zur nichtmonetären Bewertung entwickelt. Sie berücksichtigt Aspekte wie Technologie, Ökologie, Ökonomie und Soziales, betrachtet diese nach dem Grad der Erreichung vorgegebener Ziele und vergibt dafür Punkte. Die ermittelten Ergebnisse können mit denen der monetären Bewertung verknüpft werden. Am Ende hat jede Variante eine bestimmte Punktzahl erzielt, die mit dem besten Ergebnis ist die bevorzugte Lösung. Die abschließende Gesamtbewertung erfolgt derzeit in Abstimmung mit den Gesellschaftern der Stadtentwässerung Dresden.

Klärung der Rechtsform einer Kooperation

Insbesondere für kleinere Kläranlagenbetreiber können Kooperationen sehr sinnvoll sein, um eine Mindestgröße zum Bau und Betrieb einer wirtschaftlichen Klärschlamm-Verbrennungsanlage erreichen zu können. Bezüglich der Wahl einer Kooperationsform müssen sich die Projektpartner Klarheit darüber verschaffen, ob eine wirtschaftliche Betätigung im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einem Dienstleistungsunternehmen gewünscht ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass neben den wirtschaftlichen Chancen ebenso Risiken stehen. Diese können in einer geringen Auslastung der Anlage, vertraglich zugesicherten Entsorgungsverpflichtungen, Betriebsstörungen unterschiedlicher Art oder Investitionskostenerhöhungen begründet sein.

Chancen ergeben sich etwa durch attraktive Annahmeerlöse, die zur wirtschaftlichen Entwicklung der Aufgabenträger und zur Gebührenstabilität beitragen können. Zudem lassen sich als Allein- oder Mitgesellschafter eines Dienstleistungsunternehmens zur Klärschlammentsorgung Gestaltungsspielräume bei der Kostengestaltung nutzen und man ist nicht zwangsläufig abhängig von den (unter Umständen stark schwankenden) Marktpreisen.

Trotz einiger noch offener technischer Fragen mit Relevanz wie beispielsweise zur Art und Weise der Phosphorrückgewinnung, der eventuellen Notwendigkeit zur Zwischenlagerung von Monoasche aus der Klärschlammverbrennung sowie zu potenziellen Standorten zur Zwischenlagerung beabsichtigt die Stadtentwässerung Dresden, noch in diesem Jahr den Gesellschaftern eine Beschlussempfehlung für die zukünftige Klärschlammentsorgung vorzulegen.

Ralf Strothteicher

Der Autor
Ralf Strothteicher ist technischer Geschäftsführer der Stadtentwässerung Dresden