Die Technologien wachsen zusammen

Die zukünftige kommunale Netzinfrastruktur muss vielschichtig gedacht werden. Sie umfasst Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude ebenso wie den 5G-Rollout und den Aufbau des Internets der Dinge. Die Digitalisierungs­strategie sollte auf diese Vielfalt zielen und lokale Lösungsansätze erarbeiten.

Eine zeitgemäße Glasfaserinfrastruktur Fiber to the Home(FTTH) ist eine Basisvoraussetzung für die Digitalisierung und die Generierung von Mehrwerten für private und gewerbliche Nutzer. Die Nutzung von modernen Technologien ist für die Vernetzung von Dingen (Internet of Things, IoT), die Digitalisierung der industriellen Produktion (Industrie 4.0) oder den 5G-Mobilfunkausbau unerlässlich. Diese Projekte setzen ein weitestgehend flächendeckendes und lichtwellenleiterbasiertes Netz voraus. Telekommunikationsinfrastruktur jedoch auf Glasfaser und Mobilfunk zu beschränken, ist unzureichend.

Die Zukunft der Telekommunikationsinfrastruktur ist konvergent (von lat. convergere, sich annähern). Konvergenz beschreibt in diesem Zusammenhang das Zusammenwachsen unterschiedlicher Technologien und die zahlreichen Wechselwirkungen und Abhängigkeiten der Teilbereiche untereinander. Kein 5G-Mobilfunknetz kann ohne eine glasfaserbasierte Zuführung leistungsfähige Dienste anbieten. Für zahlreiche kommunale Anwendungen (z. B. Sensorikanwendungen wie Parkraummanagement oder Füllstandsmessung in der Entsorgung) ist wiederum ein aufwendig und kostspielig hergestellter Glasfaseranschluss nicht wirtschaftlich.

Auch die Anforderungen an das Netz selbst sind andere. Beispielsweise werden im Parkraummanagement oder der Entsorgung weder Echtzeitkommunikation noch hohe Datenraten benötigt. Daher kommen hier den Anforderungen angepasste Schmalbandtechnologien, sogenannte Low Power Wide Area Networks (LPWAN) wie „LoraWAN“, Narrow-Band-IOT oder LTE-M, zum Einsatz.

Bund favorisiert direkte Glasfaseranschlüsse

Durch den kommunalen Breitbandausbau wurden in den vergangenen zehn Jahren vorwiegend Fiber to the Curb-Netze (VDSL und VDSL-Vectoring) gebaut. Hierbei handelt es sich um Hybridnetze auf Basis von Kupfer- und Glasfasertechnologie. Dies ändert sich nun durch das aktuelle Breitbandförderprogramm des Bundes, das ausschließlich auf direkte Glasfaseranschlüsse (FTTH) setzt. Dadurch findet erstmals ein weitgehend flächendeckender Ausbau statt.

Da der FTTH-Ausbau deutlich umfangreicher ist als der vorangegangene FTTC-Ausbau und demnach auch Tiefbaumaßnahmen in noch größerem Maßstab durchgeführt werden, sollten die Städte und Gemeinden nun die Gelegenheit nutzen, rechtzeitig Synergien zu prüfen, um im Zuge des Glasfaserausbaus andere Netzinfrastrukturen mitzudenken. Die Digitalisierung der öffentlichen Infrastrukturen sollte jedoch nicht nach der Methode „Versuch und Irrtum“ angegangen werden, sondern strukturell und strategisch.

In Zukunft müssen nicht nur Gebäude an die kommunale Netzinfrastruktur angeschlossen werden, sondern auch zahlreiche neue Anschlussobjekte. Dies betrifft viele Aspekte der Stadtmöblierung oder auch der technischen Ausstattung in öffentlichen Bereichen und geht von Ampelanlagen über Straßenlampen bis hin zu öffentlichen Mülleimern und Entwässerungsinfrastruktur. Die Anschlüsse erfolgen nicht überall auf Glasfaserbasis, sondern häufig kommen oben beschriebene LPWANs zum Einsatz.

Demnach ist vor allem wichtig zu wissen, welche Objekte mit welcher Netztechnologie angeschlossen werden müssen. Hierfür ist zunächst die gesamte städtische Infrastruktur digital zu erfassen, beispielweise durch eine entsprechende Aufnahmebefahrung des Stadtraums. Notwendige Weiterführungen sind die Georeferenzierung der Objekte im städtischen Geoinformationssystem und die Anreicherung der Metadaten mit Objektdaten wie Typenbezeichnungen und Wartungsintervalle.

Digitaler Zwilling für Kommunen

Für die meisten Kommunen kündigt sich hiermit die erstmalige Erstellung des Digital Twins, des digitalen Zwillings der realweltlichen Objekte, an. Diese Digital Twins selbst sind als Datenbündel zu sehen, das es erlaubt, Simulationen oder Planungen kosteneffizient zu gestalten. Produzierende Wirtschaftsunternehmen haben die Vorteile des Digital Twins schon lange erkannt und setzen diesen in ihren Unternehmensprozessen ein.

Ergänzt wird der Datenbestand um bereits vorhandene und nutzbare Telekommunikationsinfrastruktur, zum Beispiel bereits verlegte Lichtwellenleiter (LWL)-Kabel und Leerrohre inklusive der technischen Bauwerke (Multifunktionsgehäuse, Schächte, Muffen) der Kommune. Das daraus entstehende Digitalkataster stellt die Basis für alle weiteren Schritte der Planung und Umsetzung dar.

Für den 5G-Rollout werden in den nächsten Jahren zahlreiche weitere Funkstandorte benötigt – im Makrobereich wie auch innerstädtische Standorte für die sogenannten Small Cells mit Radien von 30 bis 250 Metern. Ein kommunales FTTH-Netz ist hierfür die ideale Basisinfrastruktur. Der Kommune bieten sich durch die Verpachtung von Glasfaser an die Mobilfunkanbieter interessante Refinanzierungsmöglichkeiten. Ebenso kann die Kommune durch die Bereitstellung von Basisnetzen eine Steuerungsfunktion im 5G-Ausbau einnehmen.

Multifunktionale smarte Straßenlaternen

Eine zentrale Rolle können hierbei die Straßenlaternen übernehmen. Diese werden nach dem FTTI (Fibre to the Infrastructure)-Konzept in die Glasfaserplanung einbezogen und stehen durchschnittlich alle 40 Meter im Stadtraum. Dies stellt ein ideales Netz an Trägerstrukturen für die 5G-Technologie dar.

Die Leuchtmittel der Straßenlaternen werden ohnehin auf LED umgerüstet, und es gibt heute smarte Lösungen, die nicht nur durch Energieeinsparung und die damit verbundenen kurzen Amortisationszeitraum wirtschaftlich sind, sondern auch weitere Funktionen beinhalten wie beispielsweise Metering, öffentliches WLAN, LPWAN-Gateways, Umweltmessungen und Sicherheitsanwendungen. Mit der Sanierung der Straßenbeleuchtung kann somit gleichzeitig die kommunale Netzinfrastruktur sinnvoll um zusätzliche Träger für verschiedene Technologien ergänzt werden.

Die nächsten Schritte sind die nötigen Meilensteine zur Realisierung eines umfassenden konvergenten Netzes: die Fortschreibung des kommunalen Glasfasermasterplans, die Umplanung auf die neuen Fördervorgaben des Bundes, der Einbezug der FTTI-Anschlussobjekte und die synergetische Mobilfunkplanung einschließlich Evaluierung der passenden Standorte, um möglichst schnell 5G-Mobilfunk und LPWANs in jede Kommune zu bringen.

Die Digitalisierung auf kommunaler Ebene, insbesondere der öffentlichen Räume, ist ein sehr junges Themenfeld. Entsprechende Inhalte werden an den Hochschulen erst seit kurzer Zeit vermittelt. Es ist daher von elementarer Bedeutung, den Kommunen zügig Zugang zu Know-how und Umsetzungskompetenz zu gewähren.

Wolfgang Weiß / Lukas Glaser / Manuel Hommel

Die Autoren
Wolfgang Weiß ist Geschäftsführer von Geo Data in Westhausen, Lukas Glaser ist Teamleiter Software & Konvergente Netzplanung, Manuel Hommel ist Geschäftsbereichsleiter Beratung & Planung im Unternehmen

Info: Telekommunikation im Mittelpunkt

Projekte wie Internet der Dinge, Industrie 4.0 und 5G-Ausbau sind der ideale Anlass für eine tiefgründige Beschäftigung auf kommunaler Ebene mit der Telekommunikationsinfrastruktur. Die neuen Technologien sind gleichermaßen Zugangspunkte wie Befähiger zu Diensten und Wirtschaftlichkeit. War eine Stadt früher kein Marktstandort, so erschwerte dies den Zugang zu den Warenströmen und damit das Wachstum der Stadt. Dieses Beispiel lässt sich auf die Telekommunikationsinfrastruktur übertragen. Wenn der Zugang zu den digitalen Dienstleistungen und Wirtschaftsmodellen fehlt, fehlt der Zugang zum größten und umsatzstärksten Marktsegment der Zukunft. Ohne Teilhabe an diesem Segment kann es keine adäquate Wirtschaftlichkeit geben und auch der Konsum der Dienstleistungen und Services wird für Bürger, Verwaltung und Unternehmen nicht möglich sein. Eine Nicht-Teilhabe ist keine Perspektive und zeigt die Signifikanz der Telekommunikation.