Die Stolperfallen umgehen bei Grundstücksgeschäften

Eine aktive, strategische Bodenpolitik ist in Zeiten des steigenden Wohn- und Gewerbeflächenbedarfs ein Muss für die Kommune. Werden in diesem Zusammenhang mit Blick auf soziale oder stadtentwicklungspolitische Ziele Grundstücke vergünstigt abgegeben, gilt es rechtliche Vorgaben zu beachten.

Ob in der Stadt oder auf dem Land: Der Bedarf an Wohn- und Gewerbeflächen steigt stetig. Investoren sind vor diesem Hintergrund auch auf den Ankauf kommunaler Grundstücke angewiesen. Für die Gebietskörperschaften bietet es sich an, die Veräußerung entsprechender Flächen mit der Realisierung bestimmter Nutzungen wie etwa Nahversorgung, Mehrgenerationen-Häuser, Klimaschutzsiedlungen oder sozialer Wohnungsbau zu verknüpfen.

Um für solche Projekte Investoren gewinnen zu können, sind oftmals Grundstücksverkäufe zu vergünstigten Konditionen notwendig. Neben der politischen Debatte hierüber sollte stets auch ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen geworfen werden, die tückische Stolperfallen bergen. Dieser Beitrag skizziert, unter welchen kommunal- und beihilferechtlichen sowie vergaberechtlichen Voraussetzungen die Veräußerung kommunaler Grundstücke möglich und gestaltbar ist.

Die kommunalrechtlichen Anforderungen an die Haushaltswirtschaft der Kommunen sind bundesweit geprägt von dem Anspruch, die stetige Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben zu sichern. Dementsprechend ist die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen. Während der Begriff der Sparsamkeit nur die traditionelle Ausgabenseite im Blick hat, gebietet das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, stets die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben.

Nicht mehr benötigte Flächen

Die Veräußerung kommunalen Vermögens steht zudem nach den meisten Landesgesetzen unter den Prämissen, dass der Vermögensgegenstand zur Erfüllung der kommunalen Aufgaben nicht mehr benötigt wird und er zu seinem vollen Wert veräußert wird. Aufgrund der Anknüpfung an die Wirtschaftlichkeit einer Transaktion sowie des zumeist normierten Regel-Ausnahme-Prinzips können Grundstücksveräußerungen kommunalrechtlich regelmäßig vergleichsweise gut gestaltet werden.

Grundstücksveräußerungen dürfen daneben jedoch auch keine nach Art. 107 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verbotene Beihilfe darstellen. Nach allgemeinem Verständnis sind Beihilfen Maßnahmen, die durch den Transfer staatlicher Mittel bestimmten Unternehmen wirtschaftliche Vorteile verschaffen, die den Wettbewerb in spürbarer Weise verändern und zugleich zumindest potenzielle Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten entfalten.

Dieser Tatbestand ist schnell erfüllt, wenn Städte oder Gemeinden auf Einnahmen aus Grundstücksveräußerungen verzichten. Aufgrund des weit auszulegenden Beihilfebegriffs können Wettbewerbsbeeinträchtigungen und potenzielle Auswirkungen auf den Binnenmarkt regelmäßig nicht ausgeschlossen werden. Ein Einfluss auf den Wettbewerb wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der fragliche Investor ohne einen reduzierten Kaufpreis das konkrete Projekt gerade nicht realisieren würde.

Eine beihilferechtlich relevante Handelsbeeinträchtigung kann nur ausgeschlossen werden, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sowohl der Investor als auch die Interessenten beziehungsweise Nutzer ausschließlich aus dem näheren Umfeld des betreffenden Grundstücks stammen würden, sodass ein stark regionaler Charakter des Projekts zu erkennen wäre. Zu beachten ist auch, dass der Unternehmensbegriff des europäischen Beihilferechts nicht nur gewerbliche Investoren, sondern auch städtische Wohnungsbaugesellschaften erfasst.

Wäre im Grundsatz eine Beihilfe gegeben, bedeutet dies allerdings nicht automatisch die Unzulässigkeit des fraglichen Grundstücksgeschäftes. Das europäische Beihilferecht kennt verschiedene Rechtfertigungsmechanismen, mithilfe derer Transaktionen zulässig gestaltet werden können. Aufgrund der De-minimis-Verordnung der EU (de minimis, lat: Dinge von geringer Bedeutung) sind Beihilfen bis zu einem Betrag von 200.000 Euro in drei Steuerjahren an ein Unternehmen zulässig.

Für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) dürfen Beihilfen nach der DAWI-De-minimis-Verordnung sogar bis zu einem Betrag von 500.000 Euro in drei Steuerjahren an ein Unternehmen gewährt werden. Für darüber hinausgehende Beträge kann bei DAWI ein sogenannter Betrauungsakt in Erwägung gezogen werden, der jedoch an konkrete weitere Voraussetzungen gebunden ist. Schließlich können Beihilfen etwa in den Bereichen Arbeitsplatzsicherung, Sportinfrastruktur und Umweltschutz auch über die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.

Prüfung des Vergaberechts

Aufgrund der in den vergangenen Jahren ergangenen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Veräußerung und anschließenden Bebauung kommunaler Grundstücke und der Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) im Jahr 2016 ist im Rahmen kommunaler Grundstücksveräußerungen stets auch zu prüfen, ob in dem geplanten Verkauf ein öffentlicher Auftrag liegt, also das Vergaberecht Anwendung findet.

Im Falle reiner Grundstücksveräußerungen liegt bereits begrifflich kein Beschaffungsakt vor, da die öffentliche Hand mit der Veräußerung gerade keine Leistung beschafft, sondern vielmehr einen Vermögenswert abstößt. Sind an die Grundstücksveräußerung dagegen Bedingungen geknüpft beziehungsweise werden Anforderungen an ein auf dem betroffenen Grundstück zu errichtendes Bauwerk definiert, so sollte das Vorliegen eines (vergabepflichtigen) Bauauftrages zumindest geprüft werden.

Ein solcher liegt vor, wenn der Auftragnehmer direkt oder indirekt die Verpflichtung zur Erbringung von Bauleistungen übernimmt und diese Verpflichtung nach nationalem Recht einklagbar ist. Durchführungspflichten gemäß Paragraf 12 Baugesetzbuch (BauGB) genügen dabei regelmäßig nicht, ebenso wenig reine Rückübertragungspflichten. Bei der Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages ist dagegen Vorsicht geboten. Für das Vorliegen eines (vergabepflichtigen) Bauauftrages ist ferner erforderlich, dass die Bauleistung dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt.

Durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wurden fünf Fallgruppen entwickelt, in denen von einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse des öffentlichen Auftraggebers auszugehen ist: der öffentliche Auftraggeber erwirbt Eigentum an dem zu errichtenden Bauwerk; er kann aufgrund eines Rechtstitels über das Bauwerk verfügen; er kann wirtschaftliche Vorteile aus der künftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen; er beteiligt sich finanziell an der Erstellung des Bauwerks; er übernimmt Risiken für den Fall des wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks.

Marc Dinkhoff / Corinna Schnorbus

Die Autoren
Dr. Marc Dinkhoff ist Rechtsanwalt und Partner der Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mit Sitz in Hamm, Münster und Berlin, Corinna Schnorbus ist dort Rechtsanwältin