Die Stadt Essen lebt auf

Essen hat sich vom industriellen Montanstandort zur grünen Ruhrmetropole entwickelt. Die Auszeichnung als Grüne Hauptstadt Europas 2017 würdigt den gelungenen Struktur- und Imagewandel. Doch Essen will sich weiterentwickeln in eine Stadt, die noch sozialer und klimafreundlicher sein wird.

 

Die Entscheidung fiel am 18. Juni 2015: Essen wurde der Titel Grüne Hauptstadt Europas 2017 verliehen. Damit zeichnete die Europäische Kommission zum ersten Mal in der Geschichte des Awards eine Stadt aus, die sich von einem traditionellen industriellen Montanstandort zu einer grünen, lebendigen Metropole entwickelte.

Das beweist, dass sich in der Stadt in den vergangenen Jahren viel verändert hat. Essen (rund 590 000 Einwohner) ist mittlerweile mit 3100 Hektar Grün- und Waldflächen die flächenmäßig grünste Stadt in Nordrhein-Westfalen und die drittgrünste Stadt Deutschlands. Die Geschichte der Transformation ist zu einem Vorbild für viele europäische Städte im Strukturwandel geworden.

Seit den vergangenen Jahren entwickelt sich ein zunächst als große Bürde wahrgenommener Fakt zum Privileg: Im Gegensatz zu verdichteten Stadträumen verfügt das Ruhrgebiet über große Brachflächen, die einst von der Industrie genutzt wurden. Mit dem kommunalen Aktionsprogramm „Essen – neue Wege zum Wasser“ sind in den zurückliegenden zehn Jahren 150 Kilometer Fuß- und Radwege zwischen dem Emschertal im Norden und dem Ruhrtal im Süden geschaffen worden. Dadurch wurde die stadträumliche Trennung von Nord und Süd im Essener Stadtgebiet aufgehoben.

Die grüne Stadtentwicklung hat in den vergangenen zehn Jahren als Motor der Stadtentwicklung fungiert. Die Schaffung von Grünflächen, Wasserflächen, Fuß- und Radwegen, die vernetzt in den Stadtteilen und Regionen geschaffen wurden, waren der Ausgangspunkt für die Stadtentwicklung von größeren Flächen im Sinne einer integrierten Anpassungsstrategie an den Klimawandel.

Drei Stadtentwicklungsprojekte haben Essen jüngst besonders geprägt. Im Stadtteil Altendorf sorgt der neu angelegte Niederfeldsee mit ergänzender Parkanlage und dem angrenzenden Wohnungsbau für mehr Lebensqualität. Ein weiteres Beispiel ist das an die nördliche Innenstadt angrenzende Universitätsviertel mit dem Universitäts-Park und dem Universitäts-See. Und dort, wo sich früher die Kruppsche Gussstahlfabrik befand, erstreckt sich heute der Krupp-Gürtel mit dem neuen Krupp-Park, einem Naherholungsgebiet mit See und Waldbepflanzung.

Verkehrswende einleiten

Die Natur hat sich ihre Flächen zurückerobert. Und so soll es weitergehen. Erklärtes Ziel der Stadt Essen: Im Jahr 2020 soll es jedem Bürger möglich sein, von jedem Ort in Essen aus innerhalb von 500 Meter Grün zu erreichen.

Besonders im Themenfeld Mobilität soll sich in den nächsten Jahren in Essen einiges ändern. Das Ruhrgebiet ist eine vom Auto geprägte Region – somit bietet sich in diesem Bereich auch das größte CO2-Einsparpotenzial. Mit dem Grüne-Hauptstadt-Jahr will die Stadt Essen eine Verkehrswende einleiten. Bis zum Jahr 2035 soll folgender Modal-Split erreicht werden: Jeweils ein Viertel der Verkehrsteilnehmer sollen mit dem Rad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto fahren oder zu Fuß gehen.

Parks und Seen geschaffen

Ein Leuchtturmprojekt der Region ist der RS1, der erste Radschnellweg Deutschlands, der die Kommunen des Ruhrgebiets von Hamm nach Duisburg miteinander verbindet. Wenn der Radschnellweg 1 im Jahr 2020 fertig gestellt ist, sollen 52 000 Pkw-Fahrten pro Tag und 16 000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

Die Stadt Essen sieht ihr Jahr als Grüne Hauptstadt Europas nur als Auftakt einer grünen Dekade in der gesamten Region: Der Emscherumbau wird 2020 abgeschlossen sein, im Jahr 2022 findet die Ergebnispräsentation der „Klima-Expo NRW“ statt, und im Dezember 2016 erhielt die Region den Zuschlag für die Internationale Gartenausstellung 2027. Die Ruhrmetropole hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Der erfolgreiche Wandel, der von der EU-Kommission ausgezeichnet wurde, soll weiter fortgesetzt werden.

Simone Raskob

Die Autorin
Simone Raskob ist Umwelt- und Bau­dezernentin der Stadt Essen in Nordrhein-Westfalen

Info: Grüne Hauptstadt Europas
Mit dem Titel Grüne Hauptstadt Europas zeichnet die Europäische Kommission seit 2010 jährlich eine europäische Stadt aus, die nachweislich hohe Umweltstandards erreicht hat und ehrgeizige Ziele für die Verbesserung des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung verfolgt. Der Wettbewerb soll Städte zu weiteren Maßnahmen und Erfahrungsaustausch anregen und eine Plattform zur Vorstellung bewährter Verfahren bieten. Vor Essen ging der Titel an Ljubljana (2016), Bristol (2015) und Kopenhagen (2014).