Stadtwerke machen Kommunen smart

Städte und Gemeinden müssen sich vernetzen und weiterentwickeln, um sich an Herausforderungen wie Klimawandel und Demografie anzupassen. Foto: Adobe Stock/paisan1leo

Intelligente Stadtkonzepte sind wichtig, damit sich Gemeinden an die aktuellen Herausforderungen anpassen können. Dafür brauchen sie die 
Hilfe von Partnern wie den lokalen Energieversorgungsunternehmen,
 die als Utilities 4.0 bekannt sind.

Die Herausforderungen des Klimawandels, der Demografie, einer zunehmenden Globalisierung und Urbanisierung sowie einer beinahe allumfassenden Digitalisierung: Intelligente Konzepte für die Urbanität von morgen sind wichtiger denn je. Eine Antwort auf diese Megatrends geben Smart Cities. Sie stehen für die Vernetzung und technologische Weiterentwicklung von Kommunen, für eine nachhaltige, effiziente, lebenswerte und attraktive Gestaltung menschlicher Siedlungsräume. Heutzutage ist der Begriff „Smart City“ in aller Munde. Aber welche Akteure können zur Umsetzung beitragen? Die Antwort auf diese Frage lautet schlicht: alleine niemand. Smart-City-Initiativen sind vielschichtig und komplex. Sie betreffen beinahe alle Lebensbereiche des Zusammenlebens und bedienen sich unterschiedlicher hochmoderner Technologien.

Stadtwerke sind nah am Bürger

Kommunen benötigen geeignete Partner, um selbst „intelligent“ werden zu können. Hier bieten sich die lokalen Energieversorger der vierten Evolutionsstufe an: die als Utilities 4.0 bekannten, kommunalen Versorgungsunternehmen. Bei diesen handelt es sich um innovative Stadtwerke, die bereits im Messwesen gelernt haben, mit Massendaten umzugehen. Zudem haben sie häufig die eigene digitale Transformation erfolgreich durchlebt. Darüber hinaus bringen diese Unternehmen bereits wesentliche Kompetenzen für Smart-City-Projekte mit. Utilities 4.0 beherrschen grundlegende Funktionen wie Aufbau und Betrieb kritischer Infrastrukturen sowie Management eigener Rechenzentren.

Regional verankerte Stadtwerke kennen die Gegebenheiten vor Ort genau und agieren nah am Bürger. Kommunal gut vernetzt handeln diese Akteure des Energiesektors ganz nach dem Motto: „Aus der Region, für die Region“. Damit sind lokale Utilities 4.0 starke, kommunale Partner für Smart City und Smart Region.

Eine fruchtbare Partnerschaft

In intelligenten Städten und Regionen können digitale Energieversorgungsunternehmen (EVU) zu lokalen Systemmanagern avancieren, die zum Nutzen ihrer Kommunen nicht nur Energie, Wasserversorgung und Entsorgung professionell bereitstellen, sondern auch Mobilität, Gebäudemanagement, Umweltschutz, digitale Services und vieles mehr ganzheitlich organisieren.

Heutige Kommunen sichern lebenswerte Urbanität zunehmend mit digitalen Mitteln, ohne dabei jedoch den Menschen und seine individuellen Bedürfnisse zu vergessen. Hier kann das lokal verankerte Utility 4.0 punkten. Schließlich kennen diese technologisch innovativen Stadtwerke als kommunal verwurzelte Unternehmen nicht nur die Lebenswirklichkeit der Bürger vor Ort, sondern beherrschen darüber hinaus auch den strukturierten Einsatz von Daten aller Art. Die Einsatzgebiete von Utilities 4.0 im Kontext Smart City sind vielfältig (siehe Grafik oben). So können EVU ihre Kommune beim Aufbau der Kommunikationsinfrastruktur und öffentlichem WLAN unterstützen (Smart Living). Innovatives Energiemanagement für Quartiere und der Einsatz von LED bei der Straßenbeleuchtung helfen Kommunen dabei, Energie zu sparen und Treibhausgasemissionen wirksam zu reduzieren (Smart Energy).

Das Monitoring von Luftschadstoffen und Füllständen von Müllcontainern können Utilities 4.0 ebenso übernehmen, wie beim Aufbau grüner Infrastruktur mitzuwirken (Smart Environment). Aber auch Bereitstellung und Management von Echtzeitdaten zur Verkehrssteuerung sowie die Anbindung überregionaler Verkehrsmittel an sogenannte Last-Mile-Lösungen, wie zum Beispiel Mitfahrgelegenheiten, können Versorger dank ihrer Regionalität optimal bewerkstelligen (Smart Mobility). Schließlich sind Utilities 4.0 in der Lage, Zahlungsprozesse ohne Medienbrüche in der Verwaltung zu unterstützen und kommunale Online-Bürgerportale zu betreiben (Smart Government). Diese Aufzählung ließe sich beliebig weiterführen.

Eine Lösung nur für Metropolen?

Die Smart-City-Diskussion wird seit ihren Anfängen von Hochglanz-Erfolgsgeschichten großer Ballungsräume aus der ganzen Welt dominiert. Ist demzufolge Smart City nur für Metropolen geeignet? Und mittlere bis kleine Kommunen können sich Smart City nicht leisten?

Hier lautet die Antwort eindeutig: nein. Bei Smart Cities kommt es nicht auf die Größe an. Auch kleinere Kommunen können ihre Infrastruktur systematisch intelligent weiterentwickeln. Mit Unterstützung von digital erfahrenen, lokalen EVU können auch kleinere Gemeinden oder Regionen Smart-City- oder Smart-Region-
Projekte erfolgreich umsetzen. Gute Planung, straffe Organisation, leistungsfähige Kooperationspartner und Zusammenschlüsse auf Augenhöhe wie Genossenschaften ebnen den Weg zur smarten Zukunft auch für Größenordnungen weit unterhalb Metropolgröße. Auch mittlere bis kleine Kommunen können im Schulterschluss mit „ihren“ Stadtwerken Smart City erfolgreich realisieren. Obgleich kein einfaches, auf alle Regionen gleichermaßen anwendbares Pauschalrezept existiert, haben sich in der Beratungspraxis folgende Schritte bei der Umsetzung konkreter Smart-City-Projekte bewährt:

  1. Smart-City-Initiative beschließen.
  2. Bildung einer gemeinsamen Projektgruppe mit Utility 4.0.
  3. Das Smart-City-Ziel identifizieren und an alle Bürger der Kommune kommunizieren.
  4. Vorgehensweise gemeinsam mit Utility 4.0 beschließen.
  5. Verantwortlichkeiten zwischen Kommune und Utility 4.0 abstecken.
  6. Die erforderlichen Ressourcen bereitstellen.
  7. Instrumente der Bürgerbeteiligung in die Initiative integrieren.
  8. Bestandsaufnahme des digitalen Status quo der Kommune.
  9. Methodisch saubere Erarbeitung der Strategie gemeinsam mit allen relevanten Stakeholdern.
  10. Definition und Genehmigung der Maßnahmen.
  11. Planung und Priorisierung, ohne dabei die erforderliche Flexibilität und Agilität im Keim zu ersticken.
  12. „Lücken“ beim EVU identifizieren, schließen und ggf. durch Einbindung langfristig orientierter Technologiepartner ausgleichen.
  13. Datenschutz und -sicherheit beachten.
  14. Technische Anforderungen so gestalten, dass Handlungsoptionen für künftige Systemwechsel gewahrt bleiben.
  15. Gemeinsame Umsetzung dieser Maßnahmen.
  16. Permanente Überprüfung von Projektfortschritt, Resultaten und Betrieb.

Diese Aufzählung kann den Eindruck einer übergroßen Aufgabe erwecken. Nur Mut! Viele Projekte haben gezeigt, dass Smart-City-Initiativen, richtig orchestriert, meistens sehr gute Ergebnisse liefern. Am wichtigsten ist es, überhaupt den Weg in die smarte Zukunft zu starten.

Digitale Energieversorgungsunternehmen können zu lokalen Systemmanagern avancieren und Mobilität, Umweltschutz und mehr organisieren. Abb.: Siemens Advanta Consulting

 

Oliver D. Doleski ist Principal bei Siemens Advanta Consulting und Herausgeber energiewirtschaftlicher Fachbücher. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf den Handlungsfeldern Utility 4.0, Digitale Dekarbonisierung und Smart City. Er ist Mitglied im Bundesverband Smart City e. V.