Die Autobahn-Allianz

Weil dem Staat das nötige Geld fehlt, um die Infrastruktur zu erhalten und auszubauen, wird nach Wegen gesucht, mehr private Investitionen auszulösen. Dazu könnten etwa gleichartige Projekte gebündelt und von Fonds aus dem Vorsorgekapital der Kunden von Lebensversicherungen finanziert werden.

Zum ersten Mal seit 1969 wird in diesem Jahr der Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung ausgeglichen – in Verbindung mit den seit Jahren steigenden Investitionen ein durchaus positives Zeichen. Doch die „Schwarze Null“ 2015 hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht allein einer soliden Haushaltsführung zu verdanken. Dem Bundes-Kassenwart spielt der glückliche Umstand in die Hände, dass die Steuerquellen kräftig sprudeln.

Doch Spielraum für eine deutliche Verstärkung der öffentlichen Investitionstätigkeit bleibt angesichts der exorbitanten Verschuldung Deutschlands in Höhe von 2048,1 Milliarden Euro (Ende 2014) keiner. Werden in einem bestimmten Bereich mehr Mittel benötigt, können diese nur durch Umschichtung freigeschaufelt werden.

Oder sie kommen vom Bürger. So jedenfalls stellt es sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor. Dessen Expertenkommission zum Thema „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ soll Ideen entwickeln, wie es zu mehr privaten und öffentlichen Investitionen für die öffentliche Infrastruktur kommen kann.

Geld wird dringend gebraucht, nachdem Bund, Länder und Kommunen in der Vergangenheit bei Verkehrswegen und anderen wichtigen Infrastruktureinrichtungen vielfach „auf Verschleiß“ gefahren sind. Das soll jetzt über eine Teilprivatisierung der Infrastruktur hereinkommen. So regt laut einem Bereich der Online-Ausgabe der Tageszeitung „Die Welt“ die Kommission an, Fonds aus Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) zu etablieren, in denen Gemeindegrenzen übergreifend kommunale Bauprojekte mit jeweils ähnlicher Ausprägung gebündelt werden. An den Fonds sollen sich dann Versicherungen und andere institutionelle Anleger, also zum Beispiel Stiftungen oder Pensionseinrichtungen, aber auch Bürger beteiligen können.

„Pooling“ erzeugt kritische Masse

Ein solches „Pooling“ von Infrastrukturprojekten könnte laut Steffen Kampeter, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium der Finanzen, eine Diversifizierung der Risiken sowie eine „kritische Masse“ an Investitionssummen für Investoren ermöglichen.

Vor allem Versicherungen suchen vor dem Hintergrund niedriger Zinsen renditestärkere Möglichkeiten, das Vorsorgekapital ihrer Kunden anzulegen. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass in Gabriels Expertenkommission mit Dr. Helga Jung von der Allianz und Dr. Torsten Oletzky von Ergo zwei Vertreter der Versicherungswirtschaft sitzen.

Die Allianz Lebensversicherung etwa finanzierte laut „Tagesspiegel“ bereits in Irland, Frankreich und Belgien Autobahnen und würde sich diesbezüglich auch in Deutschland engagieren – die entsprechenden Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Sieben Prozent Zinsen für das ausgeliehene Geld sollte dem Staat die Autobahn-Allianz zwischen öffentlicher Hand und Lebensversicherungen laut Unternehmens-Chef Markus Faulhaber wert sein.

Für Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, riecht die auch auf EU und internationaler Ebene diskutierte Teilprivatisierung öffentlicher Infrastruktur nach Ungemach für den Steuerzahler. Das Ganze sei nichts anderes als „eine Subvention für die Lebensversicherer durch Umgehung der Schuldenbremse mit überteuerten Zinsen“, wetterte er laut Online-Ausgabe der „Welt“. Auch die Gewerkschaften sehen keinen Vorteil für das Land, mit Ausnahme der Besitzer von Lebensversicherungen. Die würden profitieren, die Zinsen jedoch müssten alle Steuerzahler tragen.

Wolfram Markus