Das Know-how im Haus halten

Wissen ist in der Kommunalverwaltung ein zentraler Produktionsfaktor. Besonders auch vor dem Hintergrund von Einstellungs- und Beförderungsstopps und verringerten Ausbildungskapazitäten gilt es, diese wertvolle Ressource zu bewahren und optimal zu verteilen. Wissensmanagement ist das Mittel dazu.

Kommunalverwaltungen sind „Wissenstanker“. Es gibt unzählige Arbeitsbereiche, von A wie Abfallbeseitigung bis Z wie Zuschuss- und Zuwendungswesen. In jedem Arbeitsbereich wirken Männer und Frauen, die unterschiedliches Wissen haben. Vor allem verfügen sie über großes implizites Wissen. Solches ist einfach „im Kopf“ vorhanden und hat seinen praktischen Bezug in einer unbewussten Kompetenz. Auf der anderen Seite steht explizites Wissen in den Organisationen in der Form von objektiviertem Wissen zur Verfügung, zum Beispiel in Form von Dokumenten, Vereinbarungen oder Regelwerken.

Wie aber wird das unverzichtbare implizite Wissen in der Verwaltung gehalten? Es bietet sich dazu ein strategisches Wissensmanagement an, das auf drei Bausteinen aufbaut. In einem ersten Schritt ist zu definieren, welches Wissen überhaupt gesichert werden muss (Wissensidentifikation). Im zweiten Schritt geht es um die Frage, wie dieses Wissen bewahrt werden kann (Wissensbewahrung) und im dritten wird geklärt und festgelegt, wie das zu bewahrende Wissen – auch in organisationalem Kontext – verteilt werden soll (Wissensverteilung).

Für den ersten Schritt, die Wissensidentifikation, sind die Mitarbeiter aufgefordert, über Fragebögen das relevante Wissen zu identifizieren und festzuhalten, was wichtig ist. Hier können auch Fragen aus dem Bereich des Kompetenzmanagements diskutiert werden – also in welchen Bereichen Wissen und dem folgend Kompetenzen erforderlich sind. Angesprochen sind in erster Linie die Fach- und Methodenkompetenz, aber auch die Aktivitäts- und Handlungskompetenz, die sozialkommunikative Kompetenz und die personale Kompetenz.

Allein bei der Frage der Wissensidentifikation wird deutlich, dass die Überlegung, welches Wissen relevant ist, auch mit der jeweiligen Stelle untrennbar verknüpft ist. Ein Beispiel: Das Wissen im Bürgerbüro ist im Vergleich zu dem Wissen im Rechnungsprüfungsamt vollkommen heterogen. Aber genauso unterschiedlich wie dieses Wissen sind auch die mit diesen Stellen verbundenen kompetenzbezogenen Anforderungen des jeweiligen Stelleninhabers. Dies muss im Zuge der Wissensidentifikation beachtet werden.

Bei der Wissensbewahrung geht es um die Frage, wie die Verwaltung verhindert, dass das identifizierte Wissen verloren geht. Hier bieten sich Lehr-Lernverfahren an, wie sie auch in Ausbildungs- sowie Trainee-Prozessen zum Einsatz kommen. Exemplarisch seien genannt Projektbeauftragungen, Juniorsachbearbeitung, Mentoring, Coaching, Rotation, altersübergreifende Teams und Doppelbesetzungen.

Gute Erfahrungen mit Doppelbesetzung

Es ist sinnvoll, einen Mix von Elementen aus den verschiedenen Tools einzusetzen. Gute Erfahrungen werden mit Doppelbesetzungen gemacht. Beispiel: Der Abteilungsleiter der Finanzverwaltung bekommt für drei Jahre einen jungen Inspektor an die Seite, der die Hochschule mit gutem Erfolg abgeschlossen hat. Er kann sich in die tiefgehende Materie des kommunalen Finanzmanagements umfassend einarbeiten. Auf diese Weise wird ein optimaler Übergang gewährleistet, wenn der Abteilungsleiter in den Ruhestand geht.

Für diese Maßnahme bedarf es allerdings einer vorausschauenden Personalplanung und Richtung Politik eines klaren Signals, dass zeitweise höhere Personalkosten für solche Doppelbesetzungen anfallen werden.

Eine solche Einarbeitung stellt die mit Abstand beste Art aktiven Wissensmanagements dar. Sie kann mit neuen Medien wie zum Beispiel Lernvideos, Wiki’s, Blogs und Foren flankiert werden.

Um im dritten Schritt zu einer optimalen Wissensverteilung zu gelangen, sollte die Frage gestellt werden, wer welche Informationen und welches Wissen letztlich besitzen muss, um damit zum Wohle der Organisation arbeiten zu können. Dies gegebenenfalls auch vor dem Hintergrund der Organisationsentwicklung oder einer Neustrukturierung von Abteilungen. Allerdings werden in der Praxis organisatorische Veränderungen häufig nicht vorgenommen, wenn der Inhaber einer zentralen Stelle im Rathaus nur noch wenige Jahre bis zur Pensionierung hat. Spätestens dann, wenn der Betreffende aus dem Dienst ausscheidet, bieten sich jedoch Umstrukturierungen an, um ineffektive und ineffiziente „Blinddarm-Prozesse“, die in der Verwaltung entstanden sind, zu beseitigen.

Grundsätzlich sollte das Thema Wissensmanagement als permanente Meta-Tagesordnung in den Köpfen vor allem der Abteilungsleiter präsent sein. Es geht darum, in Abstimmung mit der Personalabteilung frühzeitig die Weichen stellen zu können für eine erfolgreiche Wissenssicherung und damit auch für den Erhalt von Kompetenz in der Verwaltung.

Marco Weißer

Der Autor
Marco Weißer ist büroleitender Beamter in einer rheinland-pfälzischen Kommunalverwaltung, Buchautor, Seminarleiter, und Inhaber des Effico Instituts für Aus- und Fortbildung in Hundsangen/Westerwald