Coronaepidemie: Sicherheit von Ausstellern und Besuchern geht vor

Die Ausbreitung des Coronavirus erwischt die Veranstalter von Messen und anderen Großveranstaltungen kalt: Zur Absage bleibt angesichts der Gesundheitsgefährdung und auch des wirtschaftlichen Risikos praktisch keine Alternative. Denn im Grunde könnte ein einziger Infektionsfall bei einem Teilnehmer genügen, um alle Aussteller und Besucher in Quarantäne schicken zu müssen. Dieser Beitrag wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Entwicklung bei kommunalrelevanten Veranstaltungen mit Rang.

Durch die Ausbreitung des Corona-Virus steigt bei den Ausstellern und Besuchern von Messen, Tagungen und Konferenzen die Verunsicherung deutlich. Die Veranstalter fügen sich ins Unvermeidliche und sagen die Termine auf zunächst unbestimmte Zeit ab oder nennen gleich einen Nachholtermin später im Jahr. Die Gesundheitsgefahr und das wirtschaftliche Risiko sind zu hoch. Denn würde sich unter den Besuchern nur ein einziger Coronafall zeigen, wäre nicht auszuschließen, dass alle beteiligten Aussteller und Besucher in eine zweiwöchige Quarantäne geschickt werden.

Noch am 20. Februar hatte die Messe Frankfurt am Main Zuversicht verbreitet, was die Durchführung der Messe Light & Building Anfang März mit über 2600 Ausstellern betraf. Führende Unternehmen stünden zu ihrem internationalen Branchen-Event, so ließ der Veranstalter verlauten. Sie alle richteten sich nach den Empfehlungen von Weltgesundheitsorganisation, Behörden und Experten. Und deren Tenor sei, dass das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, sehr gering ist.

Vier Tage später ruderte man zurück und verlegte die Veranstaltung auf den Zeitraum 27. September bis 2. Oktober. Da hatte schon Signify als Weltmarktführer im Beleuchtungssektor seine Nichtteilnahme an der Weltleitmesse für Licht und Gebäudetechnik verkündet. „Obwohl wir uns sehr darauf gefreut haben, unsere Kunden zu treffen und unsere neuesten Innovationen auf der Light + Building zu präsentieren, möchten wir dazu beitragen, das Risiko einer weiteren Verbreitung des Virus einzudämmen“, so CEO Eric Rondolat. „Die Gesundheit, Sicherheit und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter, Kunden und Partner ist und bleibt unsere oberste Priorität.“

Nicht zu kalkulierendes Risiko für Besucher, Aussteller und Kunden

Kurzfristig hat der Bundesverband Breitbandausbau (Breko) auf die Corona-Entwicklung reagiert. Am 2. März verkündete er für seine Messe „Fiberdays20“ die Verschiebung von Anfang März gleich um mehr als ein halbes Jahr. Neuer Termin ist jetzt der 13. und 14. Oktober. „Aufgrund der sich veränderten Situation sehen wir ein nicht zu kalkulierendes Risiko für die Besucher, Aussteller, Kunden, Mitglieder und Mitarbeiter“, so Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers.

In die Abwägung der Messeabsage musste der Verband einbeziehen, dass die Anzahl der „Rückzieher“ von Unternehmen und Besuchern wegen sogenannter No Travel Policies kurz zuvor noch einmal sehr deutlich zugenommen hatte. Albers: „Das Ziel, Ausstellern und Besuchern den größten Nutzen aus einer Teilnahme an den Fiberdays20 zu bieten, lässt sich in der aktuellen Situation nicht realisieren.“

Wenige Tage später kam das vorläufige Aus für die Didacta, der renommierten internationalen Bildungsmesse. Über Wochen hatte die Messe Stuttgart in engem Kontakt mit den Gesundheitsbehörden des Landes Baden-Württemberg und den ideellen Trägern der Messe, dem Didacta-Verband und dem Verband Bildungsmedien, gestanden. Nachdem zuletzt die Zahl von Coronainfizierten in Deutschland deutlich gestiegen war und die Behörden zu einer neuen Risikoeinschätzung gekommen waren, verfügte das Ordnungsamt Leinfelden-Echterdingen auf dringende Empfehlung des zuständigen Gesundheitsamtes, dass die Didacta im März nicht stattfinden darf. Ein neuer Veranstaltungszeitraum ist aktuell in Prüfung, wird auf der Messe-Homepage vermeldet.

Auch bei den Ausstellern und Besuchern der Veranstaltungen der Messe Offenburg-Ortenau hat SARS-CoV-2 für Verunsicherung gesorgt. Nicht zuletzt wegen der teilweise ausgeprägten Besucherrückgänge bei gerade durchgeführten Messen sagte der Veranstalter am 9. März 2020 seine Eigenmessen ab. Darunter ist die Forst live, die Internationale Demo-Show für Forsttechnik, erneuerbare Energien und Outdoor, ursprünglich für 3. Bis 5. April angesetzt.

„Unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter vertrauen uns. Dieses Vertrauen können sie auch in kritischen Lagen haben“, betont Messe-Geschäftsführerin Sandra Kircher. „Diese Entscheidung ist allen Beteiligten sehr schwer gefallen. Aber angesichts der immer dynamischeren Entwicklungen ist dies leider erforderlich und unausweichlich“, erläutert Aufsichtsratsvorsitzender und Offenburger Oberbürgermeister Marco Steffens. Ein neuer Veranstaltungstermin wurde zunächst nicht genannt.

Ebenfalls am 9. März blies der Bundesverband Fuhrparkmanagement sein für 18. und 19. März in der Messe Düsseldorf geplantes Branchentreffen ab und verschob es auf den 27. und 28. Mai. „Auch wenn es eine schwere Entscheidung ist, eine für die Branche große und erfolgreiche Messe zu verschieben: Es muss alles getan werden, um das Risiko einer Infektion mit Corona zu vermeiden“, so Bundesverbandsvorsitzender Marc-Oliver Prinzing. Rund 250 Aussteller und über 3000 Besucher hatten sich für das Event im März bereits angemeldet.

Eine sehr kurze Halbwertszeit hatte Corona-bedingt die Einladung der NRW-Bank am 2. März zu einem Fachkongress zum Thema „Öffentliche Infrastrukturen“ in Weimar. Erstmals mit hoch interessanten Themen von neun deutschen Förderbanken gemeinsam für den 18. Und 19. März geplant, wurde die Veranstaltung bereits vier Tage später wieder abgesagt. Ein neuer Termin soll noch festgelegt werden.

Was wird mit der IFAT?

Zittern unterdessen bei der Messe München: Die Verantwortlichen dort beschäftigt aktuell die Frage, ob die IFAT 2020, die Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, wie geplant vom 4. Bis 8. Mai stattfinden kann. Seit 6. März werden auf der Messe-Homepage aktuelle Informationen zur IFAT im Zusammenhang mit dem Coronavirus gegeben. So etwa konkret zu geplanten Maßnahmen für die Eindämmung der Ansteckungsgefahr während der Veranstaltung und zu den Stornobedingungen für Aussteller.

Die Frage, wie Messen mit bereits gebuchten Eintrittskarten und den Teilnahmegebühren umgehen, dürfte in diesen Tagen bei Ausstellern und Besuchern, neben dem wichtigen Gesundheitsaspekt für die eigenen Mitarbeiter und die Kunden, zentral sein. Für die Messeveranstalter selbst und die Firmen, die Stände gebucht haben, wird die weitere Entwicklung bei der Coronaepidemie zum unkalkulierbaren Risiko.

Wer trägt den wirtschaftlichen Schaden, der mit der erzwungenen Absage einer Großveranstaltung verbunden ist, wer die Stornokosten der Unternehmen, die nicht schon frühzeitig ihre Buchung zurückgezogen haben? Zumindest für die Besucher und deren Eintrittskarten gibt es kulante Regelungen: Für Messen, die jüngst abgesagt wurden, gelten die Tickets weiterhin. Zumindest finden sich auf einem Teil der Messe-Homepages ausdrücklich entsprechende Hinweise.

Wolfram Markus