Bürgerbefragung in Norderstedt: Interesse an Kleinstwohnungen

Gebäude für eine wachsende Stadt: Norderstedt analysiert die Akzeptanz von Kleinstwohnungen bei der Bürgerschaft. Foto: Herbert Brüning

Wie werden wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten leben? Eine mögliche Lösung, um bezahlbaren Wohnraum und Klimaschutz zu verbinden, sind Kleinstwohnungen. Eine Bürgerbefragung der Stadt Norderstedt zeigt: Interesse an diesem Konzept ist in der Bevölkerung durchaus vorhanden.

Seit mehreren Jahren bietet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Kommunen die Möglichkeit, selbst Forschung für Nachhaltigkeit zu betreiben. Im Rahmen des „Wettbewerb Zukunftsstadt“ fördert das BMBF die Stadt Norderstedt (Schleswig-Holstein, rund 78.000 Einwohner) für eine Akzeptanzforschung zum Thema „Nachhaltig Wohnen“.

Vorangegangen waren in Phase I des Wettbewerbs die Erarbeitung von Leitzielen einer nachhaltigen Entwicklung mit Bevölkerung und Wirtschaft sowie in Phase II die Entwicklung eines Konzepts zur Umsetzung dieser Leitziele. In Phase III wird nun ein Teilaspekt näher erforscht. Es geht um die Frage, wie wir künftig in sehr kleinen Wohnungen bezahlbar und nachhaltig wohnen können und ob es hierfür genug Interesse und Akzeptanz in der Bevölkerung gibt.

Sozial und nachhaltig wohnen

Anlass für die Forschung ist der zunehmende Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Anzahl an Sozialwohnungen nimmt bereits seit Jahrzehnten ab. Norderstedt hat darauf mit einem Grundsatzbeschluss reagiert, wonach 50 Prozent der Wohnfläche im Geschosswohnungsbau als Sozialwohnungen zu bauen sind. In den nächsten Jahren werden mit den geburtenstarken Jahrgängen Millionen Menschen in Rente gehen.

Die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung lag 2021 durchschnittlich bei 944 Euro, während die mittlere Kaltmiete für Wohnungen in Norderstedt bei 14,41 Euro pro Quadratmeter lag. Das ist in anderen Hochpreisregionen kaum anders. Es braucht also Lösungen jenseits der etablierten Wege. Können sehr kleine Wohnungen einen Ausweg darstellen? Das könnte zugleich ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit im Neubau sein.

Nach einer vorbereitenden Bestandserhebung in der Wohnungswirtschaft, vor allem in Norderstedt und dem benachbarten Hamburg, wurde zusammen mit der Firma Efect Dialog Evaluation Consulting und dem Institut für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) eine Umfrage in der Norderstedter Bevölkerung durchgeführt. 1729 zufällig ausgewählte Personen haben sich an der Umfrage beteiligt. Die Ergebnisse: 32 Prozent der Befragten interessieren sich aktuell für Kleinstwohnungen, zwölf Prozent würden sogar gerne sofort einziehen. 54 Prozent können sich vorstellen, dass das Thema für sie in Zukunft interessant wäre.

Großes Interesse an Gemeinschaftsflächen

Die Wohnungsgröße der Kleinstwohnungen wurde über Fragen nach der maximalen Ausgabebereitschaft ermittelt. Demnach wollen oder können 23 Prozent der Befragten nicht mehr als 525 Euro monatlich für Wohnen ausgeben. Zum anderen wurde nach der gewünschten Wohnungsgröße bei einer Warmmiete von 15 Euro pro Quadratmeter gefragt: 13 Prozent würden sich dann für eine Wohnung mit maximal 35 Quadratmetern entscheiden, wenn es sie denn gäbe.

Interessiert zeigen sich vor allem sehr junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren sowie die Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen. 48 Prozent der an Kleinstwohnungen Interessierten würden dort allein einziehen, 47 Prozent zu zweit. Begründet wurde das Interesse an Kleinstwohnungen vor allem mit dem Interesse an einer nachhaltigen Bauweise, einer Reduzierung der Wohnkosten und der Möglichkeit zu sozialen Kontakten.

Bei den meisten Befragten besteht grundsätzlich Interesse an Gemeinschaftsflächen als Ergänzung zu den kleinen Wohnungen, beispielsweise Lagerflächen, Waschküche oder Garten. Dann müssten jedoch Voraussetzungen wie Sauberkeit und Sicherheit erfüllt sein. Zudem sind attraktive Freiflächen zur Kompensation der kleinen Wohnung laut den Befragten unverzichtbar. Gleichzeitig ist es für die Mehrheit wichtig, genug private Rückzugsmöglichkeiten zu haben.

Einer zentralen Lage innerhalb der Stadt wird hohe Bedeutung beigemessen. Bei der Abfrage nach Einsparmöglichkeiten zeigten 56 Prozent aller Befragten und 71 Prozent der an Kleinstwohnungen Interessierten eine große Bereitschaft, ohne ein eigenes Auto zu leben. Damit ließen sich Kosten für Stellplätze vermeiden. Die Voraussetzung dafür: bessere Bedingungen für die ÖPNV- und Radnutzung. Herbert Brüning, Jana Werg, Christian Hoffmann

Die Autoren: Herbert Brüning, Jana Werg und Christian Hoffmann sind Mitarbeiter der Stadtverwaltung Norderstedt und verantwortlich für das Projekt „Nachhaltiges Norderstedt“.