Breitbandausbau ohne Zuschüsse

In der jüngsten Zeit zeigen sich verstärkt Umsetzungsmodelle für den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in ländlichen Gebieten, die auf den Rückfluss der eingesetzten Investitionsmittel an den Finanzgeber setzen. Eine neue Studie benennt zwölf zentrale Erfolgsfaktoren solcher Investitionsvorhaben.

Ein umfassender Zugang zu Breitbandnetzen gilt heute nicht nur als Schlüssel zu ökonomischem Wachstum und Wohlstand Vielmehr schaffen Breitbandnetze die Voraussetzung für einen gesellschaftlichen Ausgleich innerhalb von Volkswirtschaften und repräsentieren somit stärker denn je die Grundlage für eine digitale Ökonomie und Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Dabei spielen bedingt durch stetig wachsende Anforderungen an die Übertragung von Daten insbesondere Breitbandnetze der nächsten Generation (Hochgeschwindigkeitsnetze) eine zentrale Rolle, scheinen doch erst deren Übertragungscharakteristika den Anforderungen eines wesentlich gesteigerten Datendurchsatzes Rechnung tragen zu können.

Angesichts hoher Investitionskosten sehen sich allerdings private Marktakteure gerade in sehr dünn besiedelten Gebieten beim Auf- und Ausbau solcher Hochgeschwindigkeitsnetze insbesondere mit der Herausforderung einer mangelnden Projektrentabilität konfrontiert. Die Konsequenz ist, dass in einer Vielzahl solcher Gebiete bisher häufig keine Erschließung allein „durch den Markt“ erfolgt.

Es stellt sich daher die Frage, wie sich der Auf- und Ausbau notwendiger Infrastrukturen gerade in solchen Regionen Deutschlands dennoch erfolgreich beleben lässt. In der jüngsten Zeit zeigen sich in Deutschland so vermehrt auch alternative Umsetzungsmodelle für den Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen in ländlichen Gebieten, die in der Umsetzung nicht primär auf die Bereitstellung öffentlicher Zuschüsse zur Schließung von Wirtschaftlichkeitslücken privater Marktteilnehmer abzielen. Diese alternativen Umsetzungsmodelle setzen vielmehr auf den Rückfluss der eingesetzten Investitionsmittel an den Finanzgeber.

Breitbandausbau ohne Zuschüsse

Genau diese Art von zuschussfreien Umsetzungsmodellen wurde in einer Studie der Broadband Academy (Kornwestheim) in Kooperation mit der Fuldaer Kanzlei Dr. Muth & Partner untersucht. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, welche Faktoren für erfolgreiche bzw. erfolgversprechende zuschussfreie Investitionsprojekte in Hochleistungsnetze in suburbanen und ländlichen Gebieten in Deutschland maßgeblich sind und welche Handlungsempfehlungen daraus abgeleitet werden können. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Ergebnisse und Erkenntnisse der Studie zusammen.

Als erfolgversprechende (bzw. erfolgreiche) Investitionsvorhaben im Sinne der Studie sind Projekte zu verstehen, in denen eine flächendeckende Versorgung auf Niveau eines Breitband-Hochgeschwindigkeitsnetzes (sog. Next Generation Access, NGA) auf den Weg der Umsetzung gebracht wurden und bei denen zur Realisierung dieser Umsetzung entweder gar keine öffentlichen Finanzmittel eingesetzt wurden oder für die eingesetzten öffentlichen Finanzmittel grundsätzlich die Möglichkeit des Rückflusses aus den Erträgen des Projekts bestand.

Der Fokus lag dabei auf einer Realisierung von Hochleistungsanschlüssen mit mindestens 50 Mbit/s im Downstream (dies entspricht der im Rahmen der Studie verwendeten Definition von Next Generation Access, NGA) in Gebieten mit einer Besiedelungsdichte von weniger als 200 Einwohnern je Quadratkilometer (bzw. Gemeinden mit weniger als 50.000 Einwohnern).

Kommunen spielen eine maßgebliche Rolle

Mit einem qualitativen Untersuchungsansatz wurden dafür insgesamt 38 Referenzprojekte in Deutschland untersucht. Die Auswahl der Projekte war dabei durch eine Vielfalt in deren Projektmerkmalen gekennzeichnet (verschiedene Bundesländer, unterschiedlichste Projektinitiatoren, unterschiedliche Strukturierungen von Ausbaugebieten, verschiedene Finanzierungs- und Ausbauansätze).

Die Auswertung der erhobenen Daten zeigte zunächst, dass zuschussfreie Investitionsvorhaben grundsätzlich durchaus auch in suburbanen und ländlichen Regionen als realisierbar erscheinen. Allerdings kommt in derartigen Projekten – und zwar unabhängig davon, ob die Projektfinanzierung von öffentlichen oder privaten Finanzgebern oder Investoren sichergestellt wird – Kommunen und kommunalen Akteuren in jedem Fall eine maßgebliche Rolle zu. Diese „kommunale Akteurshaftigkeit“ bildete daher den zentralen Ausgangspunkt der weitergehenden Untersuchung.

Zentrale Ergebnisse der Studie

Zu einer erfolgreichen Initiierung und Umsetzung von zuschussfreien NGA-Investitionsvorhaben kommt es im Wesentlichen nur dort, wo sich kommunale Entscheidungsträger und politische Gremien dieses Themas mit großem Einsatz sachkundig annehmen. Kommunen sollten sich dieser zentralen Rolle bewusst sein und sie aktiv gestalten. Dies erfordert eine entsprechende Unterstützung der kommunal Verantwortlichen insbesondere durch übergeordnete Instanzen (vgl. Länder- und Bundeskompetenzzentren).

Um den Projektträgern eine größtmögliche Flexibilität bei der Auswahl des Geschäftsmodells zu ermöglichen, sollten Beihilferegelungen die Förderung des Breitbandausbaus durch die Errichtung und Weitergabe (Vermietung) von Infrastrukturen durch die öffentliche Hand gleichermaßen zulässig sein wie der Einsatz von Zuschüssen. Es sollte somit möglichst auf Regelungen verzichtet werden, wonach vorrangig Geschäftsmodelle auszuwählen sind, die auf einer Infrastrukturerrichtung durch private Betreiber und die etwaige Gewährung von Zuschüssen an die Betreiber basieren, und wonach ein Eigenausbau durch die öffentliche Hand nur sekundär förderfähig ist.

Zudem zeigt sich, dass die Notwendigkeit für einen Zuschuss bei der Projektumsetzung tendenziell mit der Verkleinerung des Ausbaugebietes steigt. Je geringer die Flächendeckung, desto größer in der Tendenz die Wahrscheinlichkeit für ein Zuschussmodell. Im Sinne einer wirtschaftlichen, flächendeckenden Versorgung sollten daher beihilferechtliche Ausbauvorgaben eine möglichst große Flexibilität in der Gebietsstrukturierung erlauben.

In der Praxis bestehen Unsicherheiten, welche Auswirkungen beihilferechtliche Vorschriften auf die Eingrenzung von Ausbaugebieten im Einzelnen haben. Diese Fragen sollten unter Mitwirkung der EU-Kommission schrittweise gelöst werden.

Bei Regulierungsentscheidungen sind Einflüsse auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von NGA-Projekten, speziell im Hinblick auf Projekte in suburbanen und ländlichen Räumen, zu berücksichtigen. Vor allem sollte auf eine zielführende Kommunikation und eine hinreichende Transparenz von Regulierungsentscheidungen geachtet werden, um einer – mitunter unbegründeten – Sorge vor negativen Auswirkungen von Regulierungsentscheidungen auf NGA-Projekte vorzubeugen.

Bei beihilferechtlichen Regelungen ist darauf zu achten, dass deren Ausgestaltung zum einen eine größtmögliche Flexibilität in der Strukturierung von Umsetzungsmodellen erlaubt und zum anderen eine Kontinuität der hierfür maßgeblichen Rahmenbedingungen sicherstellt.

Darüber hinaus ist die Aufmerksamkeit stärker auf neue Anwendungsmöglichkeiten für NGA-Netze zu lenken. Entsprechend sollten Zielformulierungen im Rahmen der Breitbandstrategie durchaus verstärkt gerade auch anwendungsbezogene Aspekte umfassen. Flankierend können Förderwettbewerbe zur Entwicklung lokalspezifischer Anwendungen einen Anreiz für eine stärkere Fokussierung auf die Anwendungsseite darstellen

Die Erfolgsfaktoren

Die vorgenannten Erkenntnisse spiegeln im Wesentlichen zwölf Erfolgsfaktoren wider, die gleichzeitig auch die Bewertungs- und Prüfkriterien repräsentieren, die unterschiedliche Investoren bei der Bewertung entsprechender Investitionsvorhaben heranziehen sollten. Diese Erfolgsfaktoren strukturieren sich dabei in die vier Hauptbereiche Ausbaustrategie, Geschäftsplanung, Vermarktung und Projektbegleitung.

Die Ausbaustrategie

Die geplante Ausbaustrategie legt nicht nur die wesentlichen Parameter einer Projektumsetzung fest, sondern nimmt damit auch direkten Einfluss auf die Erfolgsaussichten eines jeden Investitionsvorhabens. Die hiermit verbundenen Erfolgsfaktoren sind der Zuschnitt des Ausbaugebietes, die Nutzung der Regulierungsverfügung über Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), Glasfaser als Ausbaumedium.

Die Geschäftsplanung

Grundlage für jedwede Investitionsentscheidung sollte ein solider kalkulierter Geschäftsplan sein, der möglichst realistisch Aufschluss über die Potentiale und Risiken des zukünftigen geschäftlichen Engagements liefert. Relevante Erfolgsfaktoren sind dabei: die Vermeidung von Synergieüberschätzungen, Liquidität in der Anlaufphase, eine präzise Marktpotenzialabschätzung.

Die Vermarktung

Die Akquisition von Teilnehmern bildet den Kern erfolgreicher Investitionsprojekte, ist aber selbst in ländlichen Räumen mit nur geringen Versorgungsstandards bei Weitem kein Selbstläufer. Entsprechend kommt der aktiven Vermarktung neuer Kommunikationsinfrastrukturen über den gesamten Projektzyklus hinweg – insbesondere aber gerade bei Projektstart – mit folgenden Erfolgsfaktoren eine zentrale Rolle zu: lokales Vermarktungs- und Vertriebskonzept, kommunale Unterstützung bei der Vermarktung, Stimulierung der Nachfrageseite.

Die Projektbegleitung

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass bei zuschussfreien Investitionsvorhaben aus vielfältigen Gründen eine aktive Projektbegleitung durch die Städte und Kommunen des betroffenen Ausbaugebietes erforderlich ist. Dies schließt dabei auch Projekte ein, in denen direkt keine Wertschöpfung von kommunaler Seite erbracht wird (z. B. marktgetriebener Ausbau eines Netzbetreibers). Die diesbezüglichen Erfolgsfaktoren sind dabei: das Engagement politischer Persönlichkeiten, die Einbindung von NGA-Infrastrukturen in kommunale Entwicklungskonzepte, die Existenz einer dedizierten kommunalen Projektleitung.

Marc Ullrich / Matthias Freund

Die Autoren
Dr. Marc Ullrich ist geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Broadband Academy in Bad Hersfeld, Dr. Matthias Freund ist Rechtsanwalt und Partner der Rechtsanwalts-Sozietät Dr. Muth & Partner in Fulda

Info: Download der Studie „Erfolgreiche Investitionsprojekte in Breitband-Hochleistungsnetze“ (PDF, 220 S., 3 MB, kostenfrei)