Besseres Wassermanagement durch Grünflächen

Bepflanzungen zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser: In Freiburg wird das bereits umgesetzt. Foto: BIT Ingenieure

Versickerungs- und Grünflächen sowie gezieltes Regenwassermanagement: Sie helfen Städten und Gemeinden dabei, sich an den Klimawandel anzupassen und die Lebensqualität zu erhöhen.

In der Siedlungsentwässerung ist die Klimaanpassung längst ein relevantes Thema geworden. Ein Leitbild dafür ist der naturnahe Wasserhaushalt. Überlegungen zum lokalen Wasserhaushalt sind im März 2022 mit dem Erscheinen des Merkblatts DWA-M°102-4/BWK-M°3-4 in das technische Regelwerk eingeflossen.

In den neuen technischen Regeln für die Siedlungsentwässerung ist der „Erhalt des lokalen Wasserhaushalts“ nun formell festgelegt und bietet zahlreiche Möglichkeiten, dem Klimawandel und seinen Auswirkungen zu begegnen – unter anderem bereits beim Erstellen von Bebauungsplänen. Für den Wasserhaushalt gibt es drei Bilanzgrößen:

  • den Direktabfluss von Regenwasser,
  • die Grundwasserneubildung durch Versickerung,
  • die Verdunstung.

Im naturnahen Zustand überwiegen Versickerung und Verdunstung. In stark versiegelten Gebieten ist hingegen der Direktabfluss vorherrschend, Niederschlagswasser wird möglichst schnell in Gewässer abgeleitet. Die Auswirkungen sind bekannt: Gewässer verändern ihre Struktur, mehr Abflussvolumen und höhere Spitzen führen zu Überlastungen und Überflutungen.

Auf versiegelten Flächen kann Wasser nicht versickern, eine Grundwasserneubildung wird verhindert, in der Folge sinken die Grundwasserstände. Bepflasterte, asphaltierte und bebaute Flächen heizen sich auf, die Temperaturen steigen, die Verdunstung ist gering. Um den Wasserhaushalt einem naturnahen Zustand anzugleichen, gibt es viele Möglichkeiten für Kommunen.

So sollte beim Bau neuer Wohn- und Gewerbegebiete die Flächenversiegelung so gering wie möglich gehalten werden. Möglich ist das unter anderem durch flächensparende Bauweisen bei Gebäuden und sickerfähige Beläge bei Verkehrsflächen wie beispielsweise Rasengittersteine für Parkplätze.

Mehr Vegetation und Versickerungsmöglichkeiten

Auch ein Mehr an Vegetation und Grünflächen, die das Versickern und Verdunsten von Regenwasser begünstigen, trägt dazu bei. Gespeichertes Niederschlagswasser kann zudem genutzt werden, um diese Flächen zu bewässern. Begrünt werden können nicht nur Freiflächen, sondern auch Dachflächen sowie Gebäudefassaden.

In einigen Städten wie beispielsweise Hamburg (1,8 Millionen Einwohner) oder Dortmund (Nordrhein-Westfalen, 587.000 Einwohner) wird die Gründachpflicht bereits in Bebauungsplänen festgeschrieben. Außerdem fördern zahlreiche Städte inzwischen die Begrünung von Dächern aus öffentlichen Geldern, dazu gehören unter anderem die Städte Leipzig (588.000 Einwohner) in Sachsen sowie Freiburg (230.000 Einwohner) in Baden-Württemberg.

Das Prinzip, Niederschlagswasser an Ort und Stelle aufzunehmen, wird mit dem Begriff „Schwammstadt“ zusammengefasst. Der Begriff beschreibt eine Infrastruktur, in der Regenwasser nicht abgeleitet, sondern wie mit einem Schwamm aufgesaugt und dosiert wieder genutzt wird. Zum „Aufsaugen“ von Niederschlagswasser sind ober- und unterirdische Versickerungsanlagen bereits erprobt.

So werden Parkplätze über Mulden entwässert, statt Regenwasser in Kanäle abzuleiten. Gewerbebetriebe versickern ihr Dachflächenwasser vor Ort, und auch komplexe Anlagen wie Rigolen oder Mulden-Rigolen-Systeme sind bei Kommunen inzwischen weit verbreitet. Sie verbessern nicht nur den Wasserhaushalt, sondern bieten außerdem bei Starkregen einen effektiven innerstädtischen Überflutungsschutz.

Die Folgen des Klimawandels abmildern

Ein naturnaher Wasserhaushalt in Städten und Gemeinden ist kein reiner Selbstzweck: Durch gezieltes Regenwassermanagement können die Folgen des Klimawandels abgemindert werden. Mehr Vegetation verschattet Gebäude und Wege, fördert die Verdunstung und sorgt so für niedrigere Temperaturen an heißen Tagen.

Gründächer und Versickerungsanlagen halten Regenwasser bei Starkregenereignissen besser zurück, sodass die Gefahr von Überflutungen sinkt. Konzertierte Maßnahmen zur Klimaanpassung tragen zu einem angenehmeren Stadtklima bei, mehr öffentliches Grün steigert das Wohlbefinden der Menschen in den Kommunen.

Nach den gerade verabschiedeten technischen Regeln sollte bei neu erschlossenen oder überplanten Siedlungsgebieten die Regenwasserbewirtschaftung bereits frühzeitig und mit professioneller Hilfe mitgedacht werden. So lässt sich das volle Potenzial der zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausschöpfen, um vielfältige Synergien zwischen Wasserhaushalt, Klimaanpassung, Überflutungsschutz sowie weiteren Zielen der Stadt- und Gemeindeentwicklung zu realisieren: wie Urbanität, Mobilität, Attraktivität oder Lebensqualität. Urte Paul

Die Autorin: Urte Paul ist Mitarbeiterin der BIT Ingenieure AG am Standort Freiburg.