Batterietechnologie als Baustein der Energiewende

Das alte Gas- und Kohlekraftwerk in Werdohl-Elverlingsen, Nordrhein-Westfalen, wurde 2018 zum Batterie-Speicherkraftwerk umfunktioniert. Foto: Adobe Stock/Inka

Um sich von den Abhängigkeiten im Energiesystem zu lösen, muss in Deutschland „grüne“ Energie erzeugt werden. Für diesen Wandel ist die Batterietechnologie in Häusern, Autos und öffentlichen Gebäuden ein essenzieller Baustein, sagt Batterieexperte Maximilian Fichtner. Haushalte können mit Großspeichern versorgt und Autobatterien weitergenutzt werden.

Kommunen, Privathaushalte und Wirtschaft stehen derzeit vor der wichtigen und drängenden Aufgabe, unser Energiesystem zu reformieren und auf eine nachhaltige Basis zu stellen. Nachhaltig heißt dabei auch, möglichst wenig Energie aus problematischen Quellen zu beziehen und stattdessen möglichst viel „grüne“ Energie im Inland zu erzeugen.

Durch den Ukrainekrieg und die damit offen zutage getretenen Abhängigkeiten unseres Energiesystems hat sich die bereits schon vorher offensichtliche Notwendigkeit zum Umsteuern noch einmal erhöht. Wie kann das gelingen? In letzter Zeit liest man häufig, wir würden das kaum schaffen können, da unser Energiebedarf zu hoch sei. Geht man von der Annahme aus, dass dieser so bleibt, kann das sogar richtig sein. Wir müssen also Energie sparen – und dabei vermeiden, dass es zu einer Deindustrialisierung kommt.

Dies gelingt, wenn wir konsequent auf ineffiziente Energiefresser verzichten und sie durch moderne, energiesparende Varianten ersetzen. Eine kleine Rechnung dazu: Wenn wir alle 48 Millionen Pkw, die derzeit auf Deutschlands Straßen fahren, bis 2040 komplett durch moderne Elektroautos ersetzen, benötigen wir hierfür 120 Terawattstunden (TWh) Strom zusätzlich pro Jahr. Das sind 24 Prozent unseres derzeitigen Strommarktes von etwa 500 TWh. Sorgen wir also bis 2040 dafür, dass jedes Jahr etwa ein Prozent zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Quellen stammt und stellen ihn den Pkw zur Verfügung, schaffen wir das. Derzeit bauen wir fünf Prozent zu!

Fossile Kraftstoffe einsparen

Gleichzeitig aber – und das wird oft übersehen – sparen wir die fossilen Kraftstoffe ein, die derzeit für den Pkw-Verkehr benötigt werden. Das sind massive 550 TWh pro Jahr, was den Zusatzaufwand von 120 TWh deutlich überwiegt. Möglich ist das, da ein Elektroauto deutlich weniger Energie verbraucht, etwa 18 Kilowattstunde (kWh) pro 100 Kilometer. Davon stammt derzeit die Hälfte, also neun kWh aus fossiler Energie. In den sechs Litern, die ein Diesel-Pkw pro 100 Kilometern verbraucht, stecken dagegen 56 kWh Energie – die zu 100 Prozent aus fossilen Quellen stammt.

Die Elektrifizierung des Verkehrs ist damit das größte Energiesparprogramm, das wir je hatten. Damit wird aber nicht nur Energie und CO2 eingespart, wir investieren auch in eine zukunftsweisende Technologie, die für eine wirtschaftliche Belebung sorgen wird. Ein wichtiger Baustein für diesen Wandel ist die Batterietechnologie. Sie erlaubt es, Erneuerbare Energie, die wechselhaft fließt, zwischenzuspeichern und flexibel zu nutzen. Im Auto, im Haus, in öffentlichen Gebäuden.

Die Entwicklung der Akkus für Elektroautos erfolgt dabei in einem fast schon atem-beraubenden Tempo. Für Pkw werden bereits nächstes Jahr die ersten Batteriemodelle angeboten werden, die Reichweiten von 1000 Kilometern erlauben und mit denen man 700 Kilometer Reichweite in zehn Minuten zuladen kann.

Ein zweites Leben

Die Haltbarkeit moderner Batterien liegt etwa bei einer Million Kilometern. Der Akku hat dann eine Restkapazität von 80 Prozent erreicht, die man als Kriterium für das „Lebensende“ der Batterie nimmt. Danach ist sie aber noch nicht kaputt, sondern kann zum Beispiel in einem Wind- oder Solarpark als „second-life“-Batterie noch jahrelang mithelfen, Strom auch stationär zu speichern. Die Kosten der Lithium-Ionenbatterie (LIB) sind ebenfalls stark im Wandel.

In den letzten zehn Jahren hat sich ihr Preis um 90 Prozent verringert, während sich gleichzeitig ihre Speicherkapazität verdoppelt bis verdreifacht hat. Dies wirkt sich direkt auf den Preis von E-Autos aus, zu dem die Batterie etwa ein Drittel beiträgt. Tatsächlich sind ersten E-Pkw für 20.000 Euro bereits in der Entwicklung.

Kobaltfreie Batterien kommen

Auch in Sachen Nachhaltigkeit tut sich viel. Das seltene und teure Kobalt, dessen Anteil pro Fahrzeug bereits seit Jahren immer geringer wird, wird bald vollständig aus der Fahrzeugbatterie verschwinden. Ersetzt wird es durch kobaltfreie Materialien, zum Beispiel durch das kostengünstige und ungiftige Eisenphosphat, das als häufiges Mineral in der Natur vorkommt. Tesla liefert seit Juni 2022 bereits 50 Prozent seiner Flotte kobaltfrei aus, die anderen Firmen folgen gerade.

Hierzu sollte vielleicht auch noch erwähnt werden, dass die früher (zu Recht) bemängelte Kinderarbeit bei der Kobaltgewinnung für E-Autos mittlerweile durch ein strenges Lieferkettengesetz ausgeschlossen ist. Kobalthaltige Materialien, die durch Kinderarbeit gewonnen werden, finden sich heute nur noch in Akkus von chinesischer Billigelektronik. Auch am Ersatz von Lithium wird gearbeitet und völlig neue Akku-Technologien werden zum Einsatz kommen, Natrium-Ionen-Akkus etwa.

Der weltgrößte Batteriehersteller CATL hat bekanntgegeben, 2023 in die Massen-produktion von Natrium-Ionen-Akkus einzusteigen. Diese Akkus enthalten dann keinerlei seltene oder kritische Rohstoffe mehr. Sie haben zwar derzeit noch den Nachteil einer etwas geringeren Speicherkapazität, lassen sich aber schnell beladen – auch bei tiefen Temperaturen. Sie sollen auch deutlich kostengünstiger als LIB werden und könnten damit auch für Großspeicher im stationären Einsatz geeignet sein.

Vielversprechende lokale Lösungen

A propos Großspeicher: Bei Monterey in Kalifornien werden derzeit zwei alte Gaskraftwerke durch einen Batteriespeicher ersetzt. Den baut man in den alten Gerätehallen des Kraftwerks auf – mit dem Vorteil, dass die ganze Infrastruktur und die elektrischen Anschlüsse bereits vorhanden sind. Der Speicher (derzeit 1,2 GWh, geplant sind sechs GWh) kann eine Stadt mit einer Million Haushalten für einen Tag mit elektrischem Strom versorgen.

Überall auf der Welt werden solche lokalen Lösungen vorangetrieben. Deutschland hat damit begonnen, hinkt aber hinterher. Gerade im kommunalen Bereich bieten sich interessante Lösungen an, die nicht nur sicher sind und weniger kosten, sondern auch eine lange Lebensdauer aufweisen. Maximilian Fichtner

Der Autor: Prof. Dr. Maximilian Fichtner ist Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm, Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und Sprecher des Exzellenzclusters „Energiespeicherung jenseits von Lithium“.