Neue Mitarbeiter zu finden, ist für kommunale Arbeitgeber keine leichte Aufgabe. Bereits in der Stellenanzeige gilt es, den künftigen Arbeitnehmer zu überzeugen und mit Alleinstellungsmerkmalen für sich zu gewinnen. Die Angestellten erwarten Entwicklungsmöglichkeiten und Innovationen.
Kommunen stehen nicht nur in Fragen der Standortentwicklung um Bauplätze, Industriegebiete oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten im Wettbewerb. Sie konkurrieren auch um Mitarbeiter. Diejenigen, die Gemeinden und Städte in Sachen Fortentwicklung und Innovation weiter voranbringen sollen.
Die Stellenanzeigen von öffentlichen Arbeitgebern übertreffen sich gegenseitig an Langeweile. Mit Aufzählungensstrichen sind die Punkte aufgeführt, die der Arbeitgeber bietet und auch die Eigenschaften, die er von Bewerbern erwartet. In 90 Prozent aller Fälle steht dort etwa flexible Arbeitszeiten, modern ausgestattete Arbeitsplätze oder gutes Betriebsklima. Ist dieses Angebot noch innovativ, wenn es Vertrauensarbeitszeit oder die lebensphasenorientierte Arbeitszeit gibt?
Personalmarketing – und in diesem Zusammenhang auch Arbeitgebermarketing – ist nicht Öffentlichkeitsarbeit und nicht Werbung. Unter Marketing kann man die Ausgestaltung von Austauschbeziehungen verstehen. Getauscht wird Arbeitskraft gegen Arbeitslohn. Aber diese Betrachtung scheint zu einfach. Das würde implizieren, dass bei guter Bezahlung auch gute Arbeitskräfte verfügbar sind. Das ist aber nicht so.
Mitarbeiter als Botschafter
Der Mensch ist komplex und hat Beziehungsbedürfnisse. Je nach Erfüllungsgrad dieser Bedürfnisse gibt es drei Kategorien hinsichtlich der emotionalen Bindung von Mitarbeitern an den Arbeitgeber: hoch, niedrig und gar nicht (mehr).
Die Zahl derer, die eine niedrige oder gar keine Bindung zum Arbeitgeber mehr
haben, stellt mit Abstand die größte Gruppe dar. Daher ist Personalmarketing zunächst Beziehungsmarketing. Es ist wie ein Wechselkurs: Was biete ich und was bekomme ich?
Es nützt wenig, wenn Kommunen eine Leistung, also ein Jobangebot, anbieten, wenn diese Leistung keiner haben will, weil sie nicht anziehend ist. Das beginnt bereits im Wettbewerb um Auszubildende. Auch dort sind ähnliche Worthülsen zu lesen wie spannende Ausbildung, tarifliche Bezahlung und gute Übernahmechancen, um nur drei zu nennen.
Viele Kommunen beschäftigen sich aber nicht damit, was sie im Verhältnis zu anderen umliegenden Kommunen positiv abhebt. Sie finden nicht die Employee Value Proposition, das Alleinstellungsmerkmal. Diese Eigenschaft gibt es auch im Marketing. Dort ist sie als Unique Selling Proposition bekannt. Wie wäre es denn im Ausbildungsbereich mit folgenden Attributen: Wunschgastausbildung, Auslandsaufenthalt oder einem Praktikum bei einer internationalen Organisation in Berlin, Brüssel oder Straßburg. Das spricht junge Menschen möglicherweise an. Könnte das Auswirkungen auf das Image und die Attraktivität der Gesamtverwaltung haben?
Es gibt Verwaltungen, die schreiben die rechtlichen Voraussetzungen aus dem Beamtenstatusgesetz in die Stellenausschreibung. Dort heißt es dann: Sie bieten die Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzustehen. Das spricht junge Menschen nicht an. Da müssen Verwaltungen innovativer werden, um an den Lebenswelten der Generationen Y und Z (geboren nach 1980) anzuknüpfen. Und bei anderen Stellen wären Faktoren wie individuelle Arbeitszeiten, angepasst an Pflegezeiten von Angehörigen oder Kindern, Magneten für potenzielle Kandidaten. Oder eine Personalentwicklung, die an den eigenen Talenten anknüpft und diese professionell weiterentwickelt, würde neue Mitarbeiter anlocken.
Frischer Wind in der Verwaltung
Aber man muss den „innovativen Wind“ auch in andere Bereiche der Institution mitnehmen. Damit die Mitarbeiter als die besten Botschafter für einen tollen Arbeitgeber genau die Informationen nach außen streuen, die eine Kommune auch mit dem besten Werbefilm nicht transportieren kann. Zudem sind diese Botschaften authentisch und glaubhaft. Der Arbeitgebermarkt wandelt sich zu einem Arbeitnehmermarkt, in dem die Arbeitskräfte auch fordernd im Vorstellungsgespräch auftreten, weil die Situation es ermöglicht.
Die Autoren Anja Förster und Peter Kreuz stellen in dem Buch „Zündstoff für Andersdenkende“ die Frage: „Wann haben Sie zum letzten Mal etwas zum ersten Mal getan?“ Das ist eine Herangehensweise, die im öffentlichen Dienst fremd ist. Dort herrscht oft eine Trägheit gegenüber Innovationen. Wege und Strategien neu denken, bringt frischen Wind in Prozesse.
Sensibel sein ist wichtig, wenn man das Ohr nahe an der Belegschaft hat. Dazu gehört auch, bestimmte Erwartungen (Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle) zu erfüllen. Ansonsten könnten sich die Mitarbeiter auf eine „partizipatorische Spielwiese“ gelockt sehen und merken dann irgendwann, dass hier nichts passiert. Als Arbeitgeber würde man zu viele Abbuchungen auf dem Beziehungskonto des Mitarbeiters machen. Eine Konsequenz kann sein, dass das Personal dann zur Gruppe der niedrig oder nicht (mehr) motivierten Mitarbeiter überlauft.
Wenn bekannt ist, was Mitarbeiter gut finden und was sie an Arbeitgebern schätzen, müssen diese Aspekte, konform mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Landesgleichstellungsgesetz, in eine Stellenausschreibung formuliert werden. So stünde die Basis, dass der Arbeitgeber nach außen kompetent, sympathisch und wie ein Bewerbermagnet auftritt – und mehr zu bieten hat als einen sicheren Arbeitsplatz.
Marco Weißer
Der Autor
Marco Weißer ist büroleitender Beamter in einer rheinlandpfälzischen Kommunalverwaltung, Buchautor, Seminarleiter und Inhaber des Effico Instituts für Aus- und Fortbildung in Hundsangen/Westerwald