Im Fall der Anordnung, einen AltbauBau- und Planungsrecht abzureißen, hat der verfügende Landkreis die erforderliche Ermessensabwägung nicht durchgeführt. (OVG Nordrhein-Westfalen vom 24. Februar 2016 – AZ 7 A 19/14)
Der Rheinisch-Bergische Kreis hatte der Eigentümerin eines vor Kriegsende in Kürten errichteten Wohnhauses im Sommer 2012 aufgegeben, das Gebäude zu beseitigen, und später ein Zwangsgeld angedroht. Für dieses Gebäude existiere keine Baugenehmigung. Wegen seiner Lage im Außenbereich sei das Gebäude auch nicht genehmigungsfähig. Gegenüber der in dem Haus lebenden Mutter der Eigentümerin erließ der Kreis eine Duldungsverfügung. Das Verwaltungsgericht wies die dagegen gerichteten Klagen im Jahr 2013 ab. Die Berufungen hatten Erfolg.
Zur Begründung führte das OVG aus, der Landkreis hatte erwägen müssen, aufgrund einer sogenannten „Stichtagsregelung“ gegen den „Schwarzbau“ nicht einzuschreiten. Denn das Wohnhaus sei bereits vor Ende des Zweiten Weltkrieges errichtet worden. Für das Nichteinschreiten spreche nicht nur, dass das Gebäude seit mehr als 70 Jahren existiere und die Bauaufsichtsbehörde in diesem langen Zeitraum nichts dagegen unternommen habe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass vielfach Aktenbestände – sei es bei den Behörden, sei es in der Hand der hinsichtlich einer Baugenehmigung beweisbelasteten privaten Eigentümer oder ihrer Rechtsvorgänger – durch die Kriegsereignisse unvollständig geworden oder ganz verloren gegangen seien. Nach so langer Zeit fänden sich schließlich zumeist auch keine Zeugen mehr, die Auskunft über die Umstände der Errichtung eines Gebäudes geben könnten.
Diese Gesichtspunkte müsse die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer im Gesetz vorgesehenen Ermessensbetätigung prüfen und angemessen berücksichtigen. Dies habe der beklagte Kreis in diesem Fall versäumt.
Red.