Abwesenheitsnotiz

Versendet der Auftraggeber ein Vorabinformationsschreiben per e-Mail und erhält er eine Abwesenheitsnotiz des Bieters, darf er sich nicht auf den Zugang dieser E-Mail berufen. (OLG München vom 15. März 2012 – AZ Verg 2/12)

In einem europaweiten offenen Verfahren beabsichtigte die ausschreibende Autobahninspektion, den Zuschlag zu erteilen. Dem Vertreter der unterlegenen Bietergemeinschaft übersandte sie ein Absageschreiben per e-Mail und erhielt eine automatische Abwesenheitsnotiz. Unverzüglich nach seiner Rückkehr rügte der Bieter die beabsichtigte Vergabe.

Den Einwand der Vergabestelle, diese Rüge sei verspätet, lehnte das Gericht ab. Die Vergabestelle wusste, dass der Bieter keine Möglichkeit hatte, von dem Absageschreiben zu erfahren. Aus diesem Grund sei es treuwidrig, sich auf den Zugang der Nachricht zu berufen. Grundlage dieser Entscheidung ist, dass mit Angebotsabgabe zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und seinem Bieter ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis entsteht. Daraus entstehen Rücksichtnahmepflichten auch für die Vergabestelle. Der Bieter hat durch die Einrichtung einer automatischen Abwesenheitsnotiz seiner Sorgfaltspflicht im Geschäftsverkehr genügt.

Ute Jasper / Jens Biemann