Mehr Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft

Abgefräster Asphalt – der Straßenbau geht voran: „Mit fast 98 Prozent erreichen wir hier die höchsten Verwertungsquoten“, so Felix Pakleppa. Foto: Adobe Stock/Werner

Zwischen Umweltzielen und bezahlbarem Wohnen: In diesem Spannungsfeld verortet ZDB-Präsident Felix Pakleppa seinen Verband. Er erläutert die Forderungen für seine Branche und appelliert an die Kommunen, auf dem Nachhaltigkeitsweg mitzuziehen.

Die Bauwirtschaft hat ihren Fokus in den zurückliegenden Jahrzehnten vorwiegend auf das energieeffiziente Bauen gerichtet. Vor allem die Nutzungsphase eines Gebäudes stand im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsbestrebungen. Schon länger ist aber allen Akteuren in der Wertschöpfungskette bewusst, dass es einer ganzheitlichen Betrachtung des Sektors bedarf.

Denn dringend notwendige Ziele wie die Energiewende, der großflächige Wohnungsbau oder die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur sind mit einem hohen Ressourcen-einsatz verbunden. Umso wichtiger ist es, dass beim Bauen anfallende mineralische Bauabfälle im Sinne der Kreislaufwirtschaft aufbereitet und erneut genutzt werden.

Recycling in der Bauwirtschaft steigern

Von den insgesamt 220 Millionen Tonnen mineralischen Bauabfällen, die 2020 anfielen, wurden über 197 Millionen Tonnen, also rund 90 Prozent, einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt. Die mineralischen Bauabfälle werden mittlerweile nahezu vollständig im Stoffkreislauf geführt, wodurch Deponien entlastet und Primärrohstoffe geschont werden. Mit fast 98 Prozent erreichen wir die höchsten Verwertungsquoten im Straßenbau. Bauschutt kann heute zu rund 93 Prozent neuen Verwendungen zugeführt werden.

Für eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaft ist aber eine deutliche Steigerung des Recyclings essentiell, beispielsweise bei Gesteinskörnungen, bei denen erst rund 13 Prozent des Bedarfs Recycling-Baustoffe decken. Um den Markt entsprechend zu öffnen, bedarf es rechtssicherer und einfacherer Verwertungs- und Einbaukriterien. Insbesondere muss der Einsatz von gütegesicherten Recyclingbaustoffen gefördert werden.

Der rechtssichere Produktstatus ist hier die Grundvoraussetzung für die Marktakzeptanz. Wir fordern, dass qualitätsgesicherte Recyclingbaustoffe unter klar formulierten Bedingungen den Status des Abfalls verlieren und mit Primärrohstoffen im Produktstatus gleichgestellt werden. Eine Abfallverordnung hat das Potenzial, den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen deutlich stärker zu fördern.

Mehr Verantwortung für Bauherren

Bei der umweltfreundlichen Beschaffung kommen insbesondere der öffentlichen Hand eine besondere Verantwortung und eine Vorbildfunktion zu. Im novellierten Kreislauf-wirtschaftsgesetz ist zwar der Bund in Form einer konditionierten Bevorzugungspflicht für umweltfreundliche Produkte verankert worden, aber dieser Selbstverpflichtung muss auch konsequent und transparent gefolgt werden. Ebenso sollten Länder und Kommunen freiwillig ihrer Vorbildwirkung nachkommen und zumindest produktneutral ausschreiben.

Die Entsorgung aller anfallenden Bau- und Abbruchabfälle muss bereits bei der Planung eines Bauvorhabens sowie eines Abbruchs mitgedacht werden. Nur so kann eine sortenreine Trennung der Abfälle sowie ein Recycling oder ein anderes Verwertungs-verfahren nach den hohen Maßstäben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelingen. Bisher ist weder die Verantwortung des Bauherrn für die umweltgerechte Planung seiner Baumaßnahme noch für die erforderlichen Voruntersuchungen im Abfallrecht geregelt.

Diese Regelungslücken schaden der Kreislaufwirtschaft im Bau und schmälern die Recycling- und Verwertungsquoten. Der ZDB setzt sich deshalb dafür ein, dass der Bauherr als Abfallerzeuger im Kreislaufwirtschaftsgesetz und den untergeordneten Rechtsakten definiert wird und damit auch rechtsverbindlich die Verantwortung für die von ihm gewünschte Baumaßnahme übernimmt.

Plädoyer für eine andere Deponiestrategie

In den letzten Jahren ist eine sich zuspitzende Entwicklung im Bereich der Entsorgung mineralischer Bauabfälle zu verzeichnen, die sich in steigenden Kosten, Entsorgungs-engpässen und unverhältnismäßig langen Transportwegen zur Verwertung oder Beseitigung zeigt.

Dabei wird geeigneter Deponieraum regional immer knapper. Es muss oft eine Transportstrecke von mehr als 100 Kilometern von der Baustelle in Kauf genommen werden. Hier müssen dringend ortsnahe Entsorgungslogistiken geschaffen werden. Wir fordern eine Entlastung der Kommunen bei der Deponieplanung durch eine übergreifende Deponiestrategie auf Länder- und Bundesebene.

Ressourceneffizienz betrifft auch den Verpackungsbereich: Das System der erweiterten Produktverantwortung stößt bei der Rücknahme und Verwertung von Verpackungen regelmäßig an Grenzen. Das Problem ist bereits seit langem bekannt, aber noch immer nicht gelöst: In der handwerklichen Praxis ist eine Trennung zwischen Verkaufs- und Transportverpackungen oftmals nicht mehr realisierbar.

Zudem steht den gewerblichen Anfallstellen wie Industrieanlagen oder Gewerbeobjekten, wo der Abfall zusammengefasst und bis zur Abholung zur Recyclinganlage gelagert wird, in der Regel eine kostenfreie Nutzung Gelber Tonnen in den Kommunen nicht zur Verfügung. Anfallstellen werden entgegen der Intention der erweiterten Produkt-verantwortung zu Kosten der Rücknahme und Entsorgung herangezogen.

Der Königsweg in die Zukunft

Beim Bauen mit heimischen Primärrohstoffen und Sekundärrohstoffen entfallen lange Transportwege; der Ausstoß von Treibhausgasen wird reduziert. Die Verfügbarkeit von heimischen Baustoffen, ob primär oder sekundär, verringert die Abhängigkeit von den internationalen Rohstoffmärkten und den damit verbundenen Preis- und Lieferrisiken.

Darüber hinaus verbleiben die Wertschöpfung sowie Investitionen im eigenen Land. Die Umsetzung wichtiger Bauaufgaben im Wohnungsbau, der energetischen Sanierung, des Bau- und Ausbaus des deutschen Straßen- und Schienennetzes sowie zur Erreichung der Klimaschutzziele wird ermöglicht.

Gleichzeitig ist der Ausbau der Kreislaufwirtschaft der wichtigste Hebel für Ressourcen-effizienz und mehr Nachhaltigkeit. Bereits in der Planungsphase sollte bei der Auswahl der Baustoffe auf deren Kreislauffähigkeit geachtet werden.

Vielleicht könnte der Königsweg zum nachhaltigen und günstigen Bauen der Zukunft so aussehen: Vorhandene Ressourcen aus dem anthropogenen Lager nutzen, ergänzend natürliche Ressourcen im eigenen Land verwenden, nachwachsende Ressourcen nachhaltig nutzen, Stoffströme schließen, neue Lieferketten aufbauen, regionale Materialien verwenden, Planung und Rückbau zusammen denken und das alles digital unterstützen. Felix Pakleppa

Der Autor: Felix Pakleppa ist Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB).