Zutritt ohne Schlüssel

Zutritt; Zutrittskontrolle; Sicherheit; Gebäudesicherheit; KRITIS; Schließsystem; Transponder
Elektronische Schließsysteme funktionieren über Transponder, die problemlos ausgewechselt werden können, wenn sie verloren gehen – und bieten neben dem Türöffnen zahlreiche weitere (Sicherheits-)Funktionen. Foto: Adobe Stock/ImageFlow

Der Zutritt in Rathäuser, kommunale Betriebe oder auch Schulen und Kindergärten muss optimal geschützt werden: vor Diebstahl, Vandalismus und kriminellen Angriffen. Axel Schmidt erklärt, worauf es aus Sicht des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik ankommt.

Exemplarisch ist der Fall einer süddeutschen Gemeinde: Unbekannte Täter stahlen aus dem Bauamt die Schlüssel für 70 städtische Gebäude und versenkten sie in einem Fluss. Rund 150.000 Euro hätte ein Austausch der mechanischen Schließanlage gekostet.

Der Rat entschied sich für eine weitaus bessere Alternative: Sämtliche Außentüren und publikumsrelevanten Innentüren wurden mit einem einheitlichen elektronischen Schließsystem ausgestattet. Als „Schlüssel“ dienen Transponder, die mit unterschiedlichen Schließberechtigungen codierbar sind.

Es gibt keine Schlüssel mehr, weshalb keine Schließzylinder mehr ausgetauscht werden müssen. Stattdessen werden Türen und Tore mit einem elektronischen Identifikationsmedium, etwa einer Chipkarte oder einem Transponder, geöffnet. Der Bürgermeister kommt mit seiner Codierung in alle für ihn relevanten Räume. Wenn eine Karte verloren geht, kann der Zugangscode durch einen einfachen Programmierschritt in der Software des Zutrittsmanagements geändert und das Medium ersetzt werden.

Den meisten Immobilienbetreibern bleibt ein solcher „Anstoß“, wie er der erwähnten Gemeinde widerfahren ist, erspart. Allerdings nicht die Auseinandersetzung mit dem Thema. Während der Coronapandemie zum Beispiel konnten viele Organisationen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen nur mithilfe elektronischer Zutrittssteuerungen die notwendigen Kontaktbeschränkungen umsetzen und ihren Betrieb aufrechterhalten. Wer sich sozusagen gezwungenermaßen mit den Details der Technik befasste, lernte zugleich die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten im Normalbetrieb kennen.

Mehr als „nur“ Zutritt

Die modernen Systeme heben den Zutritt auf ein neues Level. Sie stellen sicher, dass Mitarbeiter oder Besucher nur für sie bestimmte beziehungsweise freigegebene Bereiche zu definierten Zeiten betreten. Mittels eines elektronischen Ausweises, der beispielsweise an der Pforte oder vom Bürgerbüro ausgehändigt worden ist, haben sie Zugang zu Fachämtern oder Abteilungen.

Zudem lässt sich eine Zutrittssteuerung mit Gefahrenmeldeanlagen wie Einbruchmelde- oder Videosicherheitssystemen verknüpfen. Sie melden sofort fehlgeschlagene Identifikationen, zu lange geöffnete Türen oder die gewaltsame Öffnung von Zugängen. Durch Schnittstellen zu weiteren administrativen Systemen wie einer Arbeitszeiterfassung oder einem Kantinenabrechnungssystem sind sie Teil eines intelligenten, online vernetzten Gebäudemanagements.

Nicht überall lässt sich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ein voll vernetztes Schließsystem realisieren. Oder aber das definierte Schutzziel für ein bestimmtes Gebäude macht das nicht erforderlich. In diesem Fall schließt ein mechatronisches Schließsystem die Lücke zwischen einer mechanischen und einer elektronischen Online-Zutrittssteuerungsanlage. Als Verriegelungselement dient, wie bei einem rein mechanischen System, ein Einsteckschloss. Die Schließberechtigung wird aber nicht über einen mechanischen Schlüssel geprüft, sondern zusätzlich durch ein elektronisches Medium. Es lässt sich individuell für Zutritte innerhalb bestimmter Zeiträume programmieren.

Alles ist miteinander verbunden

Mechatronische Systeme sind dabei keine „Insellösungen“ mehr. Sie sind in der Regel über ein sogenanntes virtuelles Netzwerk an die übergeordnete Zutrittskontrollzentrale angeschlossen. Ergänzend hierzu gibt es Systeme, bei denen die mechatronischen Zutrittsprodukte von einzelnen Türen oder Gegenständen, etwa von Schränken oder Spinden, über ein Funknetzwerk mit einer zentralen Software verbunden sind.

Diese Variante nennt sich dezentral gesteuertes Zutrittssystem. Mit ihm bleibt die Zutrittssteuerung auch bei einem Server- oder Netzwerkausfall in Funktion. Denn die zentral programmierten Daten werden in dezentralen, mit den Zutrittspunkten verbundenen Terminals gespeichert.

Hohe Sicherheit

Die online- oder funkvernetzten Zutrittssteuerungssysteme verfügen über sehr hohe Sicherheitsstandards. Sie werden in der Regel auf autarken Servern der Anbieter oder in eigenen Netzwerkbereichen gehostet. Bei cloudbasierten Systemlösungen ist die IT-Sicherheit in der Regel höher und aktueller, als dies in Unternehmens- oder Behördennetzwerken üblicherweise der Fall ist.

Die online- oder funkvernetzten Zutrittssteuerungssysteme verfügen über sehr hohe Sicherheitsstandards. Sie werden in der Regel auf autarken Servern der Anbieter oder in eigenen Netzwerkbereichen gehostet. Bei cloudbasierten Systemlösungen ist die IT-Sicherheit in der Regel höher und aktueller, als dies in Unternehmens- oder Behördennetzwerken üblicherweise der Fall ist.

Viele Großstädte, aber auch kleinere Gemeinden befassen sich mit Konzepten, um ihre Kritische Infrastrukturen wie Wasser- und Energieversorger, Entsorgungsbetriebe sowie Rettungsdienste, Polizei und Krankenhäuser mit elektronischen Zutrittssteuerungen bestmöglich zu schützen.

Der BHE-Praxisratgeber „Zutrittssteuerung“ geht auf die vielfältige Thematik ein. Das Nachschlagewerk vermittelt einen umfassenden Überblick über den grundsätzlichen Aufbau von Zutrittssteuerungsanlagen und mechatronischen Schließsystemen sowie den relevanten Normen und Richtlinien. Es enthält zudem Informationen über unterschiedliche Erkennungsmethoden, sichere Vernetzungstechnologien und weitere wichtige Themen.

Axel Schmidt


Der Autor

Axel Schmidt ist Vorsitzender im Fachausschuss Zutritt beim BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. (www.bhe.de).