Wie stressig ist berufsbegleitendes Studieren im öffentlichen Dienst?

Wie hoch ist das Stressempfinden von dual Studierenden? Das hat eine Studie untersucht. Foto: Adobe Stock/hkama

Immer mehr Studierende wählen den dualen Weg. Sind sie deshalb gestresster als in Vollzeit Studierende? Psychologin Claudia Dickhäuser geht dieser Frage nach.

Duales und berufsbegleitendes Studieren wird immer beliebter. Gleichzeitig berichten Medien und Studierende über ein hohes Maß an Stresserleben durch verdichtete Theoriephasen im Wechsel mit arbeitsreichen Praxisphasen statt erholsamer vorlesungsfreier Zeit. „Obwohl die Stressbelastung während des Studiums manchmal übergroß erschien, würde ich mich jederzeit wieder dafür entscheiden: Ich habe nie wieder so intensiv gelernt“, so eine Absolventin des Studiengangs „Public Management“ in Ludwigsburg.

Doch welches Ausmaß und welche Art von Stress erleben die Studierenden in dualen Studiengängen im Vergleich zu einer repräsentativen Vergleichsgruppe (Normgruppe) − einem Querschnitt durch die Bevölkerung?

An der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg etwa werden verschiedene duale und berufsbegleitende zur Vorbereitung auf Führungsaufgaben in der öffentlichen Verwaltung angeboten. Am Beispiel des Studiengangs der Steuerverwaltung wurde 2019 mithilfe eines etablierten Stressfragebogens, dem Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS), eine Stressanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse hier unter folgenden Stressaspekten dargestellt werden:

  • Arbeitsüberlastung: quantitative Arbeitsüberlastung, Arbeitsmenge,
  • soziale Überlastung: soziale Anforderungen und Verpflichtungen,
  • Erfolgsdruck: Druck, erfolgreich sein zu müssen und Fehler zu vermeiden,
  • Unzufriedenheit mit der Arbeit: mangelnde Freude bei den zu erledigenden Aufgaben,
  • Überforderung bei der Arbeit: die Anforderungen der Aufgaben übersteigen die Fähigkeiten,
  • Mangel an sozialer Anerkennung: Stress durch mangelnde Anerkennung und Belohnung,
  • soziale Spannung: Stress durch nicht gelöste Konflikte oder zwischenmenschliche Spannungen,
  • soziale Isolation, Mangel an sozialen Kontakten: soziale Ressourcen wie Ermutigung und Zuneigung stehen nicht ausreichend zur Verfügung,
  • chronische Besorgnis: sorgenvolle Gedanken und Befürchtungen,
  • Screening Skala zum chronischen Stress: chronischer Stress.

Insgesamt höheres Stresslevel

Abbildung 1

Aus Abbildung 1 wird schnell deutlich, dass die dual Studierenden insgesamt mehr Stress erleben als die sogenannte Normstichprobe (weiße Linie): Die hellgrüne und die dunkelgrüne Linie befinden sich für fast alle Skalen des Stressfragebogens über der weißen Linie.

Auffällig weniger Stress als die Normstichprobe und auch im Vergleich zur Theoriephase erleben die Studierenden in der Praxisphase (in den Verwaltungen) auf der Skala „Soziale Spannung“: Hohe Werte weisen auf zwischenmenschliche Konflikte und offene oder verdeckte Spannungen hin. Offensichtlich erleben die Studierenden die Praxisphase als recht harmonisch, worauf auch die Skala „Soziale Überlastung“ hindeutet.

Auffällig viel Stress erleben die Studierenden im Bereich „Überforderung“, sowohl in der Theorie- als auch in der Praxisphase, und „Arbeitsüberlastung“ (vor allem in der Theoriephase). Während die Skala „Arbeitsüberlastung“ vor allem die quantitative Überlastung umfasst, also ein Zuviel (an Stoff, an Aufgaben), fokussiert die Skala „Überforderung bei der Arbeit“ die Komplexität der Anforderungen, also ob etwas zu schwierig ist.

Soziale Unterstützung und solides Zeitmanagement als Lösung

Insgesamt zeigt sich ein deutlich höheres Stresslevel der Studierenden in der Theoriephase als in der Praxisphase in den Verwaltungen. Dieser Befund entspricht auch anderen Untersuchungen zu diesem Thema. Vor allem die hohe Stoffdichte (sehr viel Stoff ist in den kurzen Theoriephasen zu bearbeiten) und der Schwierigkeitsgrad führen in vielen Fällen zu einem Gefühl der Überforderung. Umso wichtiger erscheint es, Zeit in die Planung gerade der Theoriephasen eines dualen Studiums zu investieren.

Vor allem die soziale Unterstützung in Form von Lerngruppen, durch Freunde und Familie ist hier zentral. Manche Studiengänge umfassen sogar ein professionelles psychologisches Coaching als Studieninhalt, damit die eigenen Ressourcen bestmöglich genutzt werden können.

Ein solides Zeitmanagement trägt dazu bei, dass die Stressbelastung in den Prüfungsphasen bewältigt werden kann. Die eigene Widerstandsfähigkeit im Umgang mit Stress kann durch Achtsamkeit, Selbstwirksamkeitserleben und durch bewusste Entspannungsphasen gestärkt werden. Der wichtigste Faktor aber bleibt die Fähigkeit, sich selbst immer wieder neu zu motivieren – für eine heraufordernde Phase im Leben, in der möglicherweise so intensiv gelernt wird wie nie. Claudia Dickhäuser

Die Autorin: Prof. Dr. Claudia Dickhäuser lehrt Psychologie an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg.