Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus?

Die VDE-Vision für die Zukunft: Eine vielfältigere, digitale und klimaverträgliche Mobilität mit vernetzten Angeboten, die sich über digitale Plattformen buchen lassen. Ergänzt idealerweise durch Flugtaxis und Drohnen in der Luft. Foto: Adobe Stock/Solveig

Der VDE plädiert für neue Wege im Straßen-, Luft- und Schienenverkehr. Die Vorgaben dafür kommen zwar vom Bund, den Instrumentenkasten aber haben die Kommunen, betont Mobilitätsexperte Ralf Petri – und sagt, worauf es ankommt.

Die bisherige Verkehrsplanung war stark Auto-zentriert. Das zeigt sich an der stetig steigenden Pkw-Fahrleistung in den letzten Jahrzehnten – und führt unvermeidlich zu einem Spannungsfeld zwischen nachhaltiger Verkehrspolitik, individuellen Mobilitätsbedürfnissen sowie gestiegenen Umwelt-und Gesundheitsanforderungen.

Die Mobilität der Gegenwart steht dabei im Gegensatz zu den Visionen für die Mobilität der Zukunft und deren Versprechen: eine vielfältigere, digitale und klimaverträglichere Mobilität mit vernetzten Angeboten, die sich über digitale Plattformen buchen lassen. Ergänzt idealerweise durch Flugtaxis und Drohnen in der Luft.

Je offener sich Kommunen für derartige Veränderungsprozesse zeigen und je ideologiefreier potenzielle Lösungen diskutiert werden können, desto erfolgreicher und attraktiver werden kommunale Verkehrs- und Mobilitätsangebote auch in Zukunft sein. Die neuen Angebote werden sich jedoch nicht von allein einstellen. Stillstand und Abwarten sind keine Optionen, mutiges Angehen und Visionen sind erforderlich.

Mobilität der Zukunft

Ein Blick in die USA zeigt, wie die Mobilität der Zukunft auch aussehen könnte: Große Mobilitätsplattformen bieten komfortable und schnell umsetzbare On-demand-Lösungen als Alternative zum klassischen ÖPNV. Damit aber würden Kommunen jegliche Handlungsoptionen und Entscheidungskompetenzen abgeben. Damit es nicht so weit kommt, sind folgende Voraussetzungen notwendig:

  • Erstellung eines Leitbilds oder einer Vision für die Mobilität der Zukunft in der jeweiligen Kommune,
  • ausreichend personelle Kapazitäten und Ressourcen bei der Planung und Finanzierung der Vorhaben,
  • klarer Veränderungswille und politische Einigkeit über die notwendigen Maßnahmen,
  • Vorteilskommunikation und Abholen bzw. Mitnahme der Bevölkerung bei Veränderungsprozessen.

Wird Mobilität als Teil der Daseinsvorsorge betrachtet, sollten alle Fortbewegungsmittel einfach nutzbar, bezahlbar, leise, sicher und nachhaltig, das heißt schadstofffrei sein. Dies führt zu einer lebenswerten und attraktiven Kommune mit kurzen Wegen und attraktiver Fahrradinfrastruktur. Gute Beispiele hierfür sind Barcelona, Paris oder Amsterdam.

Gemessen am Modal-Split, also der Verteilung auf verschiedene Verkehrsträger oder Verkehrsmittel, gilt es, in Deutschland die Pkw-Verkehrsleistung zu reduzieren und gleichzeitig ÖPNV, Fahrrad sowie Sharing-Angebote zu fördern und auszubauen.

Jedoch gibt es für diese Ziele keine Rechtspflicht für einen kommunalen Verkehrs-entwicklungsplan. Es existieren nur Orientierungen wie die Leitlinien für eine nachhaltige urbane Mobilitätsplanung der Europäischen Kommission (SUMP).

Dabei gilt es, lokale und regionale Begebenheiten wie Siedlungsstruktur und Topografie zu berücksichtigen und die Besonderheiten urbaner Ballungszentren sowie ländlich geprägter Regionen mitzudenken.

Plädoyer für den Antriebswechsel

Kurz: Es braucht ein Neudenken der Mobilität. Das klassische Konzept der Verkehrs- und Stadtplanung orientierte sich zu lange am starren Denken in Einzelaspekten mit Zielen wie Luftqualität, Parken, Radverkehr. Es wird Zeit

  • für ein übergeordnetes Leitbild für die Mobilität der Zukunft je Kommune,
  • für ein Gesamtziel,
  • für daraus abgeleitete Strategien und Maßnahmen, die durch ausreichende Planungsressourcen und Budget, einen klaren politischen Gestaltungs- und Veränderungswillen sowie ein Miteinander von handelnden Persönlichkeiten auf kommunaler und nationaler Ebene entschieden umgesetzt werden können.

Dieses Thema beschäftigt auch den VDE als unabhängige Technologieorganisation. Zum ersten Mal laden wir daher im Herbst zur VDE E-Mobility Conference nach Frankfurt, um möglichst viele verschiedene Bereiche zusammenzubringen, seien es Hersteller von Ladeinfrastruktur, Vertreter der Automobilindustrie, Entscheider aus den Kommunen, Stromnetzbetreiber und unsere VDE-Experten für Normen und Standards.

Die Vorgaben zum Antriebswechsel im Straßen-, Luft- und Schienenverkehr werden vom Bund festgelegt. Der dafür notwendige Instrumentenkasten liegt bei den Kommunen: Sie können verbindliche Vorgaben erlassen, um beispielsweise den öffentlichen Raum durch Parkraummanagement, Schaffung von Mobilitätshubs oder der Errichtung von Ladeinfrastruktur anzupassen.

Auch der Bau von Fußwegen oder Fahrradabstellplätzen sowie der ÖPNV-Ausbau, neue Angebote oder auch die Zulassung von innovativen Mobilitätsformen sind zwingend erwünscht und notwendig. Dabei sollte immer auch die Bevölkerung abgeholt und in den Veränderungsprozess hineingenommen werden – dann wird die Kommune zu einem Ort, an dem die Mobilität der Zukunft getestet und erlebt werden kann. Ralf Petri

Der Autor: Dr. Ralf Petri leitet den Bereich Mobility beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE).