Wie belastet ist unser (Ab-) Wasser?

Was tut sich im Wasser, was nicht zuträglich ist? Das Projekt „HyReKA“ hat Antibiotikaresistenzen im Wasserkreislauf untersucht. Foto: : Adobe Stock/ryanking999

Was kann und muss gegen Antibiotika-resistente Krankheitserreger in Gewässern getan werden? Die Wissenschaftler Thomas Schwartz und Martin Exner präsentieren Forschungsergebnisse und erläutern, welche Konsequenzen daraus folgen sollten.

Interdisziplinäre Forschungspartner haben sich in einem Verbundvorhaben zum Ziel gemacht, die „Biologische bzw. hygienisch-medizinische Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern“ zu untersuchen.

Das Projekt mit dem Akronym „HyReKA“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Im Rahmen des Projektes wurden ausgehend vom Menschen oder Tier die Eintragspfade von Antibiotika-resistenten Bakterien, Antibiotika-Resistenzgenen und Antibiotika-Rückständen bis zur Umwelt qualitativ und quantitativ charakterisiert.

Mit den neu erlangten Erkenntnissen konnten auch geeignete technische Verfahren identifiziert werden, um die Ausbreitung in die Umwelt zu unterbrechen. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse gewinnen die regulatorischen Anforderungen an die Abwasserentsorgung, die im Infektionsschutzgesetz definiert sind, eine neue Bedeutung.

Erkenntnisse des „HyReKA“-Projektes

In §41 des IfSG – Abwasser heißt es: „Die Abwasserbeseitigungspflichtigen haben darauf hinzuwirken, dass Abwasser so beseitigt wird, dass Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Krankheitserreger nicht entstehen.“

Dies sind die Kernbotschaften aus einigen Teilbereichen des Projektes:

  • Krankenhäuser stellen eine starke Quelle für multiresistente Bakterien und Antibiotikarückstände dar. Rohabwasser aus Klinikbereichen mit hohem Antibiotikaverbrauch erschien hochbelastet mit multiresistenten Erregern,
    bei denen zum Teil nur noch ein oder zwei Antibiotika wirken und die damit als hochkritisch zu bewerten sind. Diese hohe Kontamination des Abwassers ließ sich über die angeschlossene Kanalisation bis zur Kläranlage nachweisen. Trotz Reduktion in der Kläranlage wurden multiresistente Erreger auch im Kläranlagenablauf und in nachfolgenden Gewässern nachgewiesen.
  • Kommunale Kläranlagen können nur unzureichend fakultativ pathogene Bakterien und Antibiotikaresistenzen reduzieren. Unabhängig vom Einzugsgebiet der
    Kläranlagen und deren Größe wurde ein Großteil der untersuchten Antibiotika-resistenzgene und fakultativpathogenen Bakterien in den Ausläufen der Kläranlagen nachgewiesen. Auch besonders kritisch zu bewertende Antibiotikaresistenzgene (zum Beispiel gegen Reserveantibiotika) wurden noch im konventionell behandelten Kläranlagenablauf nachgewiesen. Technische Membranverfahren ermöglichten eine signifikante Verbesserung der Belastungssituationen auch für die nachfolgende Umwelt.
  • In Geflügel- und Schweineschlachthöfen konnte ein ubiquitäres Vorkommen von den fakultativ-pathogenen Erregern auch mit besonders kritischen Antibiotika-resistenzgenen in den Abwässern festgestellt werden. Betriebseigene Kläranlagen von Geflügelschlachthöfen, die das Abwasser mittels Ultrafiltration und Ozon aufbereiten, reduzierten die Gesamtkeimbelastung deutlich. Untersuchungen von Gülle aus Schweinemastbetrieben zeigten eine hohe Belastung an Antibiotikaresistenzgenen, die auch von klinischer Relevanz sind.
  • Flugzeugabwasser enthalten eine große Vielfalt unterschiedlicher Resistenzgene. Die relative Abundanz von Resistenzgenen im Abwasser von Flugzeugen war signifikant höher als im kommunalen Rohabwasser.

Gezieltes (Ab-) Wassermonitoring

Die genannten Erkenntnisse müssen Konsequenzen für regulatorische Anforderungen der Abwasserentsorgung im Infektionsschutzgesetz finden. Dazu wurde im „HyReKA“-Projekt unter Mitarbeit des Umweltbundesamts ein neues Indikatorsystem zur Risikobewertung etabliert, um Handlungsempfehlungen bei hoher mikrobiologischer und Rückstands-belastung in kritischen Bereichen einzuleiten.

Zentrale oder dezentrale Maßnahmen zur weitergehenden Abwasserbehandlung sind vor allem dann notwendig, wenn nachfolgend Schutzgüter (Badegewässer, Trinkwasser-entnahmestellen, Entnahmestellen für landwirtschaftliche Bewässerung) betroffen sind. Eine Priorisierung von Kläranlagen kann über das genannte Indikatorsystem durch ein gezieltes Monitoring vorgenommen werden.

Dazu müssen das Einzugsgebiet der Kläranlagen, die Belastungssituation des Ablaufs (auch mit multiresistenten fakultativ-pathogenen Bakterien) und das aufnehmende Gewässer in Bezug auf Volumen berücksichtigt werden. Solche Maßnahmen sind erforderlich, um den Kontakt von Mensch und Tier mit gesundheitsrelevanten Bakterien zu minimieren und eine Kolonisierung zu unterbinden. Thomas Schwartz, Martin Exner

Die Autoren: Prof. Dr. Thomas Schwartz forscht am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Prof. Dr. Dr. Martin Exner war Direktor des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit am Universitätsklinikum Bonn.