Welche Qualifikationen wirken als Karrierebooster?

Klimawandel, Energie- und Mobilitätswende, Digitalisierung, KI und vieles mehr: Kommunen müssen mit einem enormen Transformationsdruck umgehen. Welches Know-how sollten Mitarbeitende mitbringen? Welche Rolle spielt die Fort- und Weiterbildung, etwa durch berufsbegleitende Studiengänge? Personalchefs aus drei Städten sagen, was für sie besonders wichtig ist.

Karrierechancen erhöhen sich durch Bildung signifikant

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Stadtverwaltung Rostock: „Berufsbegleitende Studiengänge und nichtakademische Weiterbildung erhöhen die Karrieremöglichkeiten der Beschäftigten signifikant.“ Foto: Adobe Stock/tl6781
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Dr. Christoph Grützmacher ist Amtsleiter des Hauptamtes der Hanse- und Universitätsstadt Rostock (Mecklenburg-Vorpommern, 210.000 Einwohner).

Was ist für Sie im Personalbereich wichtig, um die Herausforderungen meistern zu können, vor denen die Stadtverwaltung Rostock aktuell steht?

Christoph Grützmacher: Die Arbeitswelt befindet sich in einem ständigen Wandel. Sie besteht nicht mehr nur aus zwischenmenschlichen Arbeitsbeziehungen, sondern wird immer stärker auch von dem Wechselverhältnis zwischen Menschen und Technologie geprägt. Diese rasch an Bedeutung gewinnende Interaktionsebene muss vermittelt und moderiert werden. Die Personalstrategie sollte deshalb so ausgerichtet sein, dass die innerorganisatorischen Strukturen adäquat auf aktuelle und künftige Herausforderungen reagieren können, die von außen einwirken. Um dazu in der Lage zu sein, muss sich der Personalbereich zunächst selbst die notwendigen Technologiekompetenzen aneignen, um eine aktiv-unterstützende Rolle innerhalb der Organisation übernehmen zu können. Das erfordert wiederum, offen für neue Trends und dazu in der Lage zu sein, den Wandel strategisch einzuordnen und operativ umzusetzen.

Wie wichtig sind berufsbegleitende Studiengänge und Weiterbildungen der Mitarbeitenden für die Stadt?

Grützmacher: Der demografisch bedingte Mangel an Fach- und Führungskräften in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes macht es erforderlich, dass das Personal, das sich bereits in der Organisation befindet, im Rahmen der Personalentwicklung kontinuierlich weiter qualifiziert wird. Berufsbegleitende Studiengänge sind hierfür ein probates Mittel. Die Stadt Rostock unterstützt ihre Beschäftigten, die entsprechende Programme absolvieren wollen ­— etwa mit der Übernahme von mindestens der Hälfte der Studiengebühren und bezahlten Freistellungen, um den Mitarbeitenden mehr Zeit für die Bewältigung ihres Studiums zur Verfügung zu stellen. Neben akademischen Qualifizierungen halten wir in Ergänzung zu unseren regulären Ausbildungsgängen auch ein breites Angebot an anderen Weiterbildungsformaten vor, beispielsweise ein Nachwuchsführungskräfteprogramm oder Verwaltungskompetenzen für Quereinsteiger in die Verwaltung.

Welche Rolle spielt Weiterbildung für die Karrierechancen der Mitarbeitenden selbst?

Grützmacher: Berufsbegleitende Studiengänge und nichtakademische Weiterbildungsangebote, die erfolgreich abgeschlossen wurden, erhöhen die Karrieremöglichkeiten der Beschäftigten signifikant. Denn neben der Erweiterung ihrer fachlichen Expertise belegen sie, dass die Absolventinnen und Absolventen über ein hohes Maß an Selbstdisziplin, Belastbarkeit und Zielstrebigkeit verfügen.

Gibt es bestimmte Studiengänge, die für Sie besonders wichtig sind?

Grützmacher: Nicht direkt. Die Fachkräftelücke beschränkt sich schon lange nicht mehr auf den IT-Bereich oder auf den Bereich der technischen Verwaltung, sondern hat sich auf das gesamte Tätigkeitsspektrum der Stadtverwaltung ausgeweitet. Hierfür bedarf es eines Personalkörpers, dessen Mitglieder über eine Vielzahl von Berufs- und Studienabschlüssen verfügt. Entsprechend breit ist deshalb auch das Weiterbildungsangebot aufzustellen, das sowohl akademische als auch nichtakademische Qualifizierungsformate enthält.

Weiterbildungen als Instrumente zur Personalentwicklung

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Flensburg: „Weiterbildungen im tariflichen Bereich sind extrem wichtige Instrumente der Personalentwicklung und werden durch die Stadt gefördert.“ Foto: Adobe Stock/a_medvedkov
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Stefan Wiegand ist Abteilungsleiter Personal bei der Stadt Flensburg (Schleswig-Holstein, 93.000 Einwohner).

Was ist für Sie im Personalbereich der Stadt Flensburg wichtig, um aktuelle Herausforderungen zu meistern?

Stefan Wiegand: Wichtig sind vor allem gute Konzepte, die in den Fachbereichen und teilweise gemeinsam mit Externen erarbeitet und umgesetzt werden. Dabei kommt es unter anderem auf verbindliche Regeln und Informationen für die Verwaltung an — wie Leitlinien zur Künstlichen Intelligenz, um Verbindlichkeit und Rechtssicherheit zu erhalten. Denn die Transformation von Verwaltung und Gesellschaft erfordert Akteure mit den passenden Kompetenzen und Einstellungen. Diese Kompetenzen weichen oft deutlich von den bekannten Verwaltungsprofessionen ab und machen daher besondere Profile und Netzwerke notwendig.

Wie wichtig sind berufsbegleitende Studiengänge und Weiterbildungen der Mitarbeitenden für die Stadt?

Wiegand: Aktuell gibt es bereits einige Nachfragen und Wünsche aus der Mitarbeiterschaft, sich berufsbegleitend in Studiengängen weiterzubilden. Als wirkliche Karriereförderung kann das aber erst funktionieren, wenn es genug valide Bedarfe für ausgewählte Studiengänge gibt, zum Beispiel einen Master Verwaltungswissenschaft oder ein Studium Architektur. Weiterbildungen im tariflichen Bereich, zum Beispiel Angestelltenlehrgänge, oder auch beamtenrechtliche Aufstiegsverfahren sind extrem wichtige Instrumente der Personalentwicklung und werden bereits durch die Stadt Flensburg gefördert.

Gibt es Studiengänge, die für Ihre Stadtverwaltung besonders relevant sind?

Wiegand: Duale Studiengänge im Bereich der Sozialen Arbeit oder auch im Ingenieur- und Architekturwesen sind für die Stadt Flensburg von besonderer Bedeutung — sie werden auch bereits angeboten beziehungsweise sind in Planung. Zukünftig könnten auch Masterstudiengänge in Verwaltungswissenschaften oder anderen verwaltungsbezogenen Bereichen an Bedeutung gewinnen. Diese Studiengänge spielen in Führungspositionen oder für leitende Projektverantwortliche eine große Rolle.

Flensburg legt Wert auf eine nachhaltige Stadtentwicklung. Was tun Sie dafür im Personalbereich?

Wiegand: Konkret können wir Ziele im Bereich der nachhaltigen Attraktivität, der Marke Stadt Flensburg sowie bei der Erhaltung und Förderung von Motivation, Gesundheit und Innovation leisten. Hier spielen geschlechtliche Gleichbehandlung, Chancengleichheit und Kundenorientierung eine große Rolle. So sind zum Beispiel transparente, kundenfreundliche Bewerbungs- und Auswahlverfahren ein Credo unserer Personalarbeit. Wichtig ist auch eine flexible interne Fortbildungsarbeit mit attraktiven Seminaren, die unseren Mitarbeitenden persönliche und fachliche Weiterentwicklungen ermöglichen. Zudem ist es wichtig, individuelle Fortbildungsmaßnahmen etwa bei rechtlichen Entwicklungen oder bei der Übernahme von neuen Aufgaben anzubieten. Dafür müssen genug Ressourcen zur Verfügung stehen.

Mitarbeiterbildung und -gewinnung hat Priorität

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Jena: „Mitarbeitergewinnung und -bindung hat für den Personalbereich oberste Priorität.“ Foto: Adobe Stock/DZiegler

Melanie Otto ist Fachdienstleiterin Personal
bei der Stadtverwaltung Jena (Thüringen, 111.000 Einwohner).

Was ist für Sie im Personalbereich wichtig, um aktuelle Herausforderungen zu meistern?

Melanie Otto: Dafür braucht es zu jedem Zeitpunkt einen quantitativ und qualitativ gut aufgestellten Personalbestand. Das heißt: Mitarbeitergewinnung und -bindung hat für den Personalbereich oberste Priorität. Wir richten unsere Strategie danach aus und priorisieren die Maßnahmen, die auf diese Strategie einzahlen – unter anderem flexible Arbeitszeitmodelle, eine tarifgerechte Entlohnung, sichere Arbeitsplätze, eine wertschätzende Organisationskultur, ein professionelles Onboarding und eine individuell auf den Bedarf des Mitarbeitenden zugeschnittene Fortbildungs- und Karriereförderung.
Wie wichtig sind berufsbegleitende Studiengänge und Weiterbildungen der Mitarbeitenden für die Stadt?

Und welche Rolle spielen sie für die Beschäftigten selbst?

Otto: Studien zufolge und auch den Erkenntnissen unserer Mitarbeitendenbefragungen nach sind Weiterbildungen ein wichtiger Motivationsfaktor für Mitarbeitende, nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und einem sicheren Arbeitsplatz. Besonders wichtig sind berufsbegleitende Studiengänge für eine Karriere im öffentlichen Dienst, da sie oft die Voraussetzung für die Übernahme höherwertiger Tätigkeiten bilden. Die Stadtverwaltung Jena bietet ihren Beschäftigten solche berufsbegleitenden Studiengänge bereits an.

Gibt es bestimmte Studiengänge, die für Sie besonders wichtig sind?

Otto: Je nach fachlichem Anforderungsprofil werden eher verwaltungsorientierte Studiengänge oder themenbezogene Studiengänge benötigt. Aktuell sind die Abschlüsse im Fokus, bei denen wir einen Fachkräfteengpass auf dem Arbeitsmarkt spüren, so etwa medizinische, ingenieurswissenschaftliche und soziale Studienabschlüsse.

Jena ist sehr aktiv auf dem Weg zur Smart City. Was tun Sie im Personalbereich, damit dieses Vorhaben gelingen kann?

Otto: Im Bereich Smart City vermitteln die für das Projekt und die Teilprojekte verantwortlichen Kollegen das fachliche Wissen on-the-job, oder die für die Tätigkeiten ausgewählten Kollegen bringen das erforderliche Wissen bereits aus anderen Kontexten mit. Unser Personalbereich sorgt in Bezug auf die außerfachlichen Kompetenzen unter anderem für Methodenkompetenzen im Projektmanagement, zum Beispiel durch Zertifizierungen, sowie soziale Kompetenzen durch Fortbildungen in den Bereichen Kommunikation und Konfliktmanagement. Flankiert wird das durch Maßnahmen zur Entwicklung von Führungskompetenzen.

Interviews: Hannah Henrici