Warenwirtschaft plus regenerative Energien

Windkrtaft; Energie; Solar; PV
Photovoltaik auf den Dächern, zudem Windkraftanalgen, Bioheizkraftwerke und weitere Anlagen auf dem Gelände: Der Bundesverband Logistik (BVL) will das Potenzial von Logistikimmobilien für die Energiewende in den Fokus rücken. Foto: Adobe Stock/@nt

Die großen Gebäudekomplexe sind besser als ihr Ruf und können sehr viel, wenn man sie nur lässt: zum Beispiel als Kraftwerke fungieren, betont Kuno Neumeier für die Bundesvereinigung Logistik — und erklärt, wie das gehen kann: vor allem gemeinsam mit den Kommunen.

Logistik, das heißt für viele immer noch ein verstärktes Verkehrsaufkommen und große, energiefressende, wenig ansprechende Lagerhallen. Doch ist diese Sichtweise noch zeitgemäß?

Immer öfter werden Logistikimmobilien klimaneutral oder sogar klimapositiv errichtet und erzeugen mehr Energie, als sie verbrauchen. Sie werden also selbst zu Kraftwerken und können so den Anteil regenerativer Energien innerhalb einer Gemeinde massiv erhöhen.

Bis zum Jahr 2030 möchte die Bundesregierung mindestens 80 Prozent des Bruttostroms aus erneuerbaren Energien gewinnen. Kommunen sollen bis zu einer bestimmten Größe zur Erstellung eines kommunalen Wärme- und Kälteplans verpflichtet werden. Kann die Logistik der Gemeinde also zu mehr Nachhaltigkeit verhelfen?

Um das Potenzial von Logistikimmobilien für die Energiewende hervorzuheben, den Ausbau erneuerbarer Energien gezielt voranzutreiben und gemeinsame Benchmarks für den Verbrauch im laufen- den Betrieb zu setzen, hat der Themenkreis Logistikimmobilien der Bundesvereinigung Logistik e.V. im Oktober 2022
die Initiative „Power of Logistics“ ins Leben gerufen. Ihr gehören mittlerweile über 40 Unterstützer an. Dabei ist auch die Kooperation mit den Kommunen ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Allein in den vergangenen zehn Jahren sind in Deutschland Logistikimmobilien mit einer Dachfläche von insgesamt rund 50 Millionen Quadratmetern entstanden. Rund 30 Millionen Quadratmeter davon sind prinzipiell für Photovoltaikanlagen geeignet. Ein enormes Potenzial, denn auf diesen 30 Millionen Quadratmetern könnten bis zu 2,5 Terawattstunden Strom erzeugt werden – genug für 800.000 Haushalte. Und das ist erst der Anfang. Die Krux dabei: Viele dieser Dachflächen müssen teils aufwendig nachgerüstet werden.

Gebäude als Kraftwerke

Umso wichtiger ist es, Neubaudächer direkt „PV-Ready“ zu entwickeln, das heißt: für die Installation von Solaranlagen auszulegen. Dabei geht es nicht nur um die Statik, sondern auch um Aspekte wie die Leitungsführung für die Stromversorgung oder die Kapazität und Platzierung von Trafostationen. Eine solche Planung minimiert nachträgliche Anpassungskosten und beschleunigt die Implementierung erneuerbarer Energiequellen.

Da es derzeit noch keine allgemeingültigen Vorgaben gibt, hat „Power of Logistics“ einen Leitfaden „PV-Ready“ erstellt, der den Mitgliedern der Initiative kostenfrei zur Verfügung steht. Kernpunkte des Leitfadens sind: Grundlagenermittlung, technische Prämissen und Gebäudeplanung, wirtschaftliche Prämissen und Betreiberfunktionen sowie rechtliche Aspekte.

Für das Unternehmen HelloFresh wurde dieses Konzept in Barleben bereits erfolgreich umgesetzt. Die Logistikimmobilie — beziehungsweise das aus zwei Hallen bestehende Gebäudeensemble — wurde mit einer leistungsstarken PV-Anlage mit insgesamt 6,2 Megawatt Peak entwickelt. So kann sogar der hohe Energiebedarf von Unternehmen wie HelloFresh, die auf große Kühlflächen angewiesen sind, effizient und nachhaltig gedeckt werden.

Um solche Projekte zu realisieren und das Potenzial von Logistikimmobilien zu heben, müssen allerdings auch politisch die richtigen Weichen gestellt und klare Standards für privatwirtschaftliche Unternehmen genauso wie für Kommunen definiert werden.

Die Branche sucht den Dialog

Ein Hindernis ist beispielsweise der uneinheitliche Netzanschluss für lokal erzeugten Strom. Hier ist es wichtig, Hilfestellung zu leisten. Vor allem kleinere Kommunen – in denen sich viele große Logistikansiedlungen befinden – sind oft auf einen großflächigen Photovoltaikausbau nicht vorbereitet. Doch die Netzkapazität für die Aufnahme der erzeugten Energie ist ein zentraler Punkt. Dies erfordert die Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern und Investitionen in die Infrastruktur wie Trafostationen.

Den Dialog zwischen Logistik und Kommunen zu fördern, hat sich die Initiative Logistikimmobilien (Logix) zum Ziel gesetzt, die auch die „Power of Logistics“-Initiative unterstützt. Der Zusammenschluss von Projektentwicklern, Investoren, Nutzern und Bauunternehmer engagiert sich für eine nachhaltige Zukunft der Logistikimmobilien-Branche und erstellt aktuell einen ESG-Leitfaden.

Kommunaler Energiepark

Das Potenzial von Logistikimmobilien beschränkt sich jedoch nicht auf das Thema Photovoltaik. Der nächste Schritt in Richtung Energieautarkie sind Energieparks, die als Versorger für die benachbarten Kommunen fungieren. So könnten in zukünftigen Gewerbeparks Windkraftanlagen integriert werden, neben Photovoltaik könnten Geothermie und Blockheizkraftwerke einen weiteren Mehrwert in Sachen Energiewende schaffen. Batteriespeicher und grüner Wasserstoff könnten zur Energieversorgung beitragen und entsprechende Ladesäulen auch umliegenden Unternehmen sowie Einwohnern zur Verfügung gestellt werden.

Auf diese Weise erhalten Kommunen nicht nur Energie-, sondern auch Mobilitätshubs, die ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Region nachhaltig stärken. Doch um diese Vision Realität werden zu lassen, benötigt es den Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Unternehmen.

Kuno Neumeier


Der Autor

Kuno Neumeier ist CEO der Logivest Gruppe und Sprecher des BVL Themenkreises Logistikimmobilien der Bundesvereinigung Logistik e.V.