Rund 2800 Kilometer durch zehn Länder: Der Chemieprofessor Andreas Fath ist seit April und noch bis Juni in der Donau unterwegs – und setzt seine Wasserleidenschaft für den Naturschutz ein.
Ihr Plan ist es, vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer durch die Donau zu schwimmen. Sie werden viel im Wasser sein – wo sind Sie gerade?
Andreas Fath: Im niederbayerischen Kelheim. Ausnahmsweise bin ich in einem Hotel, Sie erreichen mich gerade beim Frühstück. Sonst übernachte ich auf dem Teamschiff, das mich begleitet.
Wann gehen Sie ins Wasser?
Fath: Das hängt davon ab, wie lange ich am Vortag unterwegs war. Gestern ist es spät geworden, ich bin noch bis in die Dämmerung geschwommen. Heute geht es deshalb erst gegen zehn Uhr los.
Wie lang sind Ihre Tagesetappen?
Fath: Heute werden es rund 40 Kilometer im Wasser sein. An anderen Tagen schwimme ich aber auch 50 oder 55 Kilometer. Das Schwimmen ist allerdings fast nur Beiprogramm. Das Wichtigste sind die Begegnungen mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, mit denen wir über Wasserschutz und Wasserqualität sprechen. Oder die Begegnungen mit Schülerinnen und Schülern: Mein Team bietet ein Bildungsprogramm an, informiert zum Beispiel über Schadstoffe im Wasser und über Plastikmüll.
Sie sind bereits durch den Rhein geschwommen und durch den Tennessee – und jetzt durch die Donau. Warum tun Sie sich das an?
Fath: Ich liebe es, im Wasser zu sein, zu schwimmen, abzutauchen – und die Aktionen bieten mir die Möglichkeit, das Schwimmen mit meiner Arbeit zu verbinden und zugleich mit dem Wasserschutz. Wir machen darauf aufmerksam, dass der Grundstoff des Lebens stark bedroht ist.
Durch den Rhein sind Sie im Jahr 2014 geschwommen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Fath: Ein Antrag auf Fördermittel für ein Wasserprojekt wurde abgelehnt: Damals wurde die Dringlichkeit für mehr Wasserschutz nicht gesehen. Das hat mich sehr beschäftigt, und ich habe mich gefragt, wie man mehr Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema bekommen kann. Daraus ist das Rhein-Projekt entstanden.
Ihr Plan geht auf: Sie bekommen viel mediale Aufmerksamkeit, und zum Start des Donau-Projekts ist die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker mit Ihnen ins Wasser gegangen. Bringt das aber auch etwas?
Fath: Sehr viel! Schon die Rhein-Aktion hat viele Menschen für mein Anliegen sensibilisiert, und inzwischen finden zum Beispiel viele Müllsammelaktionen an Gewässern statt. Dann folgte der Tennessee – auch mit tollen Ergebnissen: Unter anderem sind dort in der Region jetzt Pfandflaschen ein Thema. Und es wurden für ein Forschungsinstitut Analysegeräte angeschafft, die uns an der Hochschule Furtwangen nicht zur Verfügung stehen, die ich aber für meine Arbeit nutzen kann, wenn ich in den USA bin.
Gegen Plastik in der Natur
Worum geht es Ihnen, wenn Sie jetzt durch die Donau schwimmen: Wollen Sie Plastik aus unserem Leben verbannen?
Fath: Nein, ich bin kein Plastikfeind – ich bin aber gegen Plastik in der Natur. Es ist langlebig und praktisch, sollte aber möglichst nicht Müll werden, sondern in den Stoffkreisläufen bleiben. Es geht um Müllvermeidung, Mülltrennung, ums Wiederverwenden. Im Englischen sind es schön griffig die drei „Rs“: Reduce, Reuse, Recycle.
Was macht Plastik zu einem so großen Problem, dass Sie dafür tausende Kilometer schwimmen?
Fath: Es sind die enormen Mengen, die in der Natur und eben auch im Wasser landen. Das sind zum einen größere Stücke, Shampoo- und Getränkeflaschen sowie Plastiktüten und vieles mehr, was in Fisch- und Vogelmägen landet. Das Wasser mit seinen Steinen und Felsen ist zudem ein Mahlwerk, das Plastik zu feinem Mikroplastik werden lässt. Allein die Donau schwemmt pro Tag mehr als vier Tonnen Plastik ins Schwarze Meer. Das ist in allen Ländern, durch die sie fließt, ein Problem.
Was kann man tun?
Fath: Wir müssen die Recycling-Quote erhöhen – wir sind noch längst nicht bei 100 Prozent. Auch die Art der Müllabfuhr spielt eine Rolle. In meiner Gemeinde zum Beispiel gibt es nicht gelbe Tonnen, sondern gelbe Säcke. Die werden teilweise von Tieren aufgerissen, der Plastikmüll wird durch die Landschaft geweht, landet in Bächen, Flüssen und Seen. Hier ist die Tonne die bessere Alternative, zumal der gelbe Sack ja auch Plastikmüll ist. Sehr wichtig ist zudem Sorgfalt bei der Mülltrennung. Oder am besten gleich Müllvermeidung – das ist nicht so schwierig, wie viele glauben: Ich habe den Umfang meines Plastikmülls um die Hälfte reduzieren können.
Wie haben Sie das geschafft?
Fath: Wichtig ist: Keine Spontaneinkäufe, sondern das Einkaufen planen und Behälter dabeihaben, um zum Beispiel auch Plastiktüten für Gemüse und Obst zu vermeiden.
Sie sind als Naturschützer in der Donau unterwegs – und als Chemiker. Wie fließt das Donau-Projekt in Ihre Universitätsarbeit ein?
Fath: Ein so genannter Passivsampler, der an meinem Neoprenanzug angebracht ist, sammelt Schadstoffe ein, die mein Team und ich untersuchen. Wir haben auch ein Start-up gegründet: Polymer active. Hier geht es darum, einen Nachteil von Mikroplastik in einen Vorteil zu verwandeln. Der Nachteil ist, dass Mikroplastik Schadstoffe anzieht wie ein Magnet, Fische und Muscheln nehmen dann beides zusammen auf. Dieses Prinzip wollen wir uns zunutze machen: Mikroplastik einsetzen, damit es Schadstoffe anzieht – und so wollen wir sie dann aus dem Wasser filtern.
Interview: Sabine Schmidt
Zur Person: Andreas Fath ist Professor für Chemie an der Hochschule Furtwangen. Er ist seit seiner Jugend begeisterter Schwimmer und war unter anderem Deutscher Meister im Freiwasserschwimmen.