Networking kann viel in Bewegung bringen, auch dort, wo es wenig gesucht und gefördert wird: im öffentlichen Sektor. Es lohnt sich, Vitamin B mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Selten war es möglich, die berufliche Karriere so divers zu gestalten wie heute. Nach wie vor ist jedoch ein Faktor so entscheidend wie kein anderer: Vitamin B. Soziale Kontakte, die berufliche Türen öffnen, tragen laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zu 40 Prozent der Stellenbesetzungen bei.
Dennoch polarisiert Networking: Für die einen ist es ein Hobby, das mit Herz und Seele gelebt wird – für die anderen ist es dagegen eine anbiedernde Angelegenheit, bei der man die eigene Seele verkauft. Während die Privatwirtschaft sich den Wert des Networkings zunutze macht und aktives Verbinden fördert, scheinen Kontaktaufnahme und Kontaktpflege im öffentlichen Dienst keine besonders beliebten Angelegenheiten zu sein.
Aber was genau versteht man unter dem Begriff? Und warum hinterlässt er bei vielen einen faden Beigeschmack?
Strategisch Kontakte knüpfen
Der Begriff Networking meint alle Tätigkeiten und Aktivitäten, mit denen informelle Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden: Sei es das gemeinsame Mittagessen, das Onboarding neuer Mitarbeiter durch einen Mentor oder die firmeninterne Weihnachtsfeier. Ebenso gehören die Vernetzung mit Kontakten auf Online-Plattformen wie Xing oder Linkedin und die Teilnahme an externen öffentlichen Infoveranstaltungen dazu.
Der unangenehme Beigeschmack ergibt sich für manche, weil Networking das Ziel verfolgt, strategisch Kontakte zu knüpfen und sie aktiv für den eigenen Vorteil zu nutzen. Insbesondere älteren Kolleginnen und Kollegen entzieht sich oftmals der Sinn dieser Verbindungen, da die eigene berufliche Karriere nicht weiter forciert wird.
Aber Networking beinhaltet viel mehr als das Pushen von Karrierezielen und richtet sich somit nicht nur an potenzielle Führungskräfte, sondern auch – wesentlich drängender – an die Ruheständlerinnen und Ruheständler von morgen.
Den Wissensschatz teilen
Denn allen Networking-Aktivitäten ist gemeinsam, dass nützliche Informationen ausgetauscht werden: Networking ist nichts anderes als Austausch – dabei kann es ebenso um berufsrelevante Themen gehen wie um Wissen, das über die Jahre erworben wurde.
Das Teilen von Wissen öffnet nicht nur Karrieretüren, sondern fördert auch ein Gefühl der Gemeinschaft und Stärke. Das bezieht sich nicht nur auf internes, individuelles Wissensmanagement, sondern auch auf das Networking zwischen Kommunen zum Umgang mit Herausforderungen, mit denen sich viele konfrontiert sehen.
Weil die Strukturen der Kommunalverwaltung wie kein anderes System das Silodenken innerhalb von Abteilungen fördern, wird der Abteilungs-, Fachbereichs-, Dezernats- oder Sachgebietsübergreifende Austausch und damit das Networking umso wichtiger. Hinzu kommen zwei Jahre Pandemie, die den persönlichen und sozialen Austausch zusätzlich eingedämmt haben.
Austausch ist wichtig – und Networking sollte auch für die Generation ein Anliegen sein, die sich nicht angesprochen fühlt. Deshalb der Appell an die Generation im öffentlichen Dienst, die sich über Jahrzehnte mit dessen Strukturen, Vorgehensweisen und Prozessen befasst hat: Teilt eure Erfahrungen! Euer Wissensschatz ist das wertvolle, rare Vitamin D, ohne das der öffentliche Dienst in den kommenden Jahren keinen Bestand haben wird. Theresa Meister
Die Autorin: Theresa Meister, M. Sc. Psychologin, ist Beraterin bei zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung in Bonn.