Für Vermüllung und Littering sollen Verpackungshersteller in die Pflicht genommen werden. Holger Thärichen erklärt, welche Optionen der Einwegkunststofffonds bietet und warum der Verband kommunaler Unternehmen ihn befürwortet.
Der öffentliche Raum in Städten und Kommunen hat eine stetig wachsende Bedeutung für die Menschen. Er sieht sich gestiegenen Ansprüchen an Aufenthaltsqualität, Sauberkeit und Sicherheit ausgesetzt. Dabei rückt auch die wirksame Bekämpfung von Vermüllung und Littering vielerorts in den Fokus von Politik und Verwaltung.
Die kommunalen Reinigungsbetriebe haben ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Verfügung, müssen aber auch wachsende Ressourcen für die Stadtsauberkeit einsetzen. Gerade in jüngster Zeit werden vielerorts sowohl ordnungsrechtliche Maßnahmen gestärkt als auch neue finanzielle Instrumente gegen Littering in Stellung gebracht. Im Vordergrund steht dabei für den Verband kommunaler Unternehmen das jüngst beschlossene Einwegkunststofffondsgesetz.
Mit dem Gesetz über den Einwegkunststofffonds (Einwegkunststofffondsgesetz – EWKFondsG) vom 11. Mai 2023 (BGBl. 2023 Teil I, Nr. 124, S. 1) werden die Vorgaben der EU-Einwegkunststoffrichtlinie über die Schaffung eines Regimes der erweiterten Herstellerverantwortung für bestimmte Einwegprodukte aus Kunststoff in deutsches Recht umgesetzt (EWKRL; Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt, ABl. L 155 vom 12. Juni 2019, S. 1).
Kostentragungspflichtig für kommunale Reinigungsleistungen sind danach die Hersteller von Lebensmittelverpackungen (To-go-Verpackungen), Getränkebechern und Getränkebehältern. Zudem geht es um leichte Kunststofftragetaschen sowie Tabakprodukte mit Filter sowie Filter, die zur Verwendung in Kombination mit Tabakprodukten vertrieben werden, um Feuchttücher und Luftballons. Ab 2027 werden auch Feuerwerkskörper in die erweiterte Herstellerverantwortung aufgenommen.
Erhofft werden Innovationsimpulse
Die Kostenanlastung bei den Herstellern von besonders „littering-affinen“ Einwegkunststoffprodukten, die über das Einwegkunsstofffondsgesetz vermittelt wird, soll einen Lenkungsanreiz auslösen: Weniger umweltschädliche Alternativprodukte und -materialien sollen entwickelt werden. Ähnlich wie beim deutschen Verpackungsgesetz geht es also um die Internalisierung von Entsorgungskosten in den Produktpreis in der Erwartung, hierdurch einen marktförmigen ökologischen Innovationsimpuls auszulösen. Ob diese Rechnung aufgeht, wird die weitere Entwicklung zeigen.
Die Funktionsweise des Einwegkunststofffonds basiert darauf, zwei Zahlungsströme zu implementieren und sie über die Fondsstruktur zu einem Ausgleich zu bringen.
So müssen sich die Hersteller der Einwegkunststoffprodukte, die vom Gesetz erfasst werden, beim Umweltbundesamt (UBA) registrieren lassen (§ 7 EWKFondsG). Beim UBA ist der Einwegkunststofffonds angesiedelt. Darüber hinaus trifft die Hersteller die Pflicht, die von ihnen im vorangegangenen Kalenderjahr erstmals in Verkehr gebrachten Mengen an Einwegkunststoffprodukten jährlich bis zum 15. Mai dem Umweltbundesamt zu melden (§ 11 EWKFondsG).
Den Mengenmeldungen korrespondiert wiederum die Pflicht zur Zahlung einer Einwegkunststoffabgabe. Sie dient der Erstattung der kommunalen Reinigungs-, Entsorgungs- und Sensibilisierungskosten (§ 12 EWKFondsG).
Die Höhe der Abgabesätze wird wiederum auf Grundlage des EWKFondsG Einwegkunststofffondsverordnung (EWK-FondsV) festgelegt (Referentenentwurf des BMUV für eine „Verordnung über die Abgabesätze und das Punktesystem des Einwegkunststofffonds – Einwegkunststofffondsverordnung – EWKFondsV, Bearbeitungsstand: 7. März 2023). Nach derzeitigen Prognosen ist das Fondsvolumen auf rund 430 Millionen Euro im Jahr taxiert.
Auf der anderen Seite der Fondsstruktur stehen die Anspruchsberechtigten, die sich ebenfalls beim Umweltbundesamt registrieren lassen müssen (§ 15 EWKFondsG). Diese Registrierung kann ab 1. Januar 2024 auf der eigens vom UBA eingerichteten digitalen Plattform DIVID erfolgen (Pressemitteilung des UBA Nr. 14/2023 vom 19. Mai 2023). Die Registrierung ist nicht verpflichtend, aber Voraussetzung dafür, Zahlungen aus dem Fonds erhalten zu können.
Registrierung beim UBA
Die Kostenerstattung für die anspruchsberechtigten öffentlichen Körperschaften setzt voraus, dass sie bis zum 15. Mai des betreffenden Jahres ihre Leistungsdaten für das vorangegangene Kalenderjahr dem Umweltbundesamt melden (§ 17 Abs. 1 EWKFondsG). Diese Leistungsmeldungen können erstmals vom 1. Januar bis zum 15. Mai 2025 erfolgen. Im Jahr 2025 müssen also die Leistungsdaten für das Jahr 2024 gemeldet werden. Damit ergibt sich ein zeitlicher Gleichlauf mit den Mengenmeldungen der Hersteller bezogen auf die Einwegkunststoffprodukte, die in den Verkehr gebracht werden.
Entlastung des Kommunalhaushalts
Die Auszahlungen aus dem Einwegkunststofffonds können zum einen dafür eingesetzt werden, die Abfall- und Straßenreinigungsgebührenzahler in nachfolgenden Kalkulationsperioden zu entlasten. Die Auszahlungsbeträge würden insoweit eine Überdeckung im Gebührenhaushalt begründen, die in der nächst erreichbaren Kalkulationsperiode nach den kommunalabgabenrechtlichen Bestimmungen den Gebührenzahlern gutzubringen wäre. Darüber hinaus käme auch eine Entlastung des betreffenden Kommunalhaushalts in Betracht, da namentlich die Kosten der Straßenreinigung nicht vollständig auf die Gebührenzahler umgelegt werden dürfen, sondern stets auch ein Allgemeinanteil aus Haushaltsmitteln zu bestreiten ist.
Schließlich ist auch denkbar, die Fondsmittel für die Ausweitung und Intensivierung kommunaler Reinigungsleistungen zu verwenden, in der entsprechenden Gebührenkalkulation also gegen die prognostizierten Auszahlungen zweckkonforme Aufwandspositionen zu setzen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass sich die Auszahlungsbeträge allenfalls näherungsweise abschätzen lassen. Sie hängen sowohl vom Gesamtaufkommen aus der mengenabhängigen Einwegkunststoffabgabe als auch von der Gesamtzahl der Anspruchsteller und Leistungspunkte ab.
Einwegkunststoffrichtlinie
Plastiktüten, Getränkebecher oder Zigarettenfilter: Hersteller bestimmter Einwegkunststoffe sind ab 2024 zu einer Sonderabgabe verpflichtet. Das Gesetz trat Mitte Mai 2023 in Kraft. Die Sonderabgabepflicht für die meisten Kunststoff enthaltenden Produkte wird 2025 wirksam, für Feuerwerkskörper ein paar Jahre später.
Ziel der Richtlinie ist es, das achtlose Wegwerfen von Plastikabfällen in die Umwelt zu begrenzen und die Ressource Kunststoff grundsätzlich nachhaltiger zu bewirtschaften.
Weg mit dem Kunststoffabfall
Dennoch dürfte diese Form der Verwendung der Fondsmittel den gesetzgeberischen Zielen am nächsten kommen – geht es doch der zugrundeliegenden EU-Einwegkunststoffrichtlinie im Kern um die Entlastung der Umwelt von Kunststoffabfällen.
Aus Sicht des Verbands kommunaler Unternehmen ist der Einwegkunststofffonds ein wesentliches Instrument, um Abfälle im öffentlichen Raum und das Littering zurückzudrängen. Perspektivisch sollte die Fondsstruktur aber dafür genutzt werden, um auch weitere Einwegprodukte, die häufig illegal im öffentlichen Raum entsorgt werden, an den kommunalen Reinigungskosten zu beteiligen: Kaugummis, Pizzakartons oder Aluminiumschalen. Die Kommunen würden dadurch nicht nur über zusätzliche Ressourcen für ihre Reinigungsaufgaben verfügen. Die Hersteller würden auch einen Anreiz für die Entwicklung nachhaltiger Alternativprodukte erhalten. Aber immerhin: Mit dem Einwegkunststofffonds ist der erste Schritt gemacht!
Holger Thärichen
Der Autor
Rechtsanwalt Dr. Holger Thärichen ist Geschäftsführer der Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKS beim Verband kommunaler Unternehmen e.V.