Die Wuppertaler Stadtwerke gestalten ihren ÖPNV geräuscharm und umweltfreundlich: Zur Busflotte gehören 20 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Die nötige Energie stammt vom städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb.
Im konzernübergreifenden Projekt „H2-W – Wasserstoffmobilität für Wuppertal“ haben die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) und die Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG) beschlossen, den öffentlichen Personennahverkehr in Wuppertal grüner zu machen. Die Wasserstoffbusse der WSW setzen Maßstäbe beim nachhaltigen Umgang mit Ressourcen: Bereits seit Juni 2020 gehören die neuen Wasserstoffbusse zum Stadtbild.
Rein optisch unterscheiden sich die zwölf Meter langen WSW-blauen Solobusse kaum von ihren dieselbefeuerten Kollegen. Der zentrale Unterschied kommt aus dem Auspuff, denn der Wasserstoffbus produziert weder Stickoxid noch CO2. Die Busse stoßen stattdessen reinen Wasserdampf aus. Im Bus wird der Wasserstoff in einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt. Der Strom treibt den Elektromotor an. Wie bei allen Elektrofahrzeugen steht das volle Drehmoment sofort zur Verfügung. Das macht sich insbesondere auf den Bergstrecken in den Stadtteilen Barmen, Heckinghausen oder Ronsdorf bemerkbar.
Während der nicht vorhandene Schadstoffausstoß die Fußgänger und die Umwelt freut, sticht für Fahrgäste und Anwohner der Strecken eine zweite Eigenschaft der Wasserstoffbusse positiv heraus: Die Busse haben kein Motorengeräusch und sind auch bei laufendem Motor an der Haltestelle fast lautlos.
Treibstoff aus heimischem Müll
Der eigentliche Clou der Wasserstoffmobilität bei den WSW ist das sogenannte Wuppertaler Modell: Weltweit einmalig wird unter dem Dach der Wuppertaler Stadtwerke nicht nur der ÖPNV mit Wasserstoff betrieben, sondern auch der Treibstoff produziert. Das erledigt die Abfallwirtschaftsgesellschaft AWG am Standort des Müllheizkraftwerks Korzert in Cronenberg. Hier wurde ein Elektrolyseur inklusive einer Wasserstofftankstelle errichtet. Die Energie zur Aufspaltung des Wassers kommt aus dem Strom, der bei der Müllverbrennung entsteht. Im Sommer 2020 bewertete der damalige nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) das Wuppertaler Modell daher als „Innovation, die Kreislaufwirtschaft neu und weiterdenkt.“
Auf den Wuppertaler Straßen sind die Busmodelle Van Hool A330 FC und Solaris Urbino 12 hydrogen unterwegs. Die Brennstoffzellen der Busse dienen gemeinsam mit den Lithiumbatterien und den Elektromotoren als Basis des Antriebs. Der Elektromotor der Busse vom Typ Van Hool A330 FC kommt so auf eine Leistung von 210 Kilowatt, was rund 285 PS entspricht. Die Motoren der Solarisbusse erreichen mit zweimal 125 Kilowatt rund 340 PS – eine Leistung, die selbst für die vielen Steigungen in Wuppertal ausreicht.
Dank des Hybridantriebs und der Rückgewinnung der Bremsenergie kann der Wasserstoffverbrauch auf rund neun Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer begrenzt werden. Mit einer Wasserstofftankfüllung von 38,5 Kilogramm (Van Hool) und 37,5 Kilogramm (Solaris) und der damit verbundenen Reichweite von rund 350 Kilometern sowie Betankungszeiten von unter zehn Minuten bieten die Busse Parameter, die mit denen der Dieselbusse vergleichbar sind. Die Kosten eines Brennstoffzellenbusses betragen 650.000 Euro.
Förderung von Bund, Land und EU
Da es noch keine Serienfertigung von Wasserstoffbussen, Elektrolyseuren oder Wasserstofftankstellen gibt, wurde das Projekt „H2-W – Wasserstoffmobilität für Wuppertal“ umfangreich gefördert. Mit insgesamt 6,5 Millionen Euro haben das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), die Landesregierung Nordrhein-Westfalen sowie der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr das Projekt unterstützt.
Die Gesamtkosten betragen zwölf Millionen Euro. Mit den Fördermitteln konnte die Beschaffung der ersten zehn Wasserstoffbusse und der Wasserstofftankstelle finanziert werden. Wuppertal nimmt außerdem am EU-Förderprogramm für Brennstoffzellenfahrzeuge „Joint Initiative for Hydrogen Vehicles across Europe“ (JIVE) teil. Das Projekt unterstützt den Einsatz von 139 Brennstoffzellenbussen in neun europäischen Städten. JIVE hat eine Laufzeit von sechs Jahren ab Januar 2017.
Das Ziel: die Kommerzialisierung von Brennstoffzellenbussen durch die gemeinsame Beschaffung von Bussen und den Aufbau von Wasserstofftankstellen. Am Projektende sollen Verkehrsunternehmen die Busse auch ohne Förderung in ihre Flotten integrieren können. Zudem will man Kommunen und Regierungen anregen, die Verwendung von Nullemissionsfahrzeugen im ÖPNV zu fördern.
Zweite Wasserstofftankstelle geplant
Zum Jahresende 2021 besteht die Wuppertaler Busflotte aus insgesamt 20 Wasserstofffahrzeugen. Der Energieversorger zieht eine positive Bilanz: „Im Betrieb kosten die Wasserstoffbusse schon jetzt nicht mehr als Dieselbusse“, sagt der Vorstandsvorsitzende Markus Hilkenbach. „Sie haben ihre Zuverlässigkeit auch bei Tiefsttemperaturen im Winter unter Beweis gestellt.“
Vor diesem Hintergrund bauen die WSW ihre Wasserstoffinfrastruktur weiter aus. Im Betriebshof Varresbeck im Wuppertaler Westen ist aktuell eine zweite Wasserstofftankstelle in Planung. „Diese zweite Tankstelle soll unsere wachsende Wasserstoffflotte im Einsatz flexibler machen“, erläutert WSW-Geschäftsführer Ulrich Jaeger. Rainer Friedrich
Der Autor: Dr. Rainer Friedrich ist stellvertretender Pressesprecher der Wuppertaler Stadtwerke (WSW).