Durch die Novellierung des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes ändert sich Ende diesen Jahres einiges. Ziel ist unter anderem, finanzielle Nachteile für Erstinvestoren zu verhindern.
Mit dem Inkrafttreten des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes (TKMoG) am 1. Dezember 2021 sollen neben der Modernisierung der Frequenzverwaltung und der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens vor allem die für den Glasfasernetzausbau notwendigen Rahmenbedingungen und Anreize geschaffen werden.
Ziel ist es, den Glasfasernetzausbau, der die Grundlage für die Digitalisierung der Verwaltung und die Schaffung von Smart Citys bildet, voranzutreiben. Dabei will man mögliche Synergieeffekt zur Beschleunigung des Prozesses nutzen.
Bereits mit Einführung des Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) 2016 wurde der Mitnutzungsanspruch bezüglich Versorgungsnetzen durch Glasfaserleitungen eingeführt. Damit ebnete der Gesetzgeber den Weg für den Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze durch Verringerung der erforderlichen Tiefbauarbeiten.
Kooperationen vorantreiben
Umstritten war jedoch schon damals der Begriff der „Versorgungsnetze“. Da dieser gemäß § 3 Nr. 16b lit. a aa TKG auch die Infrastrukturen für die öffentliche Bereitstellung von Erzeugungs-, Leitungs- oder Verteilungsdiensten für Telekommunikation umfasst, birgt dies die Gefahr der parallelen Errichtung eines Zweitnetzes im gleichen Versorgungsgebiet.
Vor allem Erstinvestoren, meist kommunale Telekommunikationsunternehmen, erlitten dadurch (finanzielle) Nachteile. Die Novellierung des TKG soll eine solche Benachteiligung verhindern. Was vorher bereits durch die Gesetzesbegründung (siehe BT-Drs. 18/8332, S. 55 f.) und Beschlüsse der Bundesnetzagentur als Streitbeilegungsstelle eingegrenzt wurde, hat der Gesetzgeber nun in §§ 140 Abs. 2 Nr. 7 und § 142 Abs. 4 Nr. 3 TKMoG einfließen lassen.
Dies soll vor allem den Über- sowie Doppelausbau verhindern, Kooperationen vorantreiben und das Zurückhalten von Investitionen verhindern, um den schnellstmöglichen Ausbau des Glasfasernetzes zu gewährleisten.
Überbau verhindern
Darüber hinaus wurde auch der Begriff des Glasfasernetzes in § 77i Abs. 3 TKG (§ 145 TKMoG) gestrichen, um den Überbau nicht nur bei Glasfasernetzen, sondern auch beim Ausbau anderer Technologieleitungen zu verhindern. Die sogenannte „Glasfaserpiraterie“ kann daher in Zukunft verhindert werden. Die Koordination verschiedener Ausbaumaßnahmen des Breitbandnetzes wird ab Dezember 2021 außerdem durch neue Planungs- und Informationsinstrumente unterstützt.
In §§ 77 ff. TKMoG ist die Schaffung eines neuen Datenportals vorgesehen, das den Infrastrukturatlas, den Breitbandatlas sowie Informationen zu Trägerstrukturen und öffentlichen Liegenschaften vereint. Insbesondere Informationen über kommunale Liegenschaften sind von Interesse, um Standorte für 4G- und 5G-Mobilfunkantennen auszumachen und den Strom- sowie Glasfaseranschluss dieser Antennen zu gewährleisten – die Rede ist insoweit vom „Zünden eines Glasfaserturbos“.
Darüber hinaus schafft § 83 TKMoG die Möglichkeit, Gebiete mit Ausbaudefiziten und Informationen über zukünftige Ausbauabsichten durch Unternehmen festzuhalten. Dieses Verfahren soll insbesondere Transparenz für solche Unternehmen und öffentlichen Stellen schaffen, die Interesse am Engagement in einem Gebiet haben und so bei Aufstellung ihrer Geschäftspläne die mögliche Konkurrenz durch andere Netze beurteilen können.
Außerdem dienen die Informationen der Gewährleistung des Rechts auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten, welches nun in §§ 155 ff. TKMoG zugesichert wird. Wird eine Unterversorgung festgestellt, können (auch kommunale) Unternehmen gemäß § 160 Abs. 2 TKMoG zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten verpflichtet werden.
Transparenz schaffen
Zu beachten ist, dass die Regelung des § 83 TKMoG insbesondere in folgender Hinsicht zu kurz greift: Der Inhalt des Artikels 22 der Richtlinie (EU) 2018/1972 wurde ausdrücklich nicht in den Gesetzesentwurf aufgenommen. Dies führt dazu, dass die besonders schlecht versorgten Gebiete nicht gesondert identifiziert werden.
Daher wäre es gemäß Stellungnahme des Bundesverbandes Breitbandkommunikation vom 6. November 2020 wünschenswert gewesen, diese Gebiete bereits zentral auf Bundesebene zu kategorisieren und als solche zu kennzeichnen. Es obliegt daher weiterhin den einzelnen Akteuren, diese Gebiete zu erkennen.
Neben dem neuen Datenportal gemäß §§ 77 ff. TKMoG existiert bereits ein weiteres Informations- und Planungsinstrument zur Nutzung von Synergieeffekten. Die kürzlich begründete Kooperation zwischen der Bundesnetzagentur und der Versorgungsnetzbetreibergenossenschaft BIL eG hat eine Verknüpfung des Infrastrukturatlas und des Bundesweiten Informationssystems zur Leitungsrecherche geschaffen.
Kommunen koordinieren
Die Kooperation vereinfacht den gemäß § 77h TKG gesetzlich geschuldeten Informationsaustausch über für die Mitverlegung von Breitbandinfrastruktur geeignete Baumaßnahmen. Dadurch wird die Zusammenarbeit bei Bauarbeiten und Leitungsverlegungen weiter gestärkt und die Koordination vereinfacht. Die Novellierung des TKG gestaltet den Breitbandausbau und die Verlegung von Glasfaser effektiver.
Während der Überbau und Doppelausbau nach dem noch geltenden TKG gefördert wurde, rückt das neue TKG Synergieeffekte und einen koordinierten Breitbandausbau in den Vordergrund. Kommunen laufen damit nicht mehr Gefahr, als Erstinvestoren Nachteile zu erleiden. Außerdem kann der Ausbau durch die Zentralisierung der Informationsinstrumente besser koordiniert werden.
Die Identifizierung von schlecht versorgten Gebieten obliegt weiterhin den Unternehmen selbst. Zu Recht hält es das Land Hessen in einer Stellungnahme zum Diskussionsentwurf TKG Bearbeitungsstand 2. November 2020 daher für empfehlenswert, Kommunen die Koordinierung und Abstimmung der einzelnen Projekte aufgrund ihres Überblicks zu überlassen.
Die Autoren: Markus Heinrich ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Wolter Hoppenberg, Ass. iur. Julia Suttrup ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kanzlei.