Temperaturverlauf in der Schule unter Kontrolle

Zu einem umfassenden Klimakonzept für Schulen gehört die Kühlung von Klassenräumen im Sommer. Falls Lüften in hochgedämmten Gebäuden keine Lösung darstellt, sind technische Regelungen gefragt. Für eine neue Grundschule in Nordrhein-Westfalen wurde von Anfang an ganzheitlich geplant.

 

Zur Vermeidung klimaschädlicher Emissionen werden die Anforderungen aus der Energieeinsparung an Gebäuden (Energieeinsparverordnung, künftig Gebäude-Energie-Gesetz) seit Jahren schrittweise verschärft. Das drückt sich unter anderem durch höhere Gebäudedämmwerte und den verstärkten Einsatz alternativer Energieversorgungssysteme aus. Der Heizwärmeverbrauch auf Basis fossiler Energieträger konnte damit tatsächlich erheblich gesenkt werden.

In den vergangenen Jahren zeigte sich allerdings, dass höher gedämmte Gebäude nachts deutlich weniger auskühlen. Dies führt bei langen sommerlichen Hitzeperioden dazu, dass sich gesamte Gebäude durch die Erwärmung des Baukörpers hinsichtlich der Temperatur „aufschaukeln“ können. Morgendliche Innentemperaturen von mehr als 25 Grad Celsius sind möglich. Die Innentemperaturen steigen dann durch die Nutzung schnell weiter an und können durch die vormittags im Sommer steil steigenden Außentemperaturen allein durch Fensterlüftung nicht mehr ausgeglichen werden. Der Schulleitung bleibt dann nur der Ausweg, hitzefrei zu geben oder Schülern wie Lehrern Räume zuzumuten, in denen ein konzentriertes Arbeiten nicht mehr möglich ist.

Beispielhaftes Konzept für Grundschulneubau

Die Herangehensweise einer Kommune in Nordrhein Westfalen an diese Situation darf hier als exemplarisch angeführt werden. Dort wurde im Hinblick auf die Errichtung eines Grundschulneubaus mit Beginn der Planung die Frage aufgeworfen, wie ganzjährig – also auch in Phasen mit hohen Außentemperaturen – eine gute Aufenthaltsqualität zu gewährleisten sei bei gleichzeitig niedrigen zusätzlichen Investitions- und Betriebskosten. Darüber hinaus sollte die Einhaltung der ökologischen Vorgaben aus dem Baurecht (EnEV, EEWärmeG) berücksichtigt werden.

Die Planer des Projekts wurden beauftragt, zunächst eine thermische Jahressimulation durchzuführen, um festzustellen, welchen Einfluss die Variante „Lüften durch Fenster“ haben würde. In die Betrachtung flossen die Aspekte CO2-Konzentration in der Atemluft, die Fensteröffnungsdauer, die Innentemperatur sowie die Lärmbelastung durch eine nahe gelegene Bundesstraße mit ein. Die Ergebnisse zeigten, dass die Themen CO2 und Außenlärm nur durch eine raumlufttechnische (RLT)-Anlage in den Griff zu bekommen wären, da ansonsten die Fenster zu lange offen stehen müssten.

Anschließend wurde simuliert, inwieweit sich unter Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes die Innentemperatur in den Klassenräumen durch reine Kühlung der RLT-Zuluft senken lassen würde. Es stellte sich heraus, dass bei sommerlichen Extrembedingungen mit Außentemperaturen von 35 Grad Celsius Innentemperaturen im Klassenraum zwischen 26 und 27 Grad erreichbar wären. Der Unterricht könnte somit auch bei hohen Außentemperaturen fortgesetzt werden.

Zusammen mit dem Haustechnikplaner wurden im nächsten Schritt verschiedene Wärme- und Kälteversorgungskonzepte geprüft. Als sinnvollste Variante stellte sich die Kombination einer Luft-Wasser-Wärmepumpe (Fußbodenheizung) zur Deckung der Wärmegrundlast in Kombination mit einem Gas-Brennwertkessel für die Spitzenlast heraus. Der Vorteil: Die Wärmepumpe kann im Sommer als Kältemaschine genutzt und somit zur Kühlung der RLT-Zuluft eingesetzt werden. Die Notwendigkeit, ein separates Kühlsystem zu installieren, entfällt.

Schulung in der Gebäudetechnik

Auch im Hinblick auf den Lüftungsmodus waren die Erkenntnisse eindeutig: Der effektivste Weg, auch bei großer Hitze in Schulen eine vertretbare Raumtemperatur aufrechtzuerhalten, liegt in einer kontinuierlichen und maßvollen Kühlung auf Werte von bis zu 27 Grad. Auf diese Weise, so schätzen die Planer, würden deutlich weniger als 5000 Euro zusätzliche Energiekosten pro Jahr anfallen.

Laut einer Auswertung der Messdaten des betreffenden Stromnetzbetreibers stammen mittlerweile bis zu 60 Prozent des in der Kühlungsperiode im Netz befindlichen Stromes aus erneuerbaren Energien. Würde man zusätzlich auf dem Dach der Schule eine Fotovoltaik-Anlage installieren, könnte man die Kälte sogar bis zu 100 Prozent regenerativ erzeugen.

Bestandteil der positiven Bilanz ist natürlich, dass Bedienungsfehler vermieden werden. Wie immer, wenn Energie aktiv eingesetzt wird, besteht die Gefahr, dass durch eine fehlerhafte Nutzung wie zum Beispiel offene Fenster Konzeptionen nicht aufgehen und in Folge zu viel Energie verbraucht wird. Mit der Inbetriebnahme müssen somit entsprechende Schulungen einhergehen.

Grundsätzlich ist die beschriebene Vorgehensweise nach jetzigem Kenntnisstand jedoch geeignet, zu wirtschaftlich und ökologisch angemessenen Konditionen das Thema Überhitzung in Schulgebäuden in den Griff zu bekommen. Der Schlüssel liegt in der frühzeitigen Einbindung in die Planung und ein auf die individuellen Bedingungen zugeschnittenes Wärme- und Kälteversorgungskonzept. Idealerweise wird nach Fertigstellung des Gebäudes durch ein Monitoring die thermische Behaglichkeit kontrolliert. Falls nötig, kann dann nachjustiert werden.

Heiko Winkler

Der Autor
Dr. Heiko Winkler ist Geschäftsführer des Planungsunternehmens Energum in Ibbenbüren, das neben der Entwicklung von Energiekonzepten in Neubau und Bestand auf Nachhaltigkeitsbewertungen spezialisiert ist