Der Arbeitsmarkt wie auch der Wohnungs- und Gewerbeflächenmarkt funktionieren heute nur noch regional. Diese Erkenntnis sollte die Baulanderschließung der Gemeinden leiten. Interkommunale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet minimiert die Kosten und kann zu einer besseren Auslastung von technischer und sozialer Infrastruktur führen.
Wer sich mit der Stadt der Zukunft beschäftigt, mit Fragen der räumlichen Entwicklung und der Stadtproduktion, mit smarten und intelligenten Lösungen für die Nutzung von Ressourcen und Energien kommt nicht umhin, über die Gemeindegrenzen hinweg zu denken und die regionalen Verflechtungen von Städten mit ihrem Umland mit einzubeziehen. Sowohl der Arbeitsmarkt als auch der Wohnungs- und Gewerbeflächenmarkt funktionieren nur noch regional. Eine rein lokale Betrachtung derartiger Märkte bietet uns heute kaum mehr relevante Erkenntnisse. Zu stark sind die Städte doch mit ihrem Umland funktional verflochten.
Umso erstaunlicher ist es, wie selten es zu echten interkommunalen Kooperationen im Rahmen der Ausweisung neuer Entwicklungsflächen und der damit verbundenen Planung von Infrastrukturen kommt.
Vor allem kleinere Kommunen beschränken sich meist auf eine eigene Angebotsplanung und treten oftmals lieber in Konkurrenz zu ihren Nachbarkommunen auf. In der Regel wird versucht, durch Ausweisung von Wohnbauland- und Gewerbeflächen neue Kapazitäten zu schaffen und Wachstum zu erzeugen, was in der Regel zu einem Überangebot in der Region sorgt.
Die den Kommunen hierbei entstehenden Bereitstellungskosten sind relativ hoch, besonders wenn hierfür Infrastruktur vorgehalten werden muss. Wenn Kommunen in Vorleistung gehen müssen, entsteht schnell eine hohe finanzielle Belastung. Wenn man mit etwas Abstand auf die ein oder andere Region schaut, erkennt man, dass keine Win-Win-Situation entsteht, sondern dass es häufig zu einer Art ruinöser Konkurrenz kommt.
Woran liegt das? Kommunen erhoffen sich von der Ausweisung neuen Wohnbaulands steigende Steuereinnahmen, insbesondere Gewerbe- und Einkommenssteuer sollen durch neue Einwohner und Betriebe steigen. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik hat allerdings gezeigt, dass diese erhofften Einnahmeeffekte erst im Jahr sieben nach Ausweisung zum Tragen kommen. Als Lösung dieses Anreizproblems wurde in der Fachwelt zwar schon über fiskalische Reformansätze diskutiert, um zum Beispiel steuerliche Anreize für die Kooperation innerhalb des Systems des kommunalen Finanzausgleichs zu setzen. Die Umsetzung derartiger Vorschläge scheitert jedoch zumeist an politischen Vorstellungen, der Bedeutung des Art. 28 Grundgesetz (Recht auf kommunale Selbstverwaltung) und am föderalen System.
Regional abgestimmte Strategie
Regionale Kooperationen bei der Baulandausweisung bieten jedoch Chancen, den ruinösen Konkurrenzkampf zwischen Kommunen zu überwinden. Es kommt zu einer Auflösung des Bauland-Dilemmas zwischen den Kommunen durch eine gemeinsam abgestimmte regionale Strategie. Mit einer solchen Strategie erreichen die Kommunen gemeinsam auch eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren und der Landesplanung. Es kann so gelingen, marktadäquatere Flächen für regional suchende Projektentwickler und Investoren bereitzustellen.
Solche Planungen lassen sich besser in bestehende Infrastrukturen eingliedern und können zu einer Minderung von Erschließungskosten und einer besseren Auslastung von technischer und sozialer Infrastruktur führen. Eine weitere Folge wäre die Reduzierung des Landschaftsverbrauchs und das Abschwächen der Zersiedelungsdynamik in der Region.
Hemmend beim Aufbau solcher regionaler Kooperationen ist allerdings die mangelnde Bereitschaft von Kommunen, beispielsweise bei prosperierenden Umlandgemeinden, die kein Interesse haben, ihr Wachstumsmodell aufzugeben. Hier muss wie die Interessensituation in der Region genau betrachtet werden. Regionale Kooperation scheitert bisweilen auch an der abschreckenden Komplexität der finanziellen und politischen Auswirkungen. Es muss deutlich werden, was das konkrete Ergebnis der Kooperation ist.
Win-Win-Situation ist das Ziel
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Befürchtung kleinerer Gemeinden gegenüber den größeren, benachteiligt zu werden oder einen Verlust an Autonomie hinnehmen zu müssen. Hier muss Vertrauen geschaffen und geschaut werden, wie man diesen Kommunen entgegenkommen kann. Eine regionale Kooperation muss somit genau auf die Region zugeschnitten sein.
Es werden durch eine Kooperation aber auch höhere Transaktionskosten entstehen, die es notwendig machen, die Vorteile deutlich herauszuarbeiten. Die Kosten-Nutzen-Verteilung sollte zu einer Win-Win-Situation für alle beteiligten Kommunen führen. Letztendlich funktioniert ein solches Netzwerk nur über Menschen und Promotoren, die sich als Einzelpersonen oder Mitglieder von Institutionen für die regionale Entwicklung engagieren und die entsprechende Umsetzungskompetenz besitzen.
Die Organisationsform der Kooperation (Strukturen, Abläufe und Formen) sollte früh festgelegt werden. Einige Beispiele aus der Praxis für gelungene regionale Kooperationen im Bereich Wohnbaulandentwicklung sind der Interkommunale Flächennutzungsplan im Nachbarschaftsverband Karlsruhe, die gemeinsame Flächenentwicklung in Rendsburg und Osterrönfeld, das Regionale Siedlungskonzept Westliche Mulde in Bitterfeld und Wolfen in Sachsen-Anhalt und das Modellprojekt im oberen Werntal in Bayern.
Guido Spars
Der Autor
Univ.-Prof. Dr. habil Guido Spars ist Professor für das Fachgebiet Ökonomie des Planens und Bauens an der Bergischen Universität Wuppertal