Zum Internationalen Tag des Wassers gibt Wasserforscherin Martina Winker Tipps, wie Kommunen den Trinkwasserverbrauch deutlich reduzieren können – durch stärkere Nutzung von Betriebs- oder Brauchwasser.
Den Wandel beschleunigen – „Accelerating Change“: So lautet das Motto des heutigen Weltwassertags am 22. März, der von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde. Die Botschaft der UN: Weil weltweit der Druck auf die Trinkwasserreserven steigt, müsse der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wassernutzung beschleunigt werden. Dass die Wasserwende auch in Deutschland Fahrt aufnehmen muss, haben die letzten Sommer mit anhaltender Hitze und Dürre gezeigt. Daher untersucht das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, wie in Kommunen eine zukunftsfähige Wasserversorgung gelingen kann: mit der konsequenten Nutzung von Betriebswasser im Gebäudebereich nicht nur im Neubau, sondern auch im Bestand.
Der nachhaltige Umgang mit Wasser ist eines der zentralen Ziele, die die UN bis 2030 erreichen wollen. Die Zeit drängt, denn der Druck auf die Wasserressourcen wächst. Immer häufiger entstehen Engpässe bei der Verfügbarkeit von Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge – nicht nur in trockeneren Regionen der Erde. Selbst in wasserreichen Ländern wie Deutschland wird das Trinkwasser regional mitunter knapp, vor allem in Phasen langanhaltender Hitze und Dürre. „Ein sparsamer Umgang mit Trinkwasser wird mit Blick auf den Klimawandel immer wichtiger und in vielen Bereichen bereits praktiziert“, sagt ISOE-Forscherin Martina Winker. „Aber solange jeden Tag hochwertiges Trinkwasser, das unter großem Ressourcenaufwand aufbereitet wurde, literweise für die Toilettenspülung verwendet wird, können wir noch nicht von einer nachhaltigen Wassernutzung sprechen.“
Entscheidend für die Wasserwende sei, dass nicht für alle Zwecke, egal ob in Industrie, Gewerbe, öffentlichen Gebäuden oder Wohngebäuden, der Trinkwasserhahn aufgedreht werde. „Wir müssen dahin kommen, dass je nach Bedarf an Qualität sogenanntes Betriebswasser genutzt werden kann“, sagt Winker. Betriebs- oder auch Brauchwasser wird aus Regenwasser oder aus nur leicht verschmutztem Haushaltswasser gewonnen und eignet sich zum Beispiel für die Toilettenspülung. „Kommunen können die Wasserwende beschleunigen, wenn sie die konsequente Betriebswassernutzung im öffentlichen und im häuslichen Gebäudebereich wie auch im Gewerbe forcieren.“ Konsequent heißt aus Sicht des ISOE: Die technologisch mögliche Ausstattung von Wohnungen mit Leitungssystemen, die es erlauben, Betriebswasser getrennt vom Trinkwasser aufzubereiten und zu nutzen, wie es in Neubaugebieten bereits vorgenommen wird, sollte zum Standard werden – auch im Bestand. „Die Transformation der Wasserinfrastrukturen im Gebäudebestand ist für Kommunen sicher eine Herausforderung, aber langfristig machbar“, sagt Winker.
Die Betriebswassernutzung allein in den Neubaugebieten zu forcieren, ist für die Wasserforscherin keine Option, weil es keinen ausreichenden Beitrag zur Veränderung leisten könne. Martina Winker weiß aber auch: „Ein Umbau auf Betriebswasseranlagen im Bestand stößt auf viele Hürden und Widerstände, denn er zielt empfindlich auf den Status quo.“ Konventionell wird aus den Haushalten das gesamte Abwasser zusammen in eine zentrale Kläranlage geleitet, egal ob stark verunreinigtes Toilettenwasser oder gering verschmutztes Wasser aus Küche oder Bad. Dort wird es unter großem Aufwand gereinigt, bevor es in die Gewässer geleitet wird. „Eine zukunftsfähige Wasserversorgung bedeutet die Abkehr von der aufwendig nachsorgenden Abwasserbehandlung. Es ist nicht nur trinkwasserschonend, sondern kann auch weniger energieintensiv sein, unterschiedliche Wasserströme und -qualitäten schon im Gebäude zu trennen und je nach baulicher Situation angepasst aufzubereiten“, sagt Winker.
In mehreren Forschungsprojekten hat Winker die Potenziale und Umwelteffekte der Betriebswassernutzung ermittelt und eine hohe Akzeptanz bei Nutzerinnen und Nutzern festgestellt. „Die Vorbedingungen für die Transformation der Wasserinfrastrukturen sind bereits vorhanden, technologisch sind die alternativen Lösungen längst auch im Bestand machbar. Was fehlt, sind Kommunen, die mit mutigen Entscheidungen vorangehen und die Innovation in die Breite tragen.“ In einer aktuellen Studie haben sich Martina Winker und ISOE-Kollege Engelbert Schramm mit dem Forschungs- und Entwicklungsbedarf beschäftigt, der solche Entscheidungen begleiten und forcieren könnte. Dazu gehören weitere Untersuchungen zu Leitungsführungen, die Kosten und Aufwand beim Umbau möglichst gering halten oder Untersuchungen zu Umweltbilanzen. Auch sehen Winker und Schramm den Bedarf von Informationsinstrumenten, die es den politischen Entscheidern in den Kommunen ressortübergreifend ermöglichen, gute Gelegenheitsfenster für den Umbau im Bestand zu identifizieren. Kommunen empfehlen sie für eine gute Entscheidungsgrundlage zudem, einen wasserwirtschaftlichen Masterplan zur Betriebswasserversorgung für ihre Gemeinde oder Stadt zu erstellen.
red.