Frauen in Führungspositionen: Selbstbewusst auf der Karriereleiter?!

Damit die Karriereleiter für Frauen nicht zu kurz ist, sollte man an zwei Punkten ansetzen, so Angelika Kindt: an Strukturen ebenso wie an den Stereotypen, die viele (Frauen) verinnerlicht haben. Foto: Adobe Stock/deagreez

So exzellent Frauen auch heute ausgebildet sind: Dass sie in Führungspositionen kommen, ist immer noch nicht selbstverständlich. Woran das liegt, warum man das jetzt endlich ändern sollte und was frau dafür tun kann, erklärt Angelika Kindt.

Ja, wo laufen sie denn, die Führungsfrauen in der Verwaltung? Leider ist das auch heute noch die Frage. Laut DBB Beamtenbund betrug der Frauenanteil im öffentlichen Dienst im Jahr 2021 zwar rund 58 Prozent, das sind sieben Prozent mehr als noch im Jahr 1998. Die meisten angestellten Frauen im Öffentlichen Dienst sind aber Sachbearbeiterinnen und noch immer Zuarbeiterinnen. Bei Führungspositionen sind sie unterrepräsentiert: Auch wenn die Erwerbstätigkeit von Frauen zugenommen hat, waren nur 29,2 Prozent der Führungskräfte weiblich – in der Verwaltung wie in der Wirtschaft.

Der Grund dafür, das ändern zu wollen, liegt auf der Hand: Es geht auch heute immer noch um Gerechtigkeit. Erst einmal profitieren also Frauen selbst davon, wenn Personalentscheidungen zu ihren Gunsten getroffen werden. Es ist aber mehr: Ebenso profitiert das Arbeitsumfeld. Firmen mit Frauen in der Führung sind nachgewiesenermaßen erfolgreicher.

Das hat die Internationale Arbeitgeberorganisation (IFO) in einer Studie gezeigt. Demnach konnten zwei Drittel der Unternehmen, die auf eine durchmischte Chefetage setzen, ihre Gewinne um bis zu 15 Prozent steigern. Außerdem sind die Mitarbeitenden zufriedener und produktiver.

Frauen zeigen besondere Führungsakzente

Gemischte (Führungs-) Teams sind nachgewiesenermaßen gut – zudem sind aber auch Frauen selbst ein Erfolgsfaktor, weil sie anders führen: Tendenziell sind sie weniger autoritär, es gibt mehr Miteinander. Das ist ein Pluspunkt – der leider aber oft umgemünzt wird: Während Männer gemeinhin als rational, lösungsorientiert und analytisch gelten, werden Frauen als intuitiv, empathisch und hilfsbereit wahrgenommen und damit als weniger effizient abgewertet. Tatsächlich entscheiden Frauen aber genauso lösungsorientiert wie Männer. Sie können es oft nur nicht so präsentieren, und daran – an der Selbstwahrnehmung und an der Selbstdarstellung – gilt es zu arbeiten.

Die besonderen Führungsakzente von Frauen dürften für Personalverantwortliche ein wichtiger Punkt sein. Denn in einer Zeit, in der eine gesunde Unternehmenskultur, Wertschätzung, Work-Life-Balance und sinnstiftendes Arbeiten immer wichtiger werden, gewinnen die weiblichen Führungseigenschaften an Bedeutung.

Vorbehalte von Personalverantwortlichen kombinieren sich mit weiblichen vorbehalten

Frauen könn(t)en starke Akzente setzen – wenn sie in Führungspositionen kommen. Dem entgegen steht aber auch, dass sich nach wie vor bei Personalverantwortlichen die Vorstellung hält, dass Frauen eher familienorientiert sind, schnell schwanger werden und nach einem Aufbau als Führungskraft anschließend ausfallen.

Aber nicht nur Personalverantwortliche haben einen zuweilen verengten Blick auf Bewerberinnen. Ein weiteres Problem ist, dass Frauen sich nicht gerne von Frauen führen lassen: Häufig werden Vorbehalte gegen Chefinnen gerade auch von Frauen übernommen. Und diese festsitzenden Vorurteile werden allzu häufig übernommen: Sie prägen weibliches Selbstverständnis.

Nach wie vor gilt: Die alten Stereotypen wirken – Frauen machen sich oft klein – hier gilt es anzusetzen, so Angelika Kindt. Foto: Adobe Stock/Coloures-Pic

Das zeigt unter anderem die Umfrage einer bekannten Personalberatungsfirma: Ihr zufolge haben rund 87 Prozent der Frauen erhebliche Selbstzweifel an ihrer Kompetenz. Sie trauen sich oft nicht zu, sich auf Führungspositionen zu bewerben – und das, obwohl sie über exzellente Ausbildungen verfügen. Das lässt sich auch immer wieder in Bewerbungsprozessen beobachten: Frauen machen sich „klein“, fordern weniger als Männer und lassen sich eher einschüchtern.

Jahrhundertealte Vorstellungen und Stereotype haben sich in kurzer Zeit (noch) nicht überwinden lassen – nach wie vor bleiben Frauen oft an diesen drei Hürden hängen:

  • An männlich geprägten Macht- und Managementstrukturen,
  • an der (fehlenden) Vereinbarkeit von Kind und Karriere,
  • an der Blockade beim Thema Selbstvermarktung.

Hier gilt es auch deshalb anzusetzen, weil Unternehmen mit einer chancengleichen Unternehmensführung und familienfreundlichen Arbeitsgestaltung die Zukunft gehört. Sie sind besser für die strukturellen Veränderungen und zukünftigen Herausforderungen gerüstet, die der demografische Wandel und die Globalisierung der Arbeitswelt mit sich bringen.

Frauen stellen aufgrund ihrer Lebenssituation besondere Anforderungen an die Flexibilität der Arbeit und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem auch in Führungspositionen. Anforderungen, die besonders von jungen Nachwuchskräften an das Arbeitsleben gestellt und eingefordert werden – das gilt auch für junge Männer.

Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit

Die Generation Z hat – wie Studien belegen – ein großes Interesse an flexiblen Arbeitszeiten und Arbeitsformen im Job und legt Wert auf attraktive Karrierewege und eine gute Work-Life-Balance. Unternehmen, die jetzt eine chancengleiche Unternehmenskultur und familienfreundliche Arbeitsorganisation entwickeln, werden sich im verschärften Wettbewerb um junge, gut qualifizierte Nachwuchskräfte durchsetzen.

Es geht in vielfältiger Weise also um beide Seiten: um die Frauen selbst – und um das Unternehmen beziehungsweise die Verwaltung. Deshalb sind Selbst- und Fremdbilder, sind festgeschriebene Vorstellungen und Stereotype wichtige Themen für Fortbildung und Mentorinnenprogramme: Frauen sollen ermutigt werden, in sich zu investieren, um sich selbstbewusst in Bewerbungssituationen zu begeben – und um selbstbewusst im Führungsalltag zu bestehen.

Darauf setzt zum Beispiel das Mentorinnenprogramm in Rheinland-Pfalz – es geht um:

Frauen als starke Führungskräfte: Das ist Sinn aller Beteiligten  – auch und gerade im Sinn der Verwaltung. Foto: Adobe Stock/Yakobchuk Olena
  • Die langfristige Erhöhung des Frauenanteils,
  • die Förderung der beruflichen Entwicklung von Frauen,
  • die Weiterentwicklung der Persönlichkeit und der Fähigkeiten der Nachwuchskräfte,
  • die nachhaltige Steigerung des Anteils von Frauen in Gremien, Beiräten und Ausschüssen,
  • die Erhöhung der Gleichstellungskompetenzen aller Beteiligten,
  • die Sensibilisierung für die Situation weiblicher Beschäftigter.

Die erste Frauenführungstagung, die wir in Rheinland-Pfalz für diesen Kontext anboten, gab Anregungen zum Thema Vernetzung. Inzwischen entwickeln sich bundesweit Frauennetzwerke mit dem Ziel, sich gegenseitig zu unterstützen und sich gegenseitig Mut zu machen – auf der kommunalen Ebene ist das allerdings leider noch nicht sehr weit gediehen.

Wie aber können Frauen sich selbst stärken? Das sind mögliche Ansatzpunkte:

  • Netzwerken ist das A und O! In der öffentlichen Verwaltung ist das noch immer nicht richtig angekommen. Tatsächlich gilt: Netzwerken ist ein Teil des Jobs.
  • Solidarisches Verhalten: Statt sich als Konkurrentinnen wahrzunehmen, sollten sich Frauen gegenseitig unterstützen, beispielsweise in Besprechungen, wenn Frauen, die etwas zu sagen haben, nicht gehört werden.
  • Erkennen von destruktiven Denkmustern und Glaubenssätzen – Führung beginnt im Kopf.
  • Standhaftigkeit (nonverbale Kommunikation) immer und immer wieder einüben.

Das ist einer der Punkte, die oft übersehen werden: Menschen werden im ersten Moment zu weit über 90 Prozent nonverbal wahrgenommen – und bei Frauen wird sehr genau, mehr noch: kritisch bis abwertend hingeschaut. Hier geht es nicht um die Selbstdarstellung im Stile der sozialen Netzwerke, sondern um sehr viel mehr, nämlich darum: Wie stelle ich mich nonverbal überzeugend dar?

Haltung und Ausstrahlung spielen eine enorm wichtige Rolle – also das, was einem mehr oder weniger deutlich eingetrichtert wird und was man im Lauf des Lebens verinnerlicht. Hinzu kommen so wichtige kommunikative Kompetenzen wie Stimmlage und Klarheit. Das heißt: Auch die vermeintlich kleinen Fähigkeiten sollten ausgebaut und gestärkt werden.

Dabei sind Vorbilder notwendig und wichtig: Auch deshalb sind Mentoringprogramme sinnvoll, auch deshalb bietet die Kommunalakademie Rheinland-Pfalz seit 2010 spezielle Seminare ausschließlich für Frauen an. Die nächste „Frauenführungstagung“ findet im April 2023 statt. Ihr Thema: „Personalmanagement – eine Führungsaufgabe der Zukunft“.

Angelika Kindt


Die Autorin

Angelika Kindt ist Dozentin, Keynote Speakerin, Autorin, Netzwerkerin. Mit eigenem Unternehmen ist sie seit 1986 für Unternehmen und Verwaltungen tätig.