Ein Beispiel aus dem Schwarzwald: Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
wird im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen gefordert — für die Niederschläge, die von den Dachflächen stammen. Wie ein Unternehmen das umsetzt und inwiefern das der Kommune nützt, erläutert Klaus König.

Das Ziel im Gewerbegebiet Niederwiesen der Stadt Bräunlingen im Schwarzwald: Man will mit dem Niederschlagsabfluss der Dachflächen die Wasserhaushaltsgrößen Verdunstung, Grundwasserneubildung und Oberflächenabfluss soweit wie möglich erhalten, trotz Bebauung und Versiegelung. An diesem Ziel richtet die Ing. G. Werr & S. Ludwig GmbH ihre Wasserwirtschaft aus. Das Familienunternehmen entstand aus einem klassischen Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärbetrieb, beschäftigt heute 80 Mitarbeiter und fertigt am neu gebauten Standort zusätzlich mobile Energiezentralen.
Um die Wasserziele erreichen zu können, wird Regen von den 2026 Quadratmetern Dachflächen der drei Betriebsgebäude zurückgehalten und dann genutzt oder versickert. Das entlastet die kommunale Entwässerung und hilft, die Gefahr von Überflutung im Stadtgebiet zu reduzieren.
Wasserorientierte Stadtplaner sehen darin Teile der so genannten blau-grünen Infrastruktur. Bestehen deren wesentliche Bestandteile wie in diesem Beispiel aus Beton, wird sie blau-grün-graue Infrastruktur genannt.
Dachbegrünung ist Pflicht
Die Regenwassernutzung für WC-Spülung und Reinigung in der Produktion war eine Entscheidung der Bauherrschaft. Die Dachbegrünung auf mindestens 30 Quadratmetern Dachfläche fordert die Kommune laut Bebauungsplan und Abwassersatzung. Ebenso ist gefordert, dass nicht genutztes Regenwasser von den Dächern auf dem Betriebsgelände versickert werden muss.
Um die Speichergröße wirtschaftlich vernünftig zu dimensionieren, haben Bauherrschaft und Planer aus Wasserertrag und Wasserbedarf die richtige Größe ermittelt. Dafür genügt ein frei verfügbares Simulationsprogramm. Das Ergebnis ist ein unterirdischer Speicher, bestehend aus zwei Betonbehältern mit zusammen 20,4 Kubikmetern Nutzvolumen.
Wohin mit dem Speicherüberlauf? Heute müssen die vor Ort zuständigen Kommunen das Gefährdungspotenzial in Industriegebieten besonders abwägen. Die Stadt Bräunlingen hat für das Oberflächenwasser den Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeordnet. Im Gegensatz dazu muss sämtliches Dachwasser, soweit es nicht vom Gründach aus verdunstet oder aus dem Regenspeicher genutzt wird, auf dem Grundstück „schadlos beseitigt“ werden.
Aus Sicht der Bauherrschaft geht das nur unterirdisch, denn die komplette Oberfläche des Betriebsgeländes wird als Lagerfläche sowie als Parkplatz für Kunden und Mitarbeiter benötigt. Und das Überlaufrohr des Speichers liegt bereits unter der Erde.

Filter für das Oberflächenwasser
Wegen der in Baden-Württemberg kritischen Haltung der Wasserbehörden bei Versickerung ohne bewachsenen Oberboden kam zwischen Dachablauf und unterirdischer Sickerrigole bei Werr & Ludwig ein „Alleskönner“ zum Einsatz, ein Substratfilter von Mall. An diese Regenwasser-Behandlungsanlage dürfen bis zu 3000 Quadratmeter abflusswirksame Fläche angeschlossen werden.
Die Reinigung erfolgt in drei Stufen:
1. Rückhaltung absetzbarer Stoffe.
2. Trennung abfiltrierbarer Stoffe.
3. Entfernung gelöster/emulgierter Stoffe.
Die Entwässerungssicherheit ist auch beim definierten Starkregen gegeben, wenn für die Versickerungsanlage das Rückhaltevolumen nach den Regeln der Technik bestimmt wird. Die verwendeten standardisierten Tunnelelemente bilden ein sehr gutes Verhältnis zwischen Hohlkörpervolumen und Sickerfläche.
Die Inspektion ist unkompliziert, man braucht keine spezielle technische Ausrüstung. Eine Kamerabefahrung ist nicht nötig. Der Einstieg erfolgt bei Bedarf durch den vorhandenen Domschacht. Nicht erforderlich ist eine regelmäßige Wartung der Sickertunnel, diese beschränkt sich auf den Substratfilter.
Regenwasserwirtschaft – eine Investition für Umweltschutz
Früher wäre sämtliches Regenwasser in die Kanalisation eingeleitet und ohne Niederschlagsgebühr von der Kommune entsorgt worden. Heute liegen die Kosten für die Regenwasserbewirtschaftung plus Dachbegrünung gemäß den behördlichen Auflagen für das Familienunternehmen Werr & Ludwig deutlich über 100.000 Euro.
„Natürlich belastet das, und wir waren bei der Kalkulation auch erschrocken. Doch mit kühlem Kopf betrachtet finde ich es richtig, dass wir die Umwelt und speziell den Wasserhaushalt schützen, verursachergerecht — nicht über die Allgemeinheit,“ sagt Jörg Ludwig. Er ist in der zweiten Generation geschäftsführender Gesellschafter. „Wir machen aus der Not eine Tugend und zeigen die zukunftsfähige Haustechnik im eigenen Neubau in der bestmöglichen Ausführung. Das dient der Kundenberatung und hilft sogar bei der Suche nach qualifiziertem Personal.“
Klaus W. König
Der Autor
Dipl.-Ing. Klaus W. König ist Fachjournalist und Buchautor, speziell zur wasserorientierten Stadtplanung und zur energiesparenden Bautechnik. Er ist Mitarbeiter im DIN-Ausschuss Wasserrecycling/Regen- und Grauwassernutzung sowie Gründungsmitglied des gemeinnützigen Bundesverbandes für Betriebs- und Regenwasser e.V.