Um künftig besser gegen Starkregen und Hochwasser durch Regenwasser, aber auch Hitze und Dürre gewappnet zu sein, gestaltet Bochum mehrere öffentliche Flächen nach dem Prinzip der Schwammstadt um.
Die Stadt Bochum (Nordrhein-Westfalen) hat eine ehemalige Bolzplatzfläche am Hausacker zu einer Gemeinschaftsfläche für ihre Bürger umgebaut. Dabei wurden die Folgen des Klimawandels berücksichtigt: Das Regenwasser wird auf der Fläche komplett bewirtschaftet. Das Herzstück der klimarelevanten Maßnahmen sind zwei weitläufige Versickerungsmulden, die unter der Oberfläche mit modernen Rigolen verbunden sind. Mit diesem innovativen System konnte die Dachfläche der Freilufthalle vom Kanalnetz abgekoppelt werden.
Die Regenfallrohre enden also nicht mehr in der Kanalisation – sondern in gepflasterten Rinnen, über die das Wasser zu den grünen Mulden abfließen kann. Dort angekommen, versickert es langsam und fließt weiter zu den Baumrigolen. Das sind unterirdische Speicherkörper, die mit Grobschotter gefüllt sind und große Wassermengen aufnehmen können.
Überschwemmungen durch extreme Regenfälle werden auf diese Weise genauso abgemildert wie heiße Dürreperioden, in denen der Wasserspeicher den Bäumen und Pflanzen an der Oberfläche zugutekommt. So wurde die Gemeinschaftsfläche mit Stauden, Sträuchern und Bäumen bepflanzt und trägt somit zur Verdunstung und Verschattung als Klimaanpassungsmaßnahmen bei.
Für die Besucher aus dem hochverdichteten Quartier ist die Auszeit im Grünen eine willkommene Erholungsmöglichkeit. Die Verdunstung des Wassers über die Blätter trägt beispielsweise zu einem verbesserten Kleinklima bei, da die Luft dabei heruntergekühlt wird. Außerdem stärken die Pflanzen die Biodiversität vor Ort. Vor allem Bienen und Insekten wissen das reichhaltige Blütenangebot zu schätzen.
Begrünte Dächer und Baumrigolen fangen Regenwasser auf
Ähnliche Maßnahmen hat Bochum (rund 363.000 Einwohner) auch bei der Umgestaltung von Schulhöfen vorgenommen. Dabei erfolgte ein Rückbau der mit Pflaster oder Asphalt versiegelten Fläche. Diese Flächen wurden begrünt und mit einem System zur Rückhaltung, Speicherung und Versickerung von Regenwasser kombiniert. Gut zu sehen ist das zum Beispiel auf dem Schulgelände des Schulzentrum Westenfeld. Ergänzend dazu wurde das Gebäude der offenen Ganztagsschule mit einer Dachbegrünung versehen.
Auch bei Straßenumbauprojekten berücksichtigt Bochum das Schwammstadtkonzept. So sind die Bäume an der Wasserstraße mit einem Baumrigolensystem verbunden. Dabei wird das Regenwasser den Bäumen zugeleitet und in Rigolen gespeichert, damit es den Bäumen zur Bewässerung zur Verfügung steht. Ein Überlaufsystem verhindert, dass die Bäume „ertrinken“. Das Wasser wird dem Marbach zugeführt. Die Kosten für diese Baumrigolen liegen bei rund 7000 Euro.
Die Herausforderungen bei der Umgestaltung der Schwammstadt liegen in einer guten Kooperation der verschiedenen Planungsdisziplinen. Eine Versickerungsfläche muss verschiedene Anforderungen erfüllen. So sind zum Beispiel unter der Straße und den Gehwegen viele Infrastruktureinrichtungen wie Kanäle, Telekommunikationskabel und Stromleitungen. Dieser Raum muss gut aufgeteilt werden, damit die Baumrigolen und somit auch die Bäumen ausreichend Platz zum Wachsen der Wurzeln und Speichern des Wassers haben.
Bochum arbeitet von Anfang an mit der Emschergenossenschaft (EG) zusammen, ebenso wie 15 weitere Kommunen. Das Ziel der Zusammenarbeit: den hohen Anteil der versiegelten Flächen, die in die Mischwasserkanäle entwässern, zu verringern. Fördermittel stehen den Kommunen dabei über mehrere Programme zur Verfügung, beispielsweise über das regionale EG-Förderprogramm Zukunftsvereinbarung Regenwasser oder das Förderprogramm Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft (KRIS).
Letzteres ist ein zweistufiges Programm, bei dem innerhalb eines festgelegten Betrachtungsraums bestimmte Bedingungen erfüllt werden müssen. Bochum ist gerade dabei, diese Betrachtungsräume zu bilden. Darüber hinaus achten die Verantwortlichen darauf, ob es auf Landes- und Bundesebene Förderprogramme gibt, die die Entwicklung von Schwammstadtprojekten voranbringen.
Peter van Dyk