Der Preis spielt für Energiekunden bei der Wahl ihres Versorgers eine maßgebliche Rolle. Ein ganz wichtiges Kriterium ist zudem die Servicequalität. In diesem Bereich können die Unternehmen sich noch stark verbessern, indem sie die Potenziale der Digitalisierung ausschöpfen und Prozesse automatisieren.
Vor 20 Jahren fiel in Deutschland das Staatsmonopol für den Strommarkt. Wenige Jahre später (2005) erfolgte die Harmonisierung des Gasmarktes. Seitdem bestimmt der Verbraucher die Marschrichtung, er kann unter einer wachsenden Zahl von Anbietern frei wählen. Im Internet einschlägig bekannte Vergleichsportale machen den Wechsel zum Kinderspiel – nicht selten zum Nachteil der Energieversorger. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist das Gebot der Stunde. Mit innovativen Technologien eröffnen sich effiziente Möglichkeiten, Kundenbindung und -loyalität zu stärken.
Die Energieversorger haben mit einem Kreislauf zu kämpfen. Die wachsende Bereitschaft der Verbraucher, ihren Stromanbieter zu wechseln, fördert den Wettbewerb. Dies wiederum wirkt sich nach Angaben der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes für den Kunden in Form von niedrigen Preisen aus. Gleichzeitig aber zwingt der Anstieg staatlicher Bestandteile am Strompreis (Steuern, Abgaben, Umlagen) die Stromanbieter wieder zu höheren Endkunden-Preisen.
Der Strompreis ist für Privatkunden in den vergangenen Jahren daher wieder stark angestiegen und liegt mittlerweile teils wieder auf dem Niveau wie zur Liberalisierung vor 20 Jahren. Die Folge ist, dass die deutschen Verbraucher immer häufiger ihren Stromanbieter wechseln, laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Jahr 2017 annähernd jeder zweite Haushalt.
Den Zuschlag bekommen aber nicht immer die preisgünstigsten Anbieter. Denn die Konsumenten erwarten nicht nur attraktive Preise, sondern ebenso einen reibungslosen Service. Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom begründet jeder fünfte Endverbraucher seinen Anbieterwechsel mit der Hoffnung auf besseren Kundenservice. Schnelligkeit und wechselnde Kommunikationskanäle stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste.
Kundeninformationen sammeln und vernetzen
Die Stromanbieter müssen ihre Kunden kennen. Erst dann können sie kompetent beraten, auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene Produkte und Lösungen anbieten und sich damit vom Wettbewerb unterscheiden. Für diesen Zweck müssen über alle Kommunikationskanäle hinweg möglichst viele Informationen gesammelt und vernetzt werden. „Daten sind das neue Öl“, sagt Katherina Reiche, Geschäftsführerin vom Verband Kommunaler Unternehmen (VKU).
Die digitale Vernetzung von Prozessen, Stichwort „Internet der Dinge“ (Internet of Things, IoT), schafft neue Marktpotenziale für den Kundenservice in der Energiewirtschaft. So könnten elektronische Zähler mit dem „Stromprofil“ eines Kunden vernetzt sein. Die Stromversorger hätten dann die Möglichkeit, ihren Kunden bei plötzlich steigendem Stromverbrauch zu kontaktieren. Der Kunde kann dann dem Problem auf den Grund gehen oder aber bei langfristig erhöhtem Verbrauch gegebenenfalls einen für ihn günstigeren Tarif aushandeln.
Potenziale liegen auch in der Prozessautomatisierung, zum Beispiel in der Kundenkontaktaufnahme zur Unterbreitung individueller Angebote. Hierbei unterstützt intelligentes Routing zwischen Contact Center und Kundenpflege (engl.: Customer Relationship Management, CRM)-System mit verkürzten Reaktionszeiten.
Bei der Automatisierung von Kundenserviceprozessen besteht bei den Energieversorgern allerdings ein deutliches Potenzial. Nach einer aktuellen Benchmarkstudie des Marktforschungsunternehmens Energieforen Leipzig ist bei den Versorgern der für die Datenerfassung und -auswertung erforderliche Automatisierungsgrad noch zu gering.
Dasselbe Bild zeigt sich in der Digitalisierung im Kundenservice. Demnach setzen die Versorger zwar eine Vielzahl an Softwaresystemen ein, an einer intelligenten Verknüpfung derselben mangelt es allerdings meist (z. B. Zugriff aller Servicemitarbeiter auf wichtige Informationsfelder über eine einzige Bedienoberfläche). Auch die Automatisierung der Kontaktkanäle lässt zu wünschen übrig. Manuelle Nachbearbeitung von Kundenanliegen sind an der Tagesordnung.
Digitalisierung im Vertrieb vorantreiben
Gleichwohl haben die Energieversorger die Zeichen der Zeit erkannt. Laut der Energieforen-Studie gehen die meisten Versorger davon aus, dass digitale Kommunikationskanäle wie Sprachdialogsysteme (engl.: Interactive Voice Response, IVR) und Chat stark an Bedeutung gewinnen und dass künftig ohne entsprechende Technologien die veränderten Kundenanforderungen nicht ausreichend bedient werden können.
An vorderster Stelle steht der Ausbau des Self Service und damit die direkte Einbindung von Kunden in die Vertriebs- und Kundenserviceprozesse. Nutzen bislang viele Versorger lediglich Self-Service-Portale für Tarifrechner oder Abschlagsänderung, sollen künftig Angebote wie dynamische FAQ-Bereiche (engl.: Frequently Asked Questions, d. h. häufig gestellte Fragen), Apps und Blogs den Kundenservice erweitern. Rund jeder vierte Versorger plant laut Studie den Einsatz von textbasierten Dialogsystemen wie zum Beispiel Chatbots.
Zwar stehen die Energieversorger nach Informationen der Unternehmensberatung KPMG „ beim Thema Kundenbindung noch ziemlich am Anfang“. Doch noch kann die Branche gegensteuern und die Digitalisierung voranzutreiben, um darauf basierend ihren Kunden attraktive Services und persönlichen Mehrwert anzubieten. Beispielsweise, indem durch Omnichannel-Lösungen Kommunikationsprozesse abteilungsübergreifend stattfinden, ein einheitliches Auftreten gewährleistet ist und Kunden schnell bedient werden.
Mittels intelligenter IVR-Systeme ist es möglich, den Kundenservice in Spitzenzeiten zu entlasten und dem Kunden an jedem Tag im Jahr ohne Wartezeiten einen 24 /7-Service mit Ansprechpartner zu bieten. Dienstleister und damit Energieversorger sollten sich auch in diesem Punkt fit machen, denn nach Meinung von Experten werden sich digitale Assistenten in allen Lebensbereichen etablieren.
Echzeit-Sprachanalyse-Software ist in der Lage, Anrufe zu bewerten und dabei festzustellen, ob sich die Kommunikationspartner ins Wort fallen oder es Änderungen im Ton gibt, während sie gleichzeitig die Verteilung der Sprachanteile, das Anrufvolumen sowie den Stresspegel misst. Mit diesen Daten kann dann untersucht werden, welche Verhaltensweisen optimale Ergebnisse hervorbringen.
Einer Bitkom-Umfrage zufolge glauben 64 Prozent der Bevölkerung, dass ein durch Digitalisierung unterstützter Kundenservice Anfragen zuverlässiger bearbeiten kann. Der Wille zum Umdenken seitens der Kunden ist also vorhanden. Es liegt an den Energieversorgern, den Mut aufzubringen, diesen Kundenwunsch auf breiter Front mithilfe automatisierter Prozesse in die Tat umzusetzen.
Franz Xaver Fuchs
Der Autor
Franz Xaver Fuchs, Königsbrunn, ist freier Journalist
Info: Digitaler Kundenservice
Die Energiewirtschaft in Deutschland steht unter wachsendem Druck. Häufiger Kundenwechsel und gnadenloser Wettbewerb zählen zu den Hauptgründen. Am Markt differenzieren können sich die Akteure insbesondere durch Leistungen im Kundenservice. Aus Grundlage solcher individuellen Angebote ist die Digitalisierung verschiedener Geschäftsprozesse unerlässlich.
Versorgungsunternehmen der Energiewirtschaft können sich durch die Optimierung im Kundenmanagement von ihren Wettbewerbern absetzen. Voraussetzung hierfür sind digitale Lösungen, wie sie zum Beispiel Enghouse Interactive anbietet, weltweit aktiver Entwickler und Anbieter von Software für die Kundenkommunikation. Im Folgenden werden verschiedene Anwendungen und Möglichkeiten vorgestellt.
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Qualitätsmanagement „QMS“: Eine der wichtigsten Softwarelösungen, sie unterstützt den kompletten Kundenserviceprozess. Alle Betriebsabläufe sollten systematisch hinsichtlich ihrer Qualität und Leistung kontrolliert werden. Kundenkonflikte können gelöst, Mitarbeiterschulungen und Produktivität beschleunigt sowie manuelle Geschäftsabläufe automatisiert werden.
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Echtzeit-Sprachanalyse „Elsbeth VocalCoach“. Softwarelösung zur vollautomatisierten Qualitätssicherung und Gesprächsoptimierung in Echtzeit. Die Option Compliance aller Anrufe sorgt für Skript-Einhaltung sorgen und stellt sicher, dass Verträge richtig erklärt werden, was Stornoquoten und Kundenkonflikte senkt.
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Customer Relationship Management (CRM): Sollen Kundenanfragen schnell gelöst werden, führt kein Weg an CTI-Anwendungen (Computer Telephony Integration) für CRM vorbei. Damit stehen relevante Kundeninformationen, unter anderem in Form von Popup-Fenstern, sofort zu Verfügung. Anfragen lassen sich deutlich schneller an einen qualifizierten Mitarbeiter weiterleiten und persönlicher lösen, die Zufriedenheit von Kunden lässt sich erheblich steigern.
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Omnichannel: Unterschiedlichste Kommunikationsmedien werden in einer einheitlichen Anwendungsumgebung verwaltet. Kanal- und abteilungsübergreifend wird der Kunde erkannt, die bisherige Kommunikation komplett angezeigt und der Kunde ohne Informationsverlust an den richtigen Ansprechpartner weitergeleitet.
Das Whitepaper „Digitalisierung von Serviceprozessen in der Energiewirtschaft“ zeigt anhand von sechs Lösungsansätzen zum digitalen Kundenservice, welche Potenziale in der Automatisierung stecken und welche Rolle ein digitalisierter Kundenservice im Wettbewerb spielen kann. – Kostenfreier Download
Astrid Pocklington