Plädoyer für eine schnellere Bauweise

Böblingen: Dort wurden neue Wohnungen für die Anschlussunterbringung von Geflüchteten errichtet. Foto: AH Aktivhaus

Bezahlbarer Wohnraum wird dringend gebraucht – damit das trotz der aktuell widrigen Umstände gelingen kann, stärkt die Bundesregierung das serielle und modulare Bauen. Ministerin Klara Geywitz erklärt, worum es ihr dabei geht.

Die Stärkung des seriellen und modularen Bauens ist für die Bundesregierung ein wichtiges Ziel, um das Planen und Bauen zu beschleunigen und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der dringend benötigt wird. Im „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ hat das Bundesbauministerium mit seinen Partnerinnen und Partnern die Potenziale des seriellen und modularen Bauens hervorgehoben und ein eigenes Maßnahmenprogramm beschlossen. Dazu zählen ein Runder Tisch sowie eine eigene Geschäftsstelle, die bei der Bundesstiftung Bauakademie angedockt sind und die jetzt ihre Arbeit aufnehmen. Der Runde Tisch „Serielles, modulares & systemisches Bauen“ hat vor kurzem zum ersten Mal getagt.

Mit seriell und modular gefertigten Wohngebäuden lassen sich die Dauer von Planungsprozessen sowie die Bauzeit deutlich verkürzen. Auch werden besonders nachhaltige Gebäude mit hohem Energieeffizienzstandard und einer positiven Ökobilanz gebaut. Bei hoher Stückzahl sind nicht zuletzt vergleichsweise niedrige Baukosten bei gleichbleibender Qualität die Folge.

Europaweites Ausschreibungsverfahren

Die europaweite Ausschreibung einer Nachfolgevereinbarung zum seit 2018 bestehenden Rahmenvertrag „Serielles und modulares Bauen“ ist eine Maßnahme, bei der der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW) seine Mitglieder als Vergabestelle vertritt. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. (HDB) und mein Haus begleiten das Ausschreibungsverfahren als strategische Partner.

Die Bundesarchitektenkammer (BAK) unterstützt bei der Bewertung der eingereichten Angebote. Die begleitende Evaluierung der ersten Rahmenvereinbarung des GdW hat gezeigt, welche Potenziale das serielle und modulare Bauen bietet. Alle Beteiligten haben sich daher klar für die erneute Ausschreibung einer entsprechenden Rahmenvereinbarung ausgesprochen.

43 Bauvorhaben mit 4600 Wohneinheiten immerhin konnten dadurch beauftragt werden. Dieses Bauvolumen, insbesondere aber die gewonnenen Erfahrungen zeigen deutlich, dass der Markt für serielle und modulare Bauweisen noch Unterstützung und Förderung bedarf.

In dem derzeit noch laufenden Ausschreibungsverfahren für eine neue Rahmenvereinbarung können deutlich mehr, nämlich bis zu 25 Beteiligte (Anbieter), den Zuschlag erhalten. Ein wesentliches Ziel dieses Verfahrens ist, die Vielfalt und das gestalterische wie auch das technische Potenzial der modularen und seriellen Bauweise aufzuzeigen.

Angesichts der gestiegenen Baupreise kann das Ausschreibungsverfahren schließlich auch offenlegen, welche Preisspielräume bestehen, um weiterhin günstige und qualitativ hochwertige Wohnungen bauen zu können. Mit dieser neuen Rahmenvereinbarung soll nicht zuletzt auch die zur Verfügung gestellte Fertigungskapazität ausgeweitet werden. Mit dem Zuschlag ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

Chancen des seriellen und modularen Bauens für Kommunen

Die Evaluierung der ersten Rahmenvereinbarung hat uns klar gezeigt, dass die Kommunen der seriellen und modularen Bauweise grundsätzlich offen und positiv gegenüberstehen. In rund der Hälfte von 78 befragten Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern wurden diese Bauweisen in den letzten fünf Jahren bereits umgesetzt.

Für die befragten Kommunen ist diese Art des schnelleren Bauens vor allem ein Instrument, um innerhalb kurzer Zeit kostengünstigen Wohnraum zu schaffen. Mancherorts herrscht allerdings weiterhin Skepsis hinsichtlich der städtebaulichen Qualität. So hält rund ein Viertel der befragten Städte und Gemeinden die eingeschränkte Gestaltungsfreiheit sowie eine geringere Flexibilität bei Änderungswünschen für nachteilig.

Hier gilt es, durch gute Beispiele vom Gegenteil zu überzeugen. Es muss noch viel deutlicher werden, dass heutzutage mit serieller Bauweise auch ästhetisch schöne Gebäude entstehen, in denen sich die Bewohnerinnen und Bewohner wohlfühlen. Mit der Platte hat das serielle Bauen nichts mehr zu tun, da eben auch nachhaltige Materialien wie Holz eingesetzt werden.

Die Umsetzung von Planungskonzepten in modularer und serieller Bauweise, die auch gestalterisch und stadträumlich überzeugen können, hängt – davon bin ich überzeugt – vor allem von der Planungs- und Problemlösungskompetenz der Architektinnen und Architekten sowie der Planungs- und Bauaufsichtsämter vor Ort ab.

Last but not least kann mit der modularen und seriellen Bauweise die Bauzeit auf der Baustelle deutlich verkürzt werden, was auch den positiven Effekt hat, dass Beeinträchtigungen des Verkehrs und im nachbarschaftlichen Umfeld in aller Regel deutlich minimiert werden können.

Positive Beispiele des seriellen und modularen Bauens

In den letzten Jahren sind viele Mehrfamilienwohnhäuser in serieller und modularer Bauweise errichtet worden. Es ist im Rahmen des Bündnisses geplant, Good- und Best-Practice-Beispiele für die Planung und Errichtung serieller und modularer Bauweisen zu dokumentieren und damit anschaulich zu machen, wie die Bauweisen an unterschiedlichen Standorten eingesetzt werden und zur Geltung kommen können.

Verschiedene Beispiele wurden bereits in der Evaluierung der ersten Rahmenvereinbarung analysiert. Die hier in „der gemeinderat“ gezeigten Fotobeispiele, die als Fallstudien in der Evaluierung aufbereitet wurden, illustrieren beispielhaft das breite Spektrum der Einsatzmöglichkeiten und die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten.

Klara Geywitz


Zur Person

Klara Geywitz ist Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.