Optimal abgestimmte Technik im Neubau

Das Wasserwerk der Stadt Bad Dürrheim muss grundlegend saniert werden. Die Vergleichsrechnung eines Ingenieursunternehmens wies nach, dass ein Neubau die technisch und betriebswirtschaftlich bessere Alternative ist.

 

Die Stadt Bad Dürrheim (rund 13.200 Einwohner, Baden-Württemberg) betreibt eine komplett eigenständige Wasserversorgung. Die Einspeisung von Bodenseewasser ist vor Jahren per Bürgerentscheid abgelehnt worden. Mit dem Wasserwerk Schabelwiesen fördert die Stadt aus mehreren Brunnen und Quellen jährlich etwa 1,1 Millionen Kubikmeter hartes Grundwasser (durchschnittlich 24 Grad deutscher Härte, dH) für die Kernstadt und drei Teilorte. Der Tagesdurchschnittsbedarf liegt bei rund 3200 Kubikmeter, die Aufbereitungsleistung einschließlich Enthärtung bei 76 Liter pro Sekunde (l/s).

Das Wasserwerk mit klassischer Ozonierung ist über die Jahre erweitert und zuletzt 1978 modernisiert worden. Es entspricht heute nicht mehr dem Stand der Technik. Die Grundbasis stammt aus den 1920er-Jahren, die Sandfiltration mit Ozon wurde 1975 errichtet. Die Stadt ließ deshalb untersuchen, ob und wie weit es sinnvoll sei, den jetzigen Zustand in allen Teilen technisch zu erneuern und ließ eine alternative Aufbereitung mittels Ultrafiltration durchkalkulieren.

Die Analyse ergab: Das in die Jahre gekommene Wasserwerk ist grundlegend sanierungsbedürftig. Komplette Einheiten müssen massiv erweitert und erneuert werden. Die gesamte elektro- und steuerungstechnische Ausrüstung ist veraltet. Energieverbrauch und Betriebskosten sind hoch, eine Fernwirktechnik ist nicht vorhanden. Die Pumpen der beiden Entenfangbrunnen haben einen extrem schlechten Wirkungsgrad und eine sehr geringe Förderhöhe. Die Filterwirkung der beiden Mehrschichtfilter ist zwar gut, aber die Filtergeschwindigkeit wesentlich zu hoch. Um die Regeln der Technik künftig einzuhalten, ist die Filterfläche von derzeit 11,5 auf 23 Quadratmeter zu verdoppeln.

Ultrafiltration ist technisch überlegen

Im Vergleich zu moderner Ultrafiltration schneidet die vorhandene Sandfiltration mit Ozon und UV-Licht hinsichtlich der Reinigungsqualität schlechter ab. Eine Kammer des Reinwasserbehälters muss der Analyse zufolge erneuert werden. Sanierungsbedarf besteht auch beim Absetzbecken. Darüber hinaus ergeben sich bauliche Sanierungen an Fassade (Asbest), Glasfront und Zaun, mittelfristig ist auch eine Dachsanierung fällig. Um die künftigen Anforderungen zu erfüllen, empfiehlt die Analyse schon jetzt den Bau einer zweiten Reinwasserkammer mit einem Fassungsvermögen von 150 Kubikmeter. Auch für die bestehende, sanierungsbedürftige Rundkammer wird eine neue Kammer empfohlen. Die Bausubstanz (Stampfbeton) stellt ein Baurisiko dar. Zudem ist eine Erweiterung mit einer Entkarbonisierung wirtschaftlich nicht möglich. Hinzu kommen die Kosten für eine neue elektro- und steuerungstechnische Ausrüstung sowie die Optimierung der Ozonierung mit zentraler Enthärtung. Unterm Strich ergeben sich für eine grundlegende Sanierung des Wasserwerks Kosten in Höhe von rund fünf Millionen Euro.

Ohne Auftrag der Stadt Bad Dürrheim hat das von der Kurstadt beauftragte Planungsunternehmen BIT Ingenieure (Hauptsitz Karlsruhe) eine Gegenrechnung für einen kompletten Neubau des Wasserwerks aufgemacht. Im Ergebnis kommt ein Neubau demnach auf rund 4,85 Millionen Euro und liegt damit unter der Komplettsanierung. Selbst kurzfristig ist das die sicherste und kostengünstigste Variante, denn ein Neubau bringt gleich mehrere Vorteile.

Zum einen kann der Altbestand bis zur Fertigstellung des Neubaus ungestört weiter betrieben werden, sodass die Versorgung zu keiner Zeit unterbrochen werden muss. Zusatzkosten durch Baustellensicherung und schrittweise Umstellung oder Verluste durch zeitweiliges Abschalten der Trinkwasserversorgung werden dadurch vermieden. Zum anderen bietet der Neubau die Chance, die Technik optimal aufeinander abzustimmen, den zur Verfügung stehenden Raum platzsparend zu nutzen, die Einheiten der gesamten Anlage sinnvoll zu arrangieren und miteinander zu verkoppeln und so energieeffizient wie möglich auszulegen. Auch beim Vergleich der künftigen Betriebs- und Kapitalkosten schneidet der Neubau günstiger ab. Nach einer grundlegenden Sanierung fallen rund 907.000 Euro Gesamtjahreskosten für den Betrieb an, für den Neubau nur 863.500 Euro. Das eingesparte Geld kann für die Pflege und den Erhalt der Infrastruktur eingesetzt werden.

Konzept überzeugt den technischen Ausschuss

Ein neu aufgestelltes Raumkonzept für ein neues Wasserwerk mit bedienerfreundlicher Überwachungsanlage einschließlich komfortabler Fernwartung über Tablet und Laptop sowie mit Entkarbonisierung in direkter Nachbarschaft des bestehenden Wasserwerks überzeugte auch den technischen Ausschuss der Stadt. Der Gemeinderat kann für diese Lösung jedoch nur dann grünes Licht geben, wenn die in der Anlage gesammelten Trübstoffe über einen Rückspülvorgang in ein Absetzbecken ausgespült und das klare Wasser in die Stille Musel eingeleitet werden kann. Die Genehmigung dafür steht noch aus.

Im Gespräch bleibt die Nanofiltrationsanlage zur Wasserenthärtung. Mit gutem Grund. Die Ultrafiltration hält auch Bakterien und Viren zurück und bietet damit den Bürgern größtmögliche Sicherheit bei der Qualität des Trinkwassers. Sie benötigt zudem weniger Platz, verursacht niedrigere Kosten und ist modular aufgebaut, was eine problemlose Erweiterung jederzeit zulässt. Die Bürger wünschen sich weicheres Wasser und wollen bei der Wasserversorgung weiterhin unabhängig bleiben. Da man auch in Zukunft auf die Einspeisung von Bodenseewasser verzichten will, ist die Entscheidung für eine Enthärtungsanlage aussichtsreich.

Dominik Bordt

Der Autor
Dominik Bordt, Villingen-Schwenningen, ist Mitglied des Vorstands bei BIT Ingenieure (Hauptsitz Karlsruhe)