Neue Herausforderung für Bauplaner

Bauplaner; Ersatzbaustoffverordnung
Ausgewählte mineralische Abfälle. die zum Beispiel auf Baustellen in Form von Bauschutt anfallen, können wiederverwendet werden – wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Foto: Remex GmbH

Mineralische Abfälle, die wiederverwendet werden, tragen zum Ressourcenschutz bei und verbessern die Nachhaltigkeitsbilanz von Bauprojekten. Die Anforderungen dafür sind seit 1. August in der Ersatzbaustoffordnung festgeschrieben. Astrid Onkelbach, Expertin für nachhaltige Baustoffe, ordnet ein.

Am 1. August 2023 hat sich mit dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) in Deutschland das Regelwerk für den Einsatz mineralischer Ersatzbaustoffe geändert. Rund 16 Jahre wurde an der „Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung“ – kurz Mantelverordnung – gearbeitet, bevor Sie im Jahr 2021 im Bundesrat beschlossen wurde.

In der Ersatzbaustoffverordnung sind die Anforderungen an die Herstellung und den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen (MEB) in technische Bauwerke im Straßen- und Erdbau sowie in Bahnbauweisen gesetzlich festgeschrieben. Darüber hinaus regelt die EBV die Probenahme und Untersuchung von nicht aufbereitetem Bodenmaterial und Baggergut. Zudem definiert sie die Anforderungen an die getrennte Sammlung von mineralischen Abfällen aus technischen Bauwerken.

Die EBV gilt nicht für den Einsatz von Ersatzbaustoffen im Deponiebau – diese Anwendung unterliegt weiterhin der Deponieverordnung. In Bezug auf die Verwendung von Ersatzbaustoffen bei der Produktion von Recyclingbeton (R-Beton) gelten weiterhin die einschlägigen Normen sowie die Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStB) beziehungsweise des Deutschen Instituts für Bautechnik (DiBt). Im Bereich von Bergehalden sind für die Verwendung von mineralischen Reststoffen weiterhin die entsprechenden bergbaurechtlichen Regelwerke maßgebend.

Bundeseinheitliche Regelung

Zwei Jahre betrug die Übergangsfrist von der Verabschiedung der EBV bis zum Inkrafttreten in diesem Jahr. Mit ihr wurde erstmals eine bundeseinheitlich verbindliche Grundlage für die ordnungsgemäße und schadlose Aufbereitung und Verwertung von Ersatzbaustoffen geschaffen. Die Umweltvorgaben für Ersatzbaustoffe, die auf Länderebene definiert waren, wurden durch die Verordnung verbindlich abgelöst. Zu den geregelten Materialien gehören unter anderem Boden, Baggergut, Gleisschotter und Hausmüllverbrennungsasche.

Auf Basis dieses Modells kann eine Aussage darüber getroffen werden, in welcher Zeit wasserlösliche Inhaltsstoffe eines Ersatzbaustoffs in welcher Menge von durchsickerndem Wasser gelöst werden. Aus den Prognosedaten lassen sich unter anderem die Anforderungen an die Bodenverhältnisse zwischen dem Einbauhorizont und dem Grundwasserleiter entnehmen.

Das Konzept wurde im Rahmen der Entwicklung intensiv zwischen Fachverbänden und Ministerien der Länder und des Bundes erörtert. Es spiegelt den aktuellen Stand wissenschaftlicher und praktischer Kenntnisse wider und wird als Grundlage einer wissenschaftlichen und unabhängigen Betrachtungsweise anerkannt.

Auswirkungen auf die Praxis

Mit der Einführung ergeben sich entscheidende Änderungen für Anwender mineralischer Ersatzbaustoffe. Ausschreibenden Stellen, Planungsbüros und ausführende Bauunternehmen müssen sich mit der neuen Verordnung auseinandersetzen. So definiert die Ersatzbaustoffverordnung die Einsatzmöglichkeiten in Form umfangreicher Einbautabellen und schreibt in diesem Zusammenhang verbindliche Bauweisen in Abhängigkeit von lokalen Rahmenbedingungen fest.

In der praktischen Umsetzung ist die Einhaltung der EBV mit Herausforderungen verbunden. Bisher reichte es aus, die Lage in Bezug auf Wasserschutzbereiche zu kennen und einen Mindestabstand zum Grundwasser sicherzustellen. Jetzt müssen zusätzliche Parameter wie die Bodenart der Grundwasserdeckschicht ermittelt werden, um die Vorgaben der EBV einzuhalten. Für ausgewählte Ersatzbaustoffe hat der Gesetzgeber eine Anzeigepflicht und einen Eintrag in ein Kataster eingeführt. Eine Dokumentation des Einsatzes von mineralischen Ersatzbaustoffen ist bis auf wenige Ausnahmen immer notwendig.

Prüfverfahren sind neu definiert

Auch die Hersteller von Ersatzbaustoffen sind von der Neuregelung betroffen und mussten entsprechende Maßnahmen ergreifen, um deren Vorgaben zu erfüllen. Beispielsweise wurden die Anforderungen an Anlagenbetreiber hinsichtlich Probenahme, Prüfverfahren und Prüfhäufigkeiten im Rahmen der Güteüberwachung neu definiert.

Nachweise über die werkseigene Produktionskontrolle sowie die Fremdüberwachung werden häufiger als bisher in Form von Prüfzeugnissen notwendig. Der Eignungsnachweise muss zwingend vorliegen, um Ersatzbaustoffe in Verkehr zu bringen zu dürfen. Lieferscheine müssen die in der EBV definierten Mindestinformation beinhalten – einer von zahlreichen Aspekten, die bei der Programmierung von IT-Systemen von Bedeutung sind.

Mit Spannung wird aktuell beobachtet, inwieweit die jetzt verbindliche EBV sich auf die Recyclingquote von Ersatzbaustoffen auswirkt und ob Verschiebungen von Stoffströmen zur Deponie erfolgen.

Bei der Entwicklung der Ersatzbaustoffverordnung wurde dazu eine erste Folgeabschätzung vorgenommen, unter anderem durch ein Planspiel des Bundesumweltministeriums. Dessen Daten wurden 2017 veröffentlicht, die sich damals auf Werte von zehn bis dreizehn Millionen Tonnen summierten. Die Verbände kamen dagegen bei ihren Berechnungen auf fünf- bis sechsfach höhere Werte.

Als Konsequenz der darauffolgenden Diskussionen wurde festgelegt, die Auswirkungen des neuen Regelwerks von Beginn an mit einem wissenschaftlichen Monitoring zu begleiten. Die Daten werden von der Bundesregierung auf Grundlage der abfallwirtschaftlichen Entwicklung erstmals zwei Jahre nach der Einführung, also 2025, evaluiert, um so möglichen Fehlentwicklungen entgegensteuern zu können.

Astrid Onkelbach


Die Autorin

Diplom-Bauingenieurin Astrid Onkelbach leitet das Marketing und Produktmanagement der Remex GmbH in Düsseldorf.