Neue Friedhofskonzepte

Friedhof
Die Nachfrage nach herkömmlichen Erd- und Urnengräbern sinkt, während das Interesse an Bestattungen in Friedwäldern oder Baumgräbern steigt. Foto: Adobe Stock/stockpics

Das Wunschkonzept für die letzte Ruhestätte ist stark in Bewegung – und zugleich sollen städtische Friedhöfe Lebensraum für Insekten geben. Wie die Transformationen gelingen können, zeigen kommunale Beispiele.

Auf dem Friedhof von Dautenheim, einem Stadtteil von Alzey, ist dieses Jahr ein Friedwingert entstanden – ein Bestattungsangebot auf einer bisher ungenutzten Wiese unter Weinreben. Der Friedwingert bietet nicht nur eine neue Bestattungsform, sondern soll auch zum Verweilen einladen.

Soche alternativen Bestattungsmöglichkeiten seien immer mehr nachgefragt, berichtet der Erste Beigeordnete Hans-Werner Stark. Das Interesse an klassischen Erd- oder Urnengräbern lasse dagegen seit Jahren nach. Zunehmend gewünscht seien Bestattungen in Friedwäldern, Stelenwänden oder Urnengräbern auf Wiesen.

Für Dautenheim hatten sich die Bürgerinnen und Bürger von Alzey (Rheinland-Pfalz, 19.000 Einwohner) eigentlich einen Friedwald gewünscht. Doch der ließ sich nicht ohne Weiteres realisieren, und so wurde es ein Friedwingert, der laut Stadtverwaltung ideal in das Gebiet als eine der größten deutschen Weinbauregionen passe. Zudem sei der Friedwingert vollständig barrierefrei.

Rund 80 Arbeitsstunden und etwa 3000 Euro hat die Umgestaltung der bisher ungenutzten Wiese zum Erdröhrengrabfeld unter Reben laut Stadtverwaltung gekostet. Das Pflaster, das die Reben und die Urnenröhren umfasst, sowie die Steine, die als Ablagemöglichkeit für Grabschmuck dienen, kommen aus dem Bestand des städtischen Bauhofs. So war eine schnelle und kostengünstige Errichtung möglich.

Die sechs Röhren unter den drei Weinreben, die jeweils Platz für bis zu vier Urnen bieten, lassen sich bei steigender Nachfrage um fünf weitere Röhren erweitern – das erklärt Mathias Neumann, Leiter des städtischen Bauhofs.

Letzte Ruhe im Baumgrab

Auch viele weitere Kommunen kommen der Nachfrage nach alternativen Bestattungsmethoden nach. So bietet die hessische Gemeinde Kriftel (11.000 Einwohner) seit Frühjahr 2023 Beisetzungen in einem Baumgrab an. 20 Urnenerdgrabsysteme gibt es dort bisher. Die Kosten für die Systeme, die Bronzegussplatten mit Motiv und den Einbau inklusive der Herstellung der Wegeflächen belaufen sich laut Gemeindeverwaltung auf rund 40.000 Euro.

Insektenfreundlicher Friedhof

In Baden-Württemberg soll das Projekt „Insektenfreundlicher Friedhof – Artenschutz durch naturnahe Pflege am Beispiel der Wildbienen und Schmetterlinge“ für mehr Lebensräume für Flora und Fauna sorgen. Daran beteiligt sind der Hauptfriedhof in Stuttgart-Bad Cannstatt, der Friedhof Handschuhsheim in Heidelberg, der Waldfriedhof in Singen (Hohentwiel) und der Stadtfriedhof in Biberach an der Riß.

Das Projekt wird von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg aus Erträgen der Glücksspirale mit 145.000 Euro gefördert, der Eigenanteil des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) beträgt 97.891 Euro. Das Projekt soll bis zum 31. März 2024 laufen. Das langfristige Ziel: Friedhofsverwaltungen in ganz Baden-Württemberg sollen vorhandene Freiflächen ökologisch aufwerten, pflegen und dabei vermehrt heimische Pflanzen verwenden.

Das betonte auch der baden-württembergische Umweltstaatssekretär Andre Baumann, als er im vergangenen Jahr den Hauptfriedhof in Stuttgart-Bad Cannstatt besuchte: „Das Artensterben ist nach wie vor traurige Realität. Um die Vielfalt von Insekten zu fördern, ist es wichtig, deren Lebensraum und Nahrungsgrundlage zu verbessern. Wir machen uns gemeinsam auf den Weg, um auch das Potenzial in den Städten zu nutzen.“

Eine intakte Stadtnatur komme nicht nur den Insekten zugute, sondern letztlich auch den Menschen: „Sie steigert die Lebensqualität und macht Natur erlebbar“, unterstreicht die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch.

Red.