Nachhaltige Architektur mit digitalen Bautechnologien

Architekten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten im Rahmen eines Demonstratorprojektes an einer hybriden Tragstruktur aus Holz in Kombination mit Deckenbauteilen aus einem Weiden-Lehm-Verbund.

Nach dem Vorbild der Bauweise von Fachwerkhäusern setzen die Forschenden lokale und schnell nachwachsende Rohstoffe ein. Foto: DDF, KIT

Die Emissionen im Baugewerbe steigen, ebenso die Rohstoffpreise. Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft und einer umweltbewussteren Architektur sind innovative Ansätze nötig. Architektinnen und Architekten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) verbinden daher digitale Entwurfs- und Fertigungsstrategien mit historischer Architektur und neuentwickelten Materialien aus natürlichen Rohstoffen.

In einem Demonstratorprojekt haben Forschende und Studierende auf dieser Basis Fachwerkhäuser neu interpretiert: Ihre Kombination aus Holz und einem Weiden-Lehm-Verbund stellen sie auf der Landesgartenschau vor, die vom 26. April bis 6. Oktober 2024 in Wangen im Allgäu stattfindet.

„Das Bauwesen ist für mehr als 40 Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich – der Flugverkehr im Vergleich nur für zwei bis drei Prozent“, erklärt Moritz Dörstelmann, Tenure-Track-Professor für Digital Design and Fabrication (DDF) am Institut Entwerfen und Bautechnik des KIT. Gemeinsam mit einem internationalen und interdisziplinären Team denkt der Architekt das historische Handwerk digital neu: „Dabei automatisieren und digitalisieren wir nicht einfach, sondern schaffen grundsätzlich neuartige Bauweisen.“

Mehr Kreislaufwirtschaft im Bauwesen

Eines der Demonstratorprojekte besteht aus einer hybriden Tragstruktur aus Holz in Kombination mit Deckenbauteilen aus einem Weiden-Lehm-Verbund. Die Fassade besteht aus Flachsfasern. Dörstelmann erklärt: „So konnten wir einen intelligenten Mix aus lokalen, schnell nachwachsenden Materialien sowie Erde und Holz konstruktiv nutzen.“ Ein skalierbarer Einsatz dieser natürlichen Baumaterialien in leistungsfähigen Bauteilen werde durch digitale Bautechnologien ermöglicht. Mit seinem Team hat er beispielsweise digitale Entwurfs- und automatisierte Fertigungsverfahren für Konstruktionsbauteile aus Weiden-Lehm-Verbund entwickelt.

Die Forschenden untersuchen außerdem, wie der Stoffstrom beim Einsatz von Weide als Baustoff aussehen könnte. Dabei verfolgen sie den Ansatz, trockene Moorflächen wieder zu vernässen und dort Weiden anzubauen. „Sowohl die wieder vernässten Moore als auch die schnell wachsenden Weiden speichern große Mengen CO2“, erläutert Dörstelmann. „So können wir lokales Material energiearm verarbeiten und vor allem die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen im Bauwesen diversifizieren.“ 

Seine Studierenden bezieht Dörstelmann in allen Projektphasen mit ein. Das beginnt bereits bei der Ideenfindung und Konzepterstellung. „Wir machen den Trichter für neue Ideen anfangs sehr breit auf, um ganz unvoreingenommen und ungefiltert zu schauen, wie neue kreislaufgerechte digitale Bauweisen aussehen könnten. Die Studierenden bringen hier immer wieder ganz neue Perspektiven ein“, sagt der Architekturprofessor. Bis zur Fertigstellung des Projekts helfen die Studierenden beim Überprüfen neuer Konzepte, Erstellen digitaler Modelle und Entwickeln von 1:1-Prototypen mit.

red.